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Dokumentarfilme als Waffe

Elizabeth Grenier mh
29. April 2017

100 Tage Trump - 100 Tage Polemik und Provokation. Donald Trumps Politik erzürnt und animiert Journalisten, Talkmaster und Dokumentarfilmer. Unter sie hat sich auch ein berühmter Rapper gemischt: Jay Z.

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USA Jay Z in einem Konzert der demokratischen Kampagne
Auch ohne Mikro schlagfertig: Rapper und Filmproduzent Jay ZBild: picture-alliance/AP Photo/M. Rourke

Während Donald Trump darum bemüht ist, erfolgreiche 100 erste Tage im Amt zu verkünden, animieren seine provokative Politik und die durch ihn vorangetriebene Spaltung des Landes investigative Journalisten, Talkmaster und Dokumentarfilmer, dem neuen US-Präsidenten etwas entgegenzusetzen. 

So auch Jay Z. Der Rapper, den man als einen der erfolgreichsten Musiker aller Zeiten bezeichnen muss, ist unter seinem bürgerlichen Namen Shawn Carter auch als Film- und Fernsehproduzent tätig. Der im vergangenen September unterzeichnete Zweijahresvertrag mit der Weinstein Company ermöglicht Carter nun die Umsetzung neuer Projekte.

Ein Spiegelbild rassistischer Ungerechtigkeit

Sein neuestes trägt den Arbeitstitel "Race" und ist eine sechsteilige Dokumentarreihe über Rassismus und Ungleichheit in Donald Trumps Amerika, wie der Rapper kürzlich bekannt gab. In den von National Geographic produzierten Folgen befasst sich Shawn Carter mit Themen wie Kriminalität und Strafverfolgung, Vermögensunterschiede, die Rolle Sozialer Medien, Aktivismus und Familie.

Dabei will er sämtliche gesellschaftliche Schichten aus allen Teilen der USA zu Wort kommen lassen. Ihre Geschichten wird Carter außerdem mit Bezügen zu wichtigen historischen Ereignissen anreichern, die den andauernden benachteiligenden Rassismus belegen.

"Die Themen, mit denen sich dieses Projekt befasst, sind absolut notwendig, um wichtige Diskussionen anzustoßen. Das Land ist so stark gespalten wie nie zuvor," sagte Jay Z. Der Rapper spricht von "tiefe verwurzelten Wunden und Überzeugungen", welche die Gesellschaft Amerikas "für immer" infiziert hätten. "Gerade erleben wir das Wiederaufleben von Haltungen aus einer hässlichen Zeit unserer Geschichte." Mit seiner Dokumentarreihe hofft der Musiker, der Gesellschaft und zerbrochenen Institutionen "einen Spiegel vorzuhalten".

Inspiriert vom Stil und den behandelten Themen in seinem Film "Jay Z: The War on Drugs Is an Epic Fail", will sein neues Projekt Dokumentarfilm, Animation und Archivaufnahmen zu einer neuen filmischen Darstellungsform verschmelzen.

Die Doku-Serie soll in 171 Ländern und in 45 Sprachen auf Sendung gehen und "eine globale Diskussion befeuern", sagte Courteney Monroe von National Geographic Global Networks. Ein Veröffentlichungstermin steht aber noch nicht fest. 

Ein realer Albtraum: Die Kalief Browder-Story

Auch andere Werke Shawn Carters stellen Entwicklungen dieser Art aus den letzten Jahren in den Fokus.

Die Dokumentarreihe "Time: The Kalief Browder Story", die auf dem Sundance Film Premiere feierte, und seit März auf Spike TV zu sehen ist, beleuchtet das tragische Schicksal des Afroamerikaners Kalief Browder.

Der Trailer dieser sechsteiligen Serie kommt im Stil eines Horrorfilm-Trailers daher, beschreibt aber einen realen Albtraum: Mit 16 Jahren wurde Browder wegen angeblichen Diebstahls eines Rucksacks verhaftet. Ohne Prozess musste er drei Jahre ins Rikers Island-Gefängnis - zwei Jahre davon in Einzelhaft. 

Unter einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung leidend, beging Browder zwei Jahre nach seiner Entlassung Selbstmord.

Jay Z, der von Kalief Browders Schicksal aus "The New Yorker" erfahren hatte, traf ihn noch vor seinem Tod. Danach stand für Jay Z fest, dass er Browders Geschichte eine TV-Serie widmen wollte. Für ihn war das, was Browder erleben musste, symptomatisch für ein rassistisches kriminelles Justizsystem - und gleichzeitig glaubt er daran, dies ändern zu können.

Bei Kalief Browders Geschichte handele es sich um eine, die in der Lage sei, die Bevölkerung wachzurütteln, sagte Jay Z im Zuge der Pressevorführung der Serie. "Wir sind die Gesellschaft. Wir können Veränderung bewirken. Zusammen können wir alles verändern. (…) Unsere Stimme ist so stark wie nie zuvor. Wenn jeder von uns sagt: 'Ich akzeptiere nicht, was diesem 16-Jährigen widerfahren ist', dann wird so etwas nicht mehr geschehen. So einfach ist das", so der Rap-Star.

Nächstes Projekt: Die Geschichte von Trayvon Martin

Jay Z und die Weinstein Company sollen sich laut dem "Variety"-Magazin außerdem die Rechte an zwei Büchern über die Geschichte von Trayvon Martin gesichert haben. "Suspicion Nation: The Inside Story of the Trayvon Martin Injustice and Why We Continue to Repeat It" und "Rest in Power: The Enduring Life of Trayvon Martin" lauten die Titel der beiden Bücher, die sowohl als Dokumentarreihe, als auch als ein langer Film adaptiert werden sollen.

Trayvon Martin wurde 2012 von George Zimmerman, einem Mitglied der Nachbarschaftswache seiner eigenen Gemeinde, erschossen. In einem kontrovers diskutierten Urteil wurde der Schütze aus Gründen der "Notwehr" freigesprochen. Die Entscheidung führte zu wütenden Protesten im ganzen Land. "Vor 35 Jahre hätte ich Trayvon Martin sein können," sagte der damalige US-Präsident Obama zu dem Vorfall.

Rassismus in der Trump-Ära

"Als im Fernsehen von den post-rassistischen USA die Rede war, hatten sich die Vorurteile nur in dunkle Ecken verkrochen. Ungerechtigkeiten wurden nie beendet und Vorurteile nicht abgebaut", sagte Jay Z im Rahmen einer Presseveranstaltung zu seinem "Race"-Projekt.

In einem seiner letzten Interviews vor seinem Amtsende im Januar bezeichnete Obama die Vorstellung eines Amerikas ohne Rassismus nach seiner Amtszeit als "naiv". Tatsächlich waren viele Aktivisten von Obamas geringem Engagement für die Bedürfnisse und Rechte von Afro-Amerikanern enttäuscht.

Die Wahl Donald Trumps verdeutlicht nur die bereits bestehende tiefe Kluft innerhalb der Gesellschaft und wirft nun ein Licht auf all die hässlichen "dunklen Ecken", in denen sich die Vorurteile vorübergehend versteckten. Projekte wie die Dokumentarserien von Jay Z sind wichtiger denn je, weil sie jene Ungerechtigkeiten direkt ansprechen.