Die Macht des Wortes
Sozialkritisch und unerschrocken: Brasilianische Schriftsteller setzen sich bis heute mit den gesellschaftlichen Widersprüchen ihres Landes auseinander. Einblicke in die vielfältige Literatur eines aufstrebenden Landes.
Andréa del Fuego: Magischer Realismus
Sie ist so geheimnisvoll wie ihre Bücher. Ihr im Juli 2013 in deutsch erschienener Debütroman "Geschwister des Wassers" erzählt die magische Geschichte von drei Geschwistern, deren Wege sich trennnen. Hinter dem Pseudonym Andréa del Fuego verbirgt sich die 1975 geborene Brasilianerin Andréa dos Santos, die in ihren Blogs und Büchern einen gnadenlos scharfen Blick auf ihr Land wirft.
Luiz Ruffato: Schonungslose Analyse
Seine Karriere ist die Ausnahme, die die Regel bestätigt. Der 1961 geborene Arbeitersohn Luiz Ruffato schrieb sich vom Schlosser zu einem der wichtigsten zeitgenössischen Schriftsteller empor. Berühmt wurde er durch seinen 2001 in Brasilien und 2012 in Deutschland erschienen Roman "Es waren viele Pferde" – eine schonungslose Momentaufnahme der brasilianischen Metropole São Paulo.
Milton Hatoum: Weltliteratur vom Amazonas
Seine Eltern stammen aus dem Libanon, seine Mitschüler aus dem Amazonas. Milton Hatoum gilt als Wandler zwischen den Welten. Der 1952 in Manaus geborene Literat wirkt sowohl als Schriftsteller als auch als Übersetzer. Seine Werke, darunter "Asche vom Amazonas" und "Zwei Brüder" erschienen in 14 Sprachen. Hatoum selbst übersetzte Gustave Flaubert und George Sand ins Portugiesische.
Fernando Morais: Roman als Reportage
Journalismus ist seine Leidenschaft. Der Schriftsteller und Drehbuchautor Fernando Morais schreibt seine Romane wie packende Reportagen. Seine Bücher wurden fast alle verfilmt, darunter auch der Bestseller "Olga", der die Geschichte einer deutschen Kommunistin erzählt, die von Brasilien an die Nazis ausgeliefert wurde. 2008 überraschte Morais mit einer umstrittenen Biografie über Paulo Coelho.
Chico Buarque: Worte, die klingen
Komponieren reicht nicht. Sprachgenie Chico Buarque de Hollanda ist in Brasilien nicht nur als Musiker und Sänger, sondern auch als Autor und Intellektueller bekannt. Seine gesellschaftskritischen Romane sind auch ins Deutsche übersetzt worden, darunter die Klassiker "Der Gejagte" (1994) und "Budapest" (2010). In diesem Jahr ist sein neuester Roman "Vergossene Milch" auf Deutsch erschienen.
João Ubaldo Ribeiro: Liebeserklärung an Berlin
Von der Sklavenhütte bis zum bewachten Wohlstandsghetto: João Ubaldo Ribeiro taucht ein in Brasiliens Geschichte und Gegensätze. Der 1941 in Bahia geborene Schriftsteller schaffte seinen Durchbruch 1971 mit dem politischen Roman "Sargento Getúlio". In Deutschland wurde der wortgewaltige, zuweilen surreale Autor bekannt mit seinen Glossen über Berlin nach dem Mauerfall ("Ein Brasilianer in Berlin")
Clarice Lispector: Rebellion zwischen den Zeilen
Nicht nur ihr literarisches Werk war rebellisch, sondern auch sie selbst. Clarice Lispectors (1920 -1977) sozialkritischer Roman "Nahe dem wilden Herzen" erregte 1944 unter dem damaligen Diktator Getúlio Vargas öffentliches Aufsehen. In ihrem Werk beschreibt sie die seelischen Abgründe hinter der Fassade des Alltags. Die "New York Times" bezeichnete Lispector 2005 als Franz Kafka Lateinamerikas.
Jorge Amado: Kleine Leute, große Geschichten
Kakao, Karneval und Klischees: Jorge Amado (1912 - 2001) beschreibt das pralle Leben Brasiliens mit seinen Höhen und Tiefen. Straßenkinder und Prostituierte sind seine Helden, er dringt tief ein in die brasilianische Seele. Sein Werk wurde in 49 Sprachen übersetzt, viele seiner Bücher verfilmt. Als ehemaliger Abgeordneter der kommunistischen Partei verbrachte Amado lange Jahre im Exil in Paris.
Guimarães Rosa: Neues aus dem wilden Nordosten
Eigentlich diente er den brasilianischen Streitkräften als Arzt und Diplomat. Doch nach dem Erscheinen des Epos "Grande Sertão" 1956 wurde João Guimarães Rosa (1908 - 1967) zum bekanntesten Schriftsteller seiner Heimat. Sein Roman über das wilde Leben im versteppten Hochland des Nordostens gilt als Gegenstück zu "Ulysses" (James Joyce). Die deutsche Übersetzung des Klassikers erschien 1964.
Machado de Assis: Grandseigneur der brasilianischen Literatur
Noch immer gilt Joaquim Maria Machado de Assis (1839 - 1908) als wichtigste Figur der brasilianischen Literatur. Sein literarisches Vermächtnis offenbart ihn als liebenswerten Spötter, brillianten Erzähler und kritischen Zeitgenossen. Der Klassiker "Dom Casmurro" über die heimliche Liebe eines angehenden Priesters aus dem Jahr 1899 erscheint nun zur Buchmesse in einer neuen deutschen Übersetzung.