Trump und die Migranten
10. November 2018Die Einwanderungspolitik von US-Präsident Donald Trump war eines der umstrittensten Wahlkampfthemen im Vorfeld der Zwischenwahlen am 6. November. Nach dem Verlust des Repräsentantenhauses an die Demokraten stellt sich nun die Frage, welche Auswirkungen dies auf die US-amerikanische Einwanderungspolitik haben wird. Trumps Lieblingsprojekt, der Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko, könnte vor einem Aus stehen. Denn: Die US-Regierung kann nur dann Gesetze durch den Kongress - bestehend aus Repräsentantenhaus und Senat - bringen, wenn beide Kammern dem gleichen Wortlaut zustimmen. Andererseits könnte die derzeitige republikanische Mehrheit jetzt noch schnell grünes Licht geben, da sich das Repräsentantenhaus erst ab Januar 2019 neu konstituiert.
Sollte das Mauer-Projekt von Donald Trump scheitern, gehen einige Beobachter davon aus, dass Teile der zentralamerikanischen Bevölkerung dies als Einladung auffassen würde, in die USA auszuwandern. Andere, wie beispielsweise Historiker Christoph Rass, sind vom Gegenteil überzeugt: Seiner Ansicht nach würden sich häufiger als jetzt große Gruppen mittelamerikanischer Migranten zusammenschließen, sollten die USA grünes Licht für den Bau einer Grenzmauer geben. "Es ist doch logisch, dass diejenigen, die eine Migration in die USA in Betracht ziehen, sich unter Druck gesetzt fühlen, ihre Taschen schnellstmöglich zu packen, wenn sie wissen, dass sich ein Weg zu verschließen droht", sagt Christoph Rass vom Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMS) an der Universität Osnabrück.
Zuflucht in Mexiko
Jede Entscheidung der US-Regierung hat zudem auch direkte Auswirkungen auf Mexiko, das von einem Transitland für mittelamerikanische Migranten zu einem Zielland geworden ist. Selbst ohne die Trump-Mauer stehen Tausende Menschen südlich des Rio Grande."Die Migranten nähern sich den US-amerikanischen Grenzkontrollen und beantragen Asyl. Die Vereinigten Staaten sind durch das Völkerrecht verpflichtet, diese Asylanträge zu bearbeiten", sagt die Politologin Ana Isabel López, vom GIGA-Institut für Globale und Regionale Studien in Hamburg. Aber nur drei Prozent der Anträge würden positiv beschieden. "Alle anderen wählen dann meist den Weg der illegalen Einreise oder lassen sich in Mexiko nieder. Tatsächlich beantragen mittlerweile viele Honduraner, Salvadorianer und Guatemalteken Asyl in Mexiko."
Laut Angaben der mexikanischen Regierung hätten allein im Bundesstaat Chiapas 3.230 mittelamerikanische Migranten Asyl beantragt. Als am 19.Oktober die erste Migranten Mexiko erreichten, versicherte Mark Manly, lokaler Vertreter in Mexiko des Hochkommissariats der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR), dass der mexikanische Staat in der Lage sei, den Antragstellern Schutz zu garantieren. Ana Isabel López bezweifelt dies: "Wir sprechen von Menschen, die ihre Heimat verlassen haben und vor Gewalt fliehen. Aber auch in Mexiko ist die Sicherheitslage wegen der organisierten Kriminalität und der Binnenvertreibung ein ernstes Problem." Es gebe Mexikaner, die ihr Zuhause im Bundesstaat Michoacán verlassen mussten und nun in Herbergen in Tijuana lebten. "Keine guten Aussichten für Mittelamerikaner", beklagt die GIGA-Expertin.
Die Ursachen des Exodus
López und Rass sind sich einig: Die Trump-Mauer tauge nicht als Antwort auf die Herausforderung der Migration. Die eigentlichen Ursachen der Migration würden vernachlässigt. "Die Vereinigten Staaten finanzieren seit mehreren Jahren das Hilfsprogramm "Allianz für den Wohlstand", und der designierte mexikanische Präsident Andrés López Obrador verkündet, er wolle den mittelamerikanischen Ländern Wirtschaftshilfe gewähren, da die Unterentwicklung eine der Ursachen für die aktuelle Krise sei, erklärt López. Irgendwann müssten die Vereinigten Staaten und Mexiko sich stärker damit auseinandersetzen, dass es in den mittelamerikanischen Ländern einen Zusammenhang gebe zwischen der Korruption, der Gewalt des organisierten Verbrechens auf der einen Seite und und der sehr hohen Migration auf der anderen.
Christoph Rass vom IMIS hat keine Hohen Erwartungen an die Regierung des neuen mexikanischen Präsidenten Lopez Obrador: "Mit Blick auf die Vereinigten Staaten wird Mexiko seine eigenen Interessen verfolgen, und nicht die der Mittelamerikaner. Die Geldüberweisungen der Mexikaner aus den USA sind ein viel zu wichtiger Wirtschaftsfaktor für die eigenen Kassen. Südlich von Mexiko, sagt Rass, gebe es leider nur Verlierer.