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Zehn Büchertrends von 2014

Jochen Kürten5. Oktober 2014

Der Herbst ist traditionell Lesezeit. Was bieten die Verlage in diesem Jahr? Ein paar gute alte Trends haben sich auch 2014 beständig gehalten. Es gibt aber auch neue Moden...

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Symbolbild Buchmesse Deutschland
Bild: picture-alliance/dpa/Daniel Reinhardt

Krimis: Finnland, Schweden, Norwegen, Island nicht zu vergessen - skandinavische Krimis sind aus dem Angebot der Verlage nicht mehr wegzudenken. Doch auch das übrige Europa lässt sich nicht lumpen. Ob Franzosenkrimi oder Spannung aus Spanien, ob Brunettis soundsovielter Fall, Provence-Krimi oder Ermittlungen in Osteuropa... es gibt kaum eine Region, in der nicht gemordet und gemeuchelt wird. Auch in Deutschland hat fast jede Region seine Ermittler. Die Krimis sind längst wichtigstes Standbein vieler Verlage. Selbst literarisch geprägte Häuser wie Suhrkamp setzen längst auf die verkaufsträchtige Spannungsliteratur - ein Ende des Booms ist nicht abzusehen.

Thriller: Und auch ein zweites klassisches Genre behauptet sich in diesem Herbst: der gute alte Thriller. Hier sind es keine einzelnen Mordfälle und Polizisten, die ermitteln, hier wird die große Bühne bespielt. Politthriller oder Historiendramen, Umweltreißer oder Mafia-Tableaus - die Cover der Bücher gleichen sich auf verblüffende Art und Weise. Wie auch die Krimis entstehen viele Thriller scheinbar auf dem Reißbrett. Doch dem Leser ist's egal. Sie verkaufen sich wie geschnitten Brot.

Buchcover Als die Tauben verschwanden von Sofi Oksanen (Foto: Kiwi)
Finnlands Starautorin 2014: Sofi Oksanen

Finnland: Gut, das war zu erwarten. Finnland wartet in diesem Jahr aber beileibe nicht nur mit Krimis auf. Das östlichste der skandinavischen Länder ist Gastland der weltgrößten Buchmesse in Frankfurt. Traditionell erscheinen dann immer viele Romane und Erzählungen von Autorinnen und Autoren, die man in Deutschland bisher kaum kannte. Der hiesige Leser macht Bekanntschaft mit herrlich komplizierten Namen wie Pasi Ilmar Jääskeläinen, Riikka Pulkkinen oder Rax Rinnekangas.

Literatur global: Auch dieser Trend zeichnet sich schon seit einiger Zeit ab, wird aber immer auffälliger. Vor ein paar Jahren sah das Angebot der Buchläden in Sachen Belletristik noch so aus: ein Büchertisch mit deutschen Romanen, ein gut sortiertes Angebot mit angelsächsischer Literatur, dazu große Autoren aus Frankreich und Spanien, auch aus Lateinamerika. Die Schriftsteller schrieben in ihrer jeweiligen Landessprache. Heute gehört eine solch übersichtliche Bücherwelt der Vergangenheit an. Autorinnen und Autoren mit Migrationshintergrund spiegeln die Globalisierung wider - in Deutschland, vor allem aber auch in der englischsprachigen Bücherwelt.

Buchcover Die Interessanten, Meg Wolitzer (Foto: DuMont Verlag)
Great American Novel: "Die Interessanten"

Great American Novel: Es gibt ihn noch, den großen amerikanischen Roman, "The Great American Novel". Früher waren es Autoren wie John Updike, Philip Roth oder Saul Bellow, dann Richard Ford, Jonathan Franzen und Jeffrey Eugenides - Bücher, die die Leser mitnahmen auf vielen hundert Seiten. Meist wurde amerikanische Familien- und Gesellschaftgeschichte geboten. Auch in diesem Jahr kann der Leser wieder schmökern in den dickleibigen Romanen aus den USA: bei neuen und alten Autoren wie Joyce Carol Oates ("Die Verfluchten", 800 Seiten), Thomas Pynchon ("Bleeding Edge", 600 Seiten) oder Meg Wolitzer ("Die Interessanten", 600 Seiten).

Wiederentdeckungen: Das ist nun wirklich eine schöne, neue Entwicklung auf dem Buchmarkt. Die Verlage schauen so intensiv zurück in die Geschichte der Literatur wie nie zuvor. Neue Autoren gibt es genügend, werden sich manche Verleger sagen: Da ist die Spreu noch nicht vom Weizen getrennt. In der Rückschau ist das einfacher. Doch viele dieser guten alten und immer noch lesenswerten Romane sind vergriffen. Da können literarische Trüffelschweine schnell fündig werden: James Hanleys "Fearon", Victor Serges "Schwarze Wasser" oder Kenneth Mackenzies "Was sie begehren" sind nur ein paar wiederzuentdeckende Titel.

Buchcover Verlorene Illusionen, Honoré de Balzac (Foto: Hanser Verlag)
Neuübersetzung von Klassikern, zum Beispiel Balzac

Neuübersetzungen: Auch das ist ein sehr erfreulicher Trend: Die großen Meisterwerke der Weltliteratur neu übersetzt: in frischem, zeitgemäßem Deutsch. Ob Proust oder Bulgakow, ob Svevo oder Waugh, ob Balzac oder Babel - wer das ein oder andere Buch nur aus lang zurückliegenden Kindheitstagen kennt, der sollte zu den Neuübersetzungen anno 2014 greifen. Und wer noch nie etwas gelesen hat von diesen Autoren, den erwartet erst recht ein großes Leseglück…

Tiere: Vielleicht die überraschendste literarische Mode des Bücherherbstes. Zu entdecken ist das Tier in uns: Katzen und Insekten, Esel und Elefanten, fast die gesamte Tierwelt erscheint in diesem Herbst zwischen zwei Buchdeckeln, in klugen Romanen und lesenswerten wie elegant geschriebenen Sachbüchern. Am lautesten bellen aber die Hunde: Wir begegnen unter anderem einem Foxterrier in Hollywood, einem Jack-Russell-Terrier in Österreich, einem Bernhardiner in der Schweiz und einem Straßenköter in Moskau.

Deutschland Literatur Herbsttitel Belletristik Hund und Roman Sirius 2014 (Foto: Jochen Kürten)
Hunde als Hauptdarsteller des literarischen HerbstesBild: DW/J. Kürten

Bücher über Bücher: Vielleicht hängt dieser Trend mit der Tatsache zusammen, dass vielerorts das Ende des Kulturgutes Buch beschrieben wird. Eine Art Gegenbewegung. Man wird sich der alten Kulturtechnik Lesen bewusst. Und jenseits aller E-Books und Reader kommt einem das gute alte Buch wieder in Erinnerung. Autorinnen und Autoren schreiben über Buchhandlungen und Bibliotheken, über den Wert des Buches und die Heilkraft von Romanen.

Schöne Bücher: Auch diese Entwicklung ist wohl eine Reaktion auf die vielen Klagen der Kulturpessimisten und literarischer Kostverächter. Es werden nicht nur viele Bücher über die Eigenarten des Buches geschrieben, es wird auch wieder verstärkt Wert gelegt auf die Ausstattung. Verlage wie Wagenbach und Dörlemann oder Manesse und Lilienfeld, wie Matthes & Seitz oder die Büchergilde Gutenberg kleiden ihre Bücher in schmucke Gewänder, edles Leinen, ausgestattet mit Lesebändchen und Fadenheftung. Auch Verlage, die ein großes Programm für die breite Masse anbieten, leisten sich einzelne Schmuckstücke in ihren Programmen. Es besteht also Hoffnung für das gute, alte Produkt Buch.