DW und ARD
4. Juni 2010
Die Deutsche Welle ist die mediale Visitenkarte der Bundesrepublik. Nun soll diese Visitenkarte eine noch klarere Prägung erhalten. Der Intendant der Deutschen Welle, Erik Bettermann, möchte dafür die Zusammenarbeit mit den anderen ARD-Sendern verstärken und einen intensiveren Austausch von Inhalten vereinbaren. Das wäre nach seiner Meinung im Interesse aller ARD-Sender, denn es gebe eine gesamtstaatliche Verantwortung für einen hochwertigen medialen Auftritt Deutschlands im Ausland: "In einer globalisierten Welt, in der man großes Interesse an Informationen über die Kultur, die Wirtschaft und die Entwicklungen anderer Länder hat, ist eine lokal beschränkte Perspektive nicht mehr das Zeichen der Zeit. Das kann für unser exportorientiertes Land nicht die Zukunft sein."
Präsenz Deutschlands verbessern
Dass der Prozess hin zu solch einer engen Kooperation schwierig sein wird, ist Intendant Bettermann bewusst. Denn natürlich müssen alle anderen, insgesamt neun ARD-Chefs mit diesem Kurs einverstanden sein. Dennoch ist Bettermann guter Hoffnung, seitdem in der ARD eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema gegründet wurde: "Die Intendantin des Westdeutschen Rundfunks, der Intendant des Norddeutschen Rundfunks, des Südwestrundfunks und ich sollen prüfen, wie wir die Präsenz Deutschlands nach außen verbessern können und wie wir Synergieeffekte erzielen können. Das macht mich optimistisch."
Dieses Ziel würde dem Auftrag der Deutschen Welle entsprechen. Denn sie soll Deutschland als Kulturnation und demokratischen Rechtsstaat verständlich machen und liefert vor allem deutsche und europäische Sichtweisen auf wesentliche Ereignisse. Dafür bietet die Deutsche Welle von Bonn und Berlin aus ein Informationsangebot in 30 Sprachen. Rund 1500 Mitarbeiter sorgen dafür, dass Ereignisse und Entwicklungen aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden, um das Verständnis zwischen den Kulturen und Völkern zu fördern. Entsprechend vielfältig werde in den Fernseh-, Radio- und Onlineangeboten der Deutschen Welle berichtet, analysiert und kommentiert, betont Bettermann.
Chefredakteure betreuen Korrespondenten-Netz
Während man auf Ebene der ARD-Intendanten über Themen medienstrategischer Bedeutung diskutiert, geht es bei den Treffen der Chefredakteure alle zwei Monate um ganz andere Aspekte der Zusammenarbeit. Ihr Thema ist vor allem das vielleicht Wichtigste und Wertvollste, was die ARD zu bieten hat: ihr weltweites Korrespondentennetz. Es wird betreut und koordiniert von den Chefredakteuren.
"Wir prüfen, an welchen Orten es gut läuft. Wo brauchen wir unter Umständen Verstärkung, weil sich dort langfristige Konflikte entwickeln, die wir covern werden?", berichtet Marc Koch, Chefredakteur der Radio- und Onlineredaktionen der Deutschen Welle. "Wir schauen, dass dieses Netz an allen Ecken und Enden funktioniert."
Deutsche-Welle-Korrespondent in Rabat
In der marokkanischen Hauptstadt Rabat ist die Deutsche Welle mit ihrem Korrespondenten Alexander Göbel vertreten. Er teilt sich das Büro mit einem Kollegen vom Hessischen Rundfunk. Ihr Berichtsgebiet umfasst einen Großteil Afrikas und damit einen ganz zentralen Markt für die Deutsche Welle. Noch vor nicht langer Zeit war Rabat ein Korrespondentenplatz, der es sehr schwer hatte, sich gegenüber anderen Standorten zu behaupten. Viel zu selten nahmen die ARD-Massenprogramme Themen von dort wahr.
"Seitdem sie dort zu zweit sind und unser Mann Korrespondent ist, hat sich das grundlegend geändert", erläutert Koch. "Der Platz wird viel häufiger nachgefragt." Dabei müsse man berücksichtigen, dass die beiden für 22 Länder journalistisch verantwortlich sind.
Multimedial an der Spitze
Die Zusammenarbeit mit der ARD beschränkt sich aber nicht nur auf die Korrespondenten. Regelmäßig laden Partnersender Fachleute der Deutschen Welle zu Interviews ein oder bitten sie um ihre Expertise zu Themen aus den verschiedensten Regionen der Welt.
Auch im Bereich neuer Medienentwicklungen schaut die ARD mit großem Interesse auf die Deutsche Welle - Stichwort Multimedialität. Kaum ein anderer öffentlich-rechtlicher Sender hat die Verschmelzung von Video, Audio und Online so weit vorangetrieben. Dafür sind Abteilungen neu aufgestellt und zusammengelegt worden, Mitarbeiter wurden geschult und weitergebildet, Technik ist verbessert und erneuert worden. Ein Prozess, der noch andauert, und mit dem die Deutsche Welle an der Spitze der Entwicklung innerhalb der ARD steht.
Hoher internationaler Konkurrenzdruck
Dafür steht der Auslandssender unter einem größeren Druck als Inlandsmedien - er muss sich nämlich der internationalen Konkurrenz stellen. Denn was in Deutschlands Medien als der neue Trend gefeiert wird, kann in technologisch sehr hochentwickelten Ländern wie den USA schon längst gewohnter und damit langweiliger Standard sein, wie Intendant Bettermann feststellt: "Wir sind dieser Konkurrenz ständig ausgesetzt und insofern bei vielen Themen wie der Multimedialität natürlich viel weiter als die deutschen Inlandssender."
Allerdings sei die Deutsche Welle auch ein Stück freier als die Inlandssender, sagt Bettermann. Zum Beispiel in der Online-Nutzung. So dürfen öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten ihre Fernseh- und Hörfunksendungen nur sieben Tage nach der Ausstrahlung ins Internet stellen. Dies gilt nicht für die Deutsche Welle. Denn sie unterliegt als Auslandssender nicht dem Staatsvertrag der Bundesländer, sondern dem Bundesrecht. Die oftmals so komplizierte und strenge deutsche Gesetzeslage - hier lässt sie der Deutschen Welle mehr Freiraum.
Autor: Ralf Bosen
Redaktion: Kay-Alexander Scholz