Dortmund schläft bei der Hertha ein
18. Dezember 202150 Minuten schien Borussia Dortmund auf dem richtigen Weg im Berliner Olympiastadion in diesem letzten Bundesliga-Spiel des Jahres. Klar, die Gastgeber hatten ihre Chancen, allein Jurgen Ekkelenkamp hätte zwei Tore machen können gegen die großen Favoriten aus dem Westen. Aber da war ja noch Torwart Marvin Hitz, der den erkälteten Gregor Kobel vertrat und vorzüglich hielt, was die Abwehr der Schwarz-Gelben nicht unterbinden konnte.
Dortmund hatte mehr Ballbesitz und seinerseits große Möglichkeiten. Allen voran Marco Reus, der zweimal die Führung erzielen hätte müssen. Nach zehn Minuten scheiterte der Nationalspieler an Herthas Torwart Alexander Schwolow, zwei Minuten später setzt er einen Kopfball aus sechs Metern links am Pfosten vorbei. Trotzdem: Die Körpersprache, die Mimik, der Spielaufbau - all das wirkte durchaus optimistisch und erfolgversprechend. Folgerichtig fiel dann auch das 1:0. Julian Brandt, seit Wochen in Topform, brach in den Strafraum ein, erlief den abgefälschten Steilpass von Erling Haaland und lupfte den Ball aus spitzem Winkel über Schwolow hinweg über die Linie. Die 200 Gästefans unter den 5000 Zuschauern gerieten in Verzückung.
Bruch zur Halbzeit
Mit diesem Resultat ging es auch in die Kabinen. Was dort geschah, man würde es zu gerne wissen. Denn der BVB wirkte nach dem Seitenwechsel wie gelähmt. "Nach der Halbzeit haben wir komplett geschlafen, das war viel zu wenig", konnte sich Hitz die Leistung seiner Mannschaft im Sky-Interview selbst nicht richtig erklären. Die Abwehr, in der Stammkraft Mats Hummels ebenfalls wegen einer Erkältung fehlte, wirkte total unsortiert, geriet bei jedem Berliner Angriff ins Schwimmen. In der 51. Minute startete Ishak Belfodil ein Solo über das halbe Spielfeld, schüttelte den erschreckend langsamen Axel Witzel ab und schob den Ball zum Ausgleich ins kurze Eck.
Die von Tayfun Korkut trainierte Hertha war jetzt hellwach. Und lag sechs Minuten später sogar in Front. Wieder schaffte es die Dortmunder Abwehr nicht, einen Angriff abzuwehren, Marco Richter fasste sich an der Strafraumkante ein Herz und drosch die Kugel aus halbrechter Position in den linken Winkel. Hitz war machtlos. Marco Richter freute sich anschließend entsprechend: "Wir wussten, sie wollen nochmal Vollgas geben und den Sieg holen. Aber wir haben gut gepresst und verdient gewonnen". Dortmunds Superstürmer Erling Haaland fand bis auf seine Vorlage zum 1:0 quasi überhaupt nicht statt, Herthas Jordan Torunarigha nahm dem Norweger die Freude am Spiel.
Hertha mit Herz und Mut
In dem Maße, in dem Borussia Dortmund abbaute, spielten sich die Berliner in einen Rausch. In der 69. Minute unterlief Brand 20 Meter vor dem eigenen Tor ein katastrophaler Fehlpass, Richter drosch den Ball mit breiter Brust zum 3:1 in die Maschen. Dortmund war geschlagen. "Die Jungs haben Herz gezeigt und sehr, sehr mutig gespielt", lobte der Berliner Sport-Geschäftsführer Fredi Bobic sein Team nach der Partie.
Zwar gelang dem erst Sekunden vorher eingewechselten Steffen Tigges nach 83 Minuten im Nachgang einer Ecke noch per Kopf der 2:3-Anschlusstreffer, die Hertha aber verteidigte voller Leidenschaft die knappe Führung bis zum Schlusspfiff. "Es gab schon schlechtere Vorrunden von uns, wir haben viele gute Spiele gemacht", resümierte Torwart Hitz die Hinrunde, auswärts aber müsse man besser werden.
Marco Rose, sein Trainer, kritisierte, dass dem Team "Bedingungslosigkeit" gefehlt habe, die man erst nach dem Anschlusstreffer in der Schlussphase erkennen konnte. Berlin habe über diesen unbedingten Willen den Sieg verdient. "Wir müssen unsere Haltung in Bedingungslosigkeit ändern, dann haben wir auch die Chance, in jedem Spiel als Sieger vom Platz zu gehen." Vorerst aber sind es neun Punkte Rückstand, die der BVB auf Spitzenreiter Bayern mit in die Winterpause nimmt.