HIV-Infektion und Syphilis
19. Juli 2019Syphilis, Chlamydien, Gonorrhö und Trichomonaden – sie alle fallen unter den Begriff der sexuell übertragbaren Krankheiten, kurz STI (sexually transmitted infections) . Mit einer dieser Geschlechtskrankheiten haben sich 2016 weltweit jeden Tag eine Million Menschen angesteckt. So die Angaben der WHO, insgesamt sind es etwa 376 Millionen. Auch Syphilis fällt unter die STIs. Besiegt ist sie noch lange nicht.
Gefährliche Sorglosigkeit
Mit der HIV-Prophylaxe und HIV-Behandlungen haben Mediziner in den letzten Jahren gute Erfolge erreicht. Menschen etwa, die eine sogenannte Prädispositionsprophylaxe - kurz PrEP - nehmen, sind zu 90 Prozent vor einer HIV-Infektion geschützt. Das hilft vor allem denjenigen, die ein besonders hohes HIV-Risiko haben, etwa Menschen mit häufig wechselndem Geschlechtsverkehr oder Drogenabhängige, die sich Spritzen setzen.
Und halten sich HIV-Infizierte streng an ihre Therapie mit antiretroviralen Medikamenten ist HIV oft nicht mehr ansteckend und hat so einen Großteil seines Schreckens verloren. Viele fragen sich nun: Wozu denn noch ein Kondom? Mittlerweile haben immer mehr Menschen ungeschützten Sex.
Aber es gibt eben nicht nur HIV. Das Risiko, sich mit einer anderen Geschlechtskrankheit anzustecken, könne durch Sorglosigkeit steigen, warnt Norbert Brockmeyer, Leiter des deutschen Zentrums für Sexuelle Gesundheit, der diese Woche mit Kollegen, diesen gefährlichen Trend auf der STI- und HIV-Fachtagung in Vancouver diskutiert hat.
"Die Pille, die auf der einen Seite eine Befreiung von HIV bedeutet, führt dazu, dass wir vermehrt andere STIs sehen. Das kann man mit den 1970er Jahren vergleichen und mit der Antibabypille zum Schutz vor ungewollter Schwangerschaft. Die Menschen verwendeten nicht mehr so häufig ein Kondom. Auch damals haben wir einen starken Anstieg von sexuell übertragbaren Krankheiten gehabt, gerade auch bei der Syphilis."
Doppelt infiziert
Die Syphilis ist keineswegs eine Krankheit aus dunkler Vergangenheit. Die Symptome sind vielfältig und die Diagnose deshalb oft schwierig. Die Krankheit verläuft in verschiedenen Stadien. Wird sie nicht behandelt, kann das lebensbedrohlich sein. Bei einer Doppelinfektion mit Syphilis und HIV ist die Gefahr, dass es zu schwerwiegenden Folgen kommt, dann noch größer. Syphilis lässt sich gut mit Antibiotika behandeln. Voraussetzung ist natürlich, dass sie früh genug erkannt wird.
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Die Zahl der Patienten, die sowohl mit HIV als auch mit Syphilis infiziert sind, ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Menschen, die den Syphilis-Erreger - das Bakterium Treponema pallidum – in sich tragen, können sich leichter mit HIV anstecken, und Menschen die beide Erreger in sich tragen, geben sie schneller weiter. Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) sind am häufigsten von dieser kombinierten Infektion betroffen.
HIV und Syphilis
Durch eine Infektion entstehe immer eine Entzündung sagt Brockmeyer. "Durch diese Entzündungen werden Abwehrzellen, also Immunzellen, aktiviert", erklärt Brockmeyer. "Diese Immunzellen richten dann auf ihrer Zelloberfläche viele weitere Rezeptoren auf. An denen können sich dann zum Beispiel HI-Viren anbinden. Es ist das Schlüssel-Schloss-Prinzip." Zwischen den einzelnen Erregern – etwa Syphilis und HIV – kann es über Botenstoffe auch zu Interaktionen kommen.
Drogenkonsum
Nicht gerade ungefährlich ist es auch, wenn Drogen ins Spiel kommen. "Das gesamte Spektrum verschiedener Substanzen gehört für etliche Menschen zum Sex dazu. Der Konsum kann das sexuelle Erlebnis durchaus steigern. Aber dann flacht der Effekt ab, und es müssen immer höhere Dosen genommen werden. Das wiederum führt dann zu mehr Unachtsamkeit bei der Prävention und ist eine nicht endende Spirale", erklärt der Mediziner.
Gefährliche Mischung
Es gibt unterschiedliche Erregertypen. Einer scheint Veränderungen im Nervengewebe und im Gehirn zu verursachen. Wissenschaftler gehen davon aus, dass Menschen mit einer HIV-Infektion vermehrt neurologische Komplikationen durch die Syphilis bekommen.
Auch zu Augeninfektionen komme es häufig, erläutert Brockmeyer. "Man sollte bei HIV-Infizierten auf jeden Fall prüfen, welche anderen Erreger vorhanden sind und wie wir effizienter behandeln können", rät Brockmeyer.
Verbesserte Therapien sind Dauerthema in der HIV/AIDS-Forschung und auch bei der Behandlung sexuell übertragbarer Krankheiten. "Eine zentrale Frage ist: Wie können wir Heilung erreichen, wie sieht es mit einem Impfstoff aus, und wie können wir HIV-Infektionen eliminieren", sagt Brockmeyer. Das seien dann auch einige der Themen, die bei der Internationalen Aids-Konferenz vom 21.-24. Juli in Mexiko im Zentrum der Diskussionen stünden.