Die unglaublichen Laufbahnen der DDR-Sportstars
Athleten aus der DDR haben bei Olympischen Spielen zahlreiche Erfolge gefeiert. Über ihren Leistungen schwebte stets der Verdacht des DDR-Staatsdopings. Ihre Lebensgeschichten sind oft voller überraschender Wendungen.
Triumph der Außenseiter - Gold für die DDR-Fußballmannschaft
Offiziell galten die Fußballspieler in der DDR als Amateure. Obwohl sie 1976 die Olympischen Spiele gewannen, wurden sie vom Staat nicht so sehr gefördert wie andere Sportler. Das Team fehlte sogar auf dem Erinnerungsfoto der offiziellen Feier in der Heimat. Der Kapitän, Bernd Bransch, war später mehrfach arbeitslos. Er versuchte sich als Versicherungsvertreter und bei einem Bauunternehmen.
Vom Sprintstar zum Schreibtisch - Renate Stecher
Sie war die erste Frau, die 100 Meter in unter elf Sekunden sprintete, als die Zeit noch von Hand gestoppt wurde. Stecher gewann sechs olympische Medaillen und stellte 17 Weltrekorde auf. Nach dem Fall der DDR arbeitete sie als Sachbearbeiterin bei einem Studierendenwerk. "Jetzt habe ich einen Schreibtischjob, da tut mir manchmal das Herz weh", sagte sie der "Stuttgarter Zeitung".
Der vergessene Held - Gerd Bonk
"Verheizt von der DDR, vergessen vom vereinten Deutschland", sagte Bonk einst selbst über sein Leben. Als Gewichtheber gewann er bei Olympia Silber und Bronze. Dafür wurden ihm enorme Mengen Anabolika verabreicht. Später litt er an kaputten Organen und starb mit 63, nachdem er ins Koma gefallen war. Sein tragisches Schicksal macht ihn zu einem symbolischen Vertreter der DDR-Dopingopfer.
Marita Koch - zu schnell, um wahr zu sein
Die Sprinterin hält den Weltrekord auf 400 Meter mit 47,60 Sekunden. Ihre Spitzenzeit aus dem Jahr 1985 ist bis heute unangefochten und ist einer der langlebigsten Rekorde in der Geschichte der Leichtathletik. Die Athletin stellte insgesamt 16 Weltrekorde im Sprint auf und war die erste Frau, die 200 Meter in weniger als 22 Sekunden lief.
Udo Beyer - Kugelstoßer im Reisebüro
Jahrelang fokussiert Udo Beyer sich auf eine fette Eisenkugel. Heute sind es Sonne, Strände und Seesterne. Der ehemalige Kugelstoßer arbeitet jetzt im Reisebüro anstatt im Rampenlicht. Dort verkauft er Klassenfahrten und Musical-Tickets. Zwischendurch veröffentlichte Beyer sogar einen Song und spielte in einem Film mit. Er stellte dreimal einen Weltrekord auf und sammelte mehrere Olympiasiege.
Der ewige Weltrekordhalter - Uwe Hohn
Die Zuschauer waren geschockt. Uwe Hohn schleuderte den Speer im Juli 1984 so weit, dass sich die Spitze beinahe in die Tartanbahn bohrte. Aus Sicherheitsgründen wurden danach die Speere verändert, damit sie weniger weit fliegen. Hohns Rekord von 104,80 Metern wurde damit praktisch unschlagbar. Wegen des Boykotts der DDR verpasste der Sportler 1984 die Chance auf eine Goldmedaille bei Olympia.
Gabriele Reinsch - ungeschlagener Weltrekord
Die Leichtathletin und Olympiateilnehmerin wirft den Diskus 1988 76,80 Meter weit - ein neuer Weltrekord. Diese Bestmarke ist bis heute ungebrochen und liegt mehr als zwei Meter über dem vorherigen. Diese erhebliche Verbesserung und die Tatsache, dass Reinsch diese Top-Leistung nie wieder annähernd erreichen konnte, werfen Fragen auf.
Helmut Recknagel - kuriose Berufswechsel
Der ehemalige Skispringer arbeitete nach dem seiner Sportkarriere in der DDR als Fleischhygiene-Inspektor. Er hatte neben dem Sport Tiermedizin studiert. In seiner Promotionsarbeit ging es um Leberegelerkrankungen beim Rind. Nach dem Ende der DDR wurde Recknagel als Tierarzt entlassen und war arbeitslos. Er schulte zum Versicherungskaufmann um und betrieb später ein Sanitätshaus in Berlin.
Waldemar Cierpinski - vom Marathonläufer zum Geschäftsmann
Er gewann 1976 und 1980 Gold und ist einziger deutscher Marathon-Olympiasieger. Auf ihm lasten Vorwürfe wegen Verbindungen zum DDR-Geheimdienst und Dopings. Cierpinskis Olympia-Rivale von 1976, Frank Shorter aus den USA, drohte sogar mit einer Klage, um an dessen Stelle die Goldmedaille zu bekommen. Cierpinski bestritt stets alle Vorwürfe. Nach seiner Karriere eröffnete er ein Sportgeschäft.
Die umstrittene Nummer eins - Täve Schur
Gustav-Adolf "Täve" Schur ist noch immer ein beliebter DDR-Sportheld. Er gewann die Friedensfahrt und holte Zeitfahr-Medaillen bei Olympia. Der Radsportler wurde allerdings nach heftiger Diskussion nicht in die Hall of Fame des deutschen Sports aufgenommen. Vertreter des Dopingopfer-Hilfevereins protestieren, weil sie in Schur eine "zentrale Propagandafigur des kriminellen DDR-Sports" sahen.