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Slum mit Potential

Thomas Hasel16. Juni 2014

Den Namen Diepsloot verbinden viele Südafrikaner mit Armut, Hoffnungslosigkeit und Kriminalität. Doch das Township im Norden von Johannesburg ist ein Ort voller Menschen mit Visionen.

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Eine Straße in Diepsloot, Township in Südafrika (Foto: Thomas Hasel/DW)
Bild: DW/Thomas Hasel

Musik liegt in der Luft von Diepsloot, einem der größten Slums von Johannesburg. Auf einem kleinen Platz zwischen Wellblechhütten und Bretterverschlägen singen und tanzen der 30-jährige Simon Maringa und sein Freund Selby Mabasa zu einem Song, den sie selbst geschrieben haben und der eine Hommage an Diepsloot sein soll. "Ich mag diesen Ort", sagt der 30-jährige Simon. "Die Menschen hier lieben die Musik genauso sehr wie ich." Und sein Freund Selby pflichtet ihm lachend bei: "Wir sind hier im Paradies."

Selby, der als DJ arbeitet, und der Filmemacher Simon leben gern in Diepsloot - trotz der Armut hier. Rund 200.000 Einwohner hat die informelle Siedlung. Die genaue Zahl kennt niemand, denn täglich kommen neue Menschen an: mittellose Südafrikaner zumeist oder Zuwanderer aus Nachbarländern wie Simbabwe. Noch vor 20 Jahren bestand Diepsloot lediglich aus einer Handvoll Bretterverschlägen, danach wuchs es rasant. Mittlerweile gibt es auch Steinhäuser und mehrere Schulen. Die meisten Bewohner leben jedoch nach wie vor in winzigen Hütten, ohne Strom oder fließendes Wasser.

Simon Maringa, Musiker aus Diepsloot (Foto: Thomas Hasel/ DW)
Simon Maringa, Filmemacher aus DiepslootBild: DW/Thomas Hasel

"In Diepsloot zu leben, ist sehr günstig", erklärt Lerato Monama die Anziehungskraft, die der Ort, der fast unmittelbar an die Reichensiedlungen in Johannesburgs Norden anschließt, ausübt. Die 26-Jährige kam 2003 in das Township. "Wenn man im 1. Bezirk von Diepsloot wohnt, zahlt man für die Hütten keine Miete und man kann auf der Straße für zehn Rand - umgerechnet rund 60 Cent - Fleisch kaufen, von dem man zwei Tage leben kann." Monama engagiert sich mit anderen Bewohnern der Siedlung im Verein WASSUP, der öffentliche Toiletten in Diepsloot baut und wartet. Denn die offiziellen staatlichen Stellen kümmerten sich darum zu wenig, sagt sie.

Slums als Folge der Apartheid

Diepsloot ist eine Folge der jahrzehntelangen Politik der Rassentrennung in Südafrika, einer vernachlässigten Wohnungsbaupolitik und einer weiten Kluft zwischen Arm und Reich, die in den meisten Fällen noch immer auch eine zwischen schwarzen und weißen Bürgern ist. Obwohl die demokratisch gewählte Regierung nach dem Ende der Apartheid jedem Südafrikaner ein eigenes Haus versprach und Millionen von Wohnungen gebaut hat, ist die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum immer noch immens.

Wellblechhütten in Diepsloot (Foto: Thomas Hasel/ DW)
Die meisten Bewohner von Diepsloot leben in WellblechhüttenBild: DW/Thomas Hasel

Viele Südafrikaner assoziieren den Namen Diepsloot mit Elend, Perspektivlosigkeit und Gewalt. Vor wenigen Monaten erst stand das Township in Zentrum der medialen Berichterstattung, als dort innerhalb weniger Wochen mehrere Kleinkinder entführt und ermordet wurden. Und tatsächlich wird die Kriminalität - Drogenmissbrauch, Vergewaltigungen und Überfälle - auch von den Einwohnern als großes Problem wahrgenommen.

"Diepsloot ist eine junge Gemeinde", sagt Mzolisi Mbikwana, Vorsitzender des Diepsloot Business Forum. "Die Mehrheit der Bevölkerung ist sehr jung. Wir haben eine hohe Arbeitslosenrate und die führt zu Kriminalität, zum Beispiel dem Missbrauch von Kindern und Frauen sowie zu HIV und Aids."

Kultur als Mittel gegen Jugendkriminalität

Diepsloot benötige eine für alle Schichten erschwingliche Bildung, mehr Arbeitsplätze und Geschäfte, meint Mzolisi Mbikwana, Unternehmer aus Diepsloot und Politiker der Regierungspartei ANC. "Ich denke, wir brauchen noch viel mehr Unterstützung von der Regierung, damit das Unternehmertum gefördert wird und kleine und mittlere Betriebe wachsen können." Dass das nicht von heute auf morgen geht, weiß Mbikwana. Und auch, dass man nicht auf den Staat und die eigene ANC-Regierung allein setzen sollte: "Unsere Vision für Diepsloot ist, dass wir uns als Volk vereinen und dafür sorgen, dass alle Bewohner Verantwortung übernehmen, um ihr Leben zu verbessern."

Jugendliche in Diepsloot (Foto: Thomas Hasel/ DW)
Jugendliche sollen in Diepsloot eine Perspektive habenBild: DW/Thomas Hasel

Und das tun sie: Viele Menschen in Diepsloot organisieren sich selbst und versuchen, mit regelmäßigen kulturellen Veranstaltungen gerade den Jugendlichen eine Perspektive zu geben. Der 20-jährige Sihle Sakala etwa setzt auf die Kunst und organisiert regelmäßig Tanz- und Musikwettbewerbe sowie Talentshows. "Die Leute hier erkennen, wie wichtig Kunst ist, da sie die Jugendlichen von der Kriminalität fernhält", sagt er. "Ich bin selbst recht jung und ich habe mich entschieden, den richtigen Weg einzuschlagen und meine Gemeinde zu verändern."

Einer der Künstler mit denen Sihle zusammenarbeitet, ist der 19-jährige Tato. Tato schreibt Liedtexte, spielt Theater und komponiert kleine Musikstücke. Mit vier Jahren kam er nach Diepsloot und hat nicht vor, den Slum bald zu verlassen: "Wenn du etwas verändern willst, veränderst du die Dinge am besten erst dort, wo du wohnst."