Der Über-Kandidat
7. Mai 2008Zwei Monate sind seit den russischen Präsidentschaftswahlen vergangenen - Wochen, in denen der designierte neue Machthaber im Kreml schon viel zu tun hatte. Noch vor seinem offiziellen Amtsantritt traf Dmitrij Medwedew an der Seite seines Amtsvorgängers Wladimir Putin die Mächtigen der Welt: Die deutsche Bundeskanzlerin machte den Anfang, sie kam bereits wenige Tage nach der Wahl als erster internationaler Gast nach Moskau. Ihr folgten US-Präsident George Bush und die amerikanische Außenministerin Condoleeza Rice, sowie Staatschefs aus Japan, Israel und zahlreichen anderen Staaten. Sie alle stellen sich die Frage: Wer ist der neue Mann im Kreml, und was können wir von ihm erwarten?
In welche politische Richtung Medwedew das Land als Präsident führen möchte, daran besteht kein Zweifel. Bereits im Dezember 2007, bei seiner Nominierung als Präsidentschaftskandidat, betonte Medwedew, er empfinde es als Notwendigkeit, kontinuierlich den Kurs zu halten, auf den Putin das Land gebracht hat. "Dieser Kurs hat unser Land sowohl vor dem wirtschaftlichen und dem sozialen Zusammenbruch als auch vor einem Bürgerkrieg bewahrt."
Putins Ziehsohn
Dmitrij Medwedew gilt als Vertrauter von Wladimir Putin und genießt dessen volle Unterstützung. Die beiden Politiker kennen sich bereits seit Beginn der 90er Jahre von ihrer gemeinsamen Tätigkeit in St. Petersburg. Es war Putin, der Medwedew 1999 nach Moskau holte. Hier leitete der studierte Jurist Putins Präsidentschaftswahlkampf. Die nächsten Karriereschritte ließen nicht lange auf sich warten: Dmitrij Medwedew wurde Aufsichtsratsvorsitzender beim Energiekonzern Gazprom, Stabschef im Kreml und schließlich, im November 2005, erster Vize-Premier der russischen Regierung. In dieser Funktion kümmert er sich in erster Linie um prestigeträchtige Projekte wie Wohnungsbau, Gesundheits- und Bildungswesen sowie Landwirtschaft - Bereiche, die vom Staat finanziell besonders gefördert werden, um die soziale Lage der Bevölkerung zu verbessern.
Die Erfahrungen, die Medwedew dabei gesammelt hat, empfehlen ihn für seine neue Aufgabe. Darin sind sich regierungstreue Politiker einig - allen voran sein Mentor, Wladimir Putin.
Versprechen einfordern
Wo Medwedew in seinem Amt als Präsident der Russischen Föderation seine Prioritäten setzen wird, wollen viele Beobachter erst einmal abwarten. Der liberale deutsche Außenpolitiker Werner Hoyer (FDP) sagt, man müsse jetzt auf Medwedew zugehen und ihn beim Wort nehmen. "Er hat in der letzten Zeit sehr von Öffnung, von Reformen, von Demokratie, von Rechtstaatlichkeit gesprochen - das muss er jetzt liefern, und wir sollten ihn dazu ermutigen.”
Gelegenheit, den neuen Präsidenten an seine Ankündigungen zu erinnern, wird es für deutsche Politiker schon bald geben: Im Juni soll Dmitrij Medwedew zu einem ersten offiziellen Besuch nach Deutschland kommen.