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Politik

Dilemma Migration: Neues DW-Projekt beginnt in Afrika

16. November 2016

Ein Afrikaner, der nach Europa fliehen will - und ein enttäuschter Rückkehrer: Auf einer Podiumsdiskussion in Mali treffen sie aufeinander. Die DW-Veranstaltung ist der Auftakt eines Projekts rund um das Thema Migration.

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Mali Bamako - Debatte zu Migration
Bild: DW/D. Köpp

Am Anfang stehen die Tränen von Salif. Für den jungen Fliesenleger aus Bamako ist das Überleben ein täglicher Kampf. "Du kommst nach Hause zur Familie, siehst die Kinder, ihre Mutter…Du willst etwas für deine Familie tun, aber du hast nichts," erzählt er weinend. Wenn er gerade keine Arbeit hat, ist er auf die Solidarität anderer angewiesen, um zu überleben. Das sei unerträglich, wenn man seine Menschenwürde wahren wolle, sagt Salif völlig aufgelöst. Seine Entscheidung steht fest: Er will weg.

Mali Bamako - Salif - Fliesenleger möchte weg aus Mali
Salif, der Fliesenleger, will wegBild: DW/D. Köpp

Das war der Auftakt einer öffentlichen Diskussionsrunde zum Thema Migration, die die Deutsche Welle zusammen mit dem lokalen Radiosender Radio Klédu in der malischen Hauptstadt Bamako veranstaltet hat. Das Ziel: Menschen zusammenbringen. Solche, die wie Salif nur noch weg wollen. Solche, die ernüchtert zurückgekehrt sind. Und politische Entscheider, die jungen Leuten eine Zukunft in ihrem Heimatland geben wollen. "Wir sind froh, dieses Projekt durchführen zu können. Dadurch können wir ausloten, welche Gründe Menschen in die Flucht treiben und wie die Regierungen versuchen, sie zurückzuhalten", sagt Dirke Köpp, Leiterin des Französischen Programms der Deutschen Welle für Afrika.

Die Schrecken der Flucht

Auswandern oder bleiben? Vor diesem Dilemma stehen Tag für Tag Millionen junge Menschen in Afrika, die in ihrer Heimat keine Perspektive sehen. Über die Transitländer Mali und Niger versuchen viele, nach Europa zu gelangen. Doch die Flucht ist lebensgefährlich. Und in Europa warten neue Bedrohungen - und neue Überlebenskämpfe. Nach Mali sollen im Dezember Diskussionsrunden in den Hauptstädten Nigers und Senegals folgen - im Rahmen eines multimedialen Projektes, das die Deutsche Welle mit Förderung des Auswärtigen Amtes durchführt. "Vielleicht können wir den jungen Leuten auch Anregungen geben, welche Möglichkeiten es neben der illegalen Migration noch gibt", hofft Köpp.

Die Debatten in den Programmsprachen Französisch und Haussa werden in den Radioprogrammen und auf den Facebookseiten der DW für Afrika abgebildet. Darüber hinaus sind DW-Reporter in westafrikanischen Ländern, aber auch in Deutschland und Italien unterwegs, um Stationen der illegalen Migration für TV, Radio und das Internet zu dokumentieren.

Konvoi mit Migranten verlässt Agadez
Den schwersten Teil noch vor sich: Illegale Migranten verlassen Nigers Wüstenstadt AgadezBild: DW/A. Kriesch/J.-P. Scholz

Fehlende Chancen in der Heimat

In Bamako wird zum Auftakt heiß diskutiert. Die Positionen auf dem Podium klaffen ebenso weit auseinander wie die Erfahrungen der Redner. Da ist der Wirtschaftsdozent und Blogger Etienne Fakaba Sissoko. Er sagt, es gebe kein Dilemma, denn bleiben hieße oft sterben. Da ist die Globalisierungskritikerin und ehemalige Ministerin für Kultur, Aminata Traoré. Für sie ist die Migration eine der Folgen eines gescheiterten Entwicklungsmodells: "Die große Mehrheit dieser jungen Leute würde das Risiko der Flucht nicht eingehen, wenn sie mehr Möglichkeiten hätten, eine Arbeit zu finden, die ihnen das Überleben sichert - und sei es im informellen Sektor."

Und da sind Vertreter der Ministerien, die sich an diesem Nachmittag mit dem Rücken zur Wand sehen - so etwa Boulaye Keita, technischer Berater im Ministerium für Malier im Ausland. "Die Integration von potenziellen Migranten und auch von Rückkehrern in den Arbeitsmarkt gehört zu den Schwerpunkten der nationalen Migrationspolitik. Die Regierung will alle lokalen Initiativen junger Menschen unterstützen," beteuert er. Einigkeit besteht schließlich aber doch in einem Punkt: Entwicklung ist nötig, um den Kontinent voranzubringen und bessere Chancen für eine junge Generation von Arbeitssuchenden und prekär Beschäftigten zu schaffen - in ihrer Heimat.

Mitarbeit: Yaya Konaté, Emilie Ginestou