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Distanziertes Verhältnis

Ingo Mannteufel24. Februar 2005

Auch bei ihrem ersten Treffen seit der Wiederwahl Bushs betonten Putin und der US-Präsident ihr freundschaftliches Verhältnis. Doch der Schein trügt: Es herrscht Stillstand in den russisch-amerikanischen Beziehungen.

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Kein Mangel an kontroversen Themen zwischen Bush und Putin (Archivbild)Bild: AP

Putin und Bush sind Profis im diplomatischen Geschäft: Als Putin im November George W. Bush zur Wiederwahl gratulierte, behauptete das russische Staatsoberhaupt die Beziehungen zwischen Washington und Moskau hätten sich in den letzten vier Jahren verbessert. Ebenso Bush: Er bezeichnete Putin im Vorfeld des Treffens in Bratislava als einen Freund. Doch abseits von Männerfreundschaft und diplomatischen Freundlichkeiten ergibt sich ein anderes Bild: In den russisch-amerikanischen Beziehungen herrscht Stillstand, wenn nicht gar eine latente Krise.

Die politischen Eliten in beiden Ländern sind voneinander desillusioniert. Mehr noch: Sie hegen gegeneinander vielfach Misstrauen und den Verdacht, die andere Seite verfolge feindliche Absichten.

"Werte" der USA…

Kontroverse Themen zwischen Russland und den USA gibt es viele: Die amerikanische außenpolitische Elite sieht Russland unter Putin auf dem Weg zu einem autoritären Regime mit neo-imperialen Ambitionen. Die fehlende Rechtsstaatlichkeit in der Yukos-Affäre, der Tschetschenien-Konflikt, der Druck auf die Medien, die Abschaffung der Gouverneurswahlen und die hohe Machtkonzentration in den Händen des russischen Präsidenten münden in der Kritik, Russland habe sich in den vergangenen vier Jahren von der Demokratie deutlich entfernt. Sogar US-Außenministerin Rice teilte öffentlich diese Kritik an demokratischen Rückschritten in Russland.

Mit Sorgen wird in Washington auch die russische Einmischung in die ukrainischen Präsidentenwahlen und Moskaus gute Beziehungen zu Staaten wie Syrien, Weißrussland und Iran betrachtet. Für die US-Präsidialadministration sind das "Vorposten der Tyrannei". Nicht zu vergessen ist auch Russlands Opposition zum US-Militäreinsatz im Irak. Ein Alliierter im umfassenden Wortsinne im Kampf gegen den Terrorismus ist Russland für Washington niemals geworden.

… versus "Nationale Interessen" Russlands

Die Sicht aus Moskau auf das Verhältnis zu den USA ist letztendlich nicht positiver: Führende russische Politiker - zuletzt der russische Verteidigungsminister Iwanow - kritisieren die als unnötig bezeichneten Belehrungen in Sachen Demokratie. Der Westen operiere mit doppelten Standards, so russische Diplomaten. Putin und seine Führungsriege betonen, dass ihre Politik Ausdruck des nationalen Interesse Russlands sei. Nur so sei Stabilität als Voraussetzung für eine wirtschaftliche Entwicklung in Russland möglich. Nur so könne ein Auseinderbrechen des Landes angesichts der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus verhindert werden. Washington strebe jedoch danach, Russland aus der angeblich legitimen Einflusssphäre GUS zu verdrängen.

Offene Krise, Stillstand oder neuer Dialog?

US-Präsident Bush dürfte daher bei seinem Treffen mit Putin in Bratislava besonders Werte wie Freiheit und Demokratie betonen. Putin wird ihm mit dem Verweis auf nationale Interessen und Sicherheit antworten. Eine offene Krise ist in den Beziehungen jedoch genauso wenig zu erwarten wie ein neuer Dialog.

Russland ist keine Weltmacht mehr wie im Kalten Krieg, sondern nur noch eine Großmacht, die in der US-Außenpolitik eine funktionale Rolle hat. Die politische und wirtschaftliche Entwicklung Russlands gehört nicht zu den Top-Prioritäten Bushs in seiner zweiten Amtszeit. Sie lauten: Krieg gegen den Terrorismus, Anti-Proliferation von Massenvernichtungswaffen sowie Befriedung und Wiederaufbau des Irak. Dazu kann der Kreml in begrenztem Umfang beitragen und daher mit freundschaftlichen Tönen rechnen.