Die Kulturschaffenden des Jahres
Von Meryl Streep über Wonder Woman bis hin zu Harvey Weinstein. Wir zeigen, wer den Kulturbetrieb 2017 geprägt hat - im Positiven wie im Negativen.
Meryl Streep
Für ihre Rolle der schief singenden Florence Foster Jenkins erhielt sie trotz Oscar-Nominierung durchwachsene Kritiken, dafür trumpfte Streep bei der Golden-Globe-Verleihung im Januar groß auf - oder besser: Sie trumpte groß auf. Ohne seinen Namen zu nennen, kritisierte sie das rüpelhafte Auftreten des frisch gewählten US-Präsidenten und dessen Ankündigung, illegale Einwanderer auszuweisen.
Jimmy Kimmel
Mit seiner Late-Night-Show "Jimmy Kimmel Live!" führt der Comedian in den USA quasi eine außerparlamentarische Opposition an. Über die Waffengesetze sprach er nach dem Amoklauf in seiner Heimatstadt Las Vegas mit gebrochener Stimme und Tränen in den Augen. Er macht Präsident Trump nicht lächerlich, sondern stellt ihn mit Fakten bloß - ebenso wie seine Kollegen Stephen Colbert und Trevor Noah.
Tom Tykwer
Seit Jahren liefern Amerikaner und Briten Serienqualität am Fließband ab, während das Format in Deutschland recht verhalten bedient wird. Tom Tykwer hat das mit "Babylon Berlin" in diesem Jahr geändert. Die nächsten beiden Staffeln der Geschichte über den Hedonismus in der Weimarer Republik sind schon beauftragt. Läuft bei Tykwer, der 2018 auch noch Jurypräsident der Berlinale sein wird.
Rose McGowan
Sie ist eines der Gesichter der Sexismusdebatte: Die 44-Jährige schilderte umfassend, wie der US-Produzent Harvey Weinstein sie jahrelang sexuell missbraucht und seine Macht in Hollywood ausgenutzt hat. Auch eine Vergewaltigung wirft sie Weinstein vor. Die Liste der Frauen, die in der Folge angaben, von ihm genötigt oder belästigt worden zu sein, umfasst knapp 90 Prominente und Angestellte.
Harvey Weinstein
Salma Hayek nannte ihn ein "Monster", Uma Thurman twitterte, Weinstein verdiene nicht einmal eine Kugel. Der Mogul flog aus seiner Firma und der Oscar-Akademie, die Behörden ermitteln in mehreren Fällen gegen ihn, auch wegen Vergewaltigung. Das Perfide an der Geschichte: Sein jahrzehntelanges Gebaren war in Hollywood ein offenes Geheimnis, es kursierten sogar Witze darüber.
Ronan Farrow
Der Spross von Woody Allen und Mia Farrow hat mit seinen Recherchen für den "New Yorker" zur Enthüllung des Falls Weinstein beigetragen und damit eine weltweite Debatte ausgelöst. Schulabschluss mit 11, College mit 15, Jura in Yale, danach Sonderberater der Obama-Regierung - Ronan ist ein Wunderkind. Mit seinem Vater, dem früher auch sexuelle Übergriffe vorgeworfen wurden, spricht er kein Wort.
Kevin Spacey
Auch die Karriere des zweifachen Oscar-Preisträgers steht vor dem Aus, seit im Fahrwasser von #MeeToo mehrere männliche Kollegen von sexuellen Übergriffen berichteten. Bei "House of Cards" flog er deshalb raus, Regisseur Ridley Scott schnitt ihn aus einem Film. Spacey outete sich als schwul, als sei das eine Rechtfertigung für sein Verhalten.
Ariana Grande
Nach ihrem Auftritt in Manchester sprengte sich am 22. Mai ein Selbstmordattentäter im Foyer der Konzerthalle in die Luft und tötete 22 Menschen. Am 4. Juni kehrte Grande zurück - und brachte Justin Bieber, Pharrell, Coldplay, Katy Perry und Robbie Williams mit. Die Einnahmen des von ihr initiierten Benefizkonzerts "One Love Manchester" gingen an einen Nothilfefonds für die Opfer des Anschlags.
Salvador Sobral
Im Mai gewann der Jazz-Sänger mit "Amar Pelos Dois" erstmals für Portugal den Eurovision Song Contest. Wie angeschlagen seine Gesundheit war, wurde erst später klar: Im Herbst wurde Sobral an ein künstliches Herz angeschlossen und wartete auf ein Spenderherz. Mitte Dezember war es so weit, Ärzte transplantierten ihm ein Spenderorgan und sind zuversichtlich, dass er vollkommen gesund wird.
Wonder Woman
Ja, das israelische Ex-Model Gal Gadot trägt in der Rolle der Wonder Woman ein knappes Outfit und rasierte Achseln. Trotzdem zeigt die diesjährige Comicverfilmung der Regisseurin Patty Jenkins eine starke Persönlichkeit, die alle Kassenrekorde gebrochen und nebenbei eine Diskussion über Feminismus angestoßen hat.
Martin Luther
500 Jahre Reformation bescherten den Deutschen dieses Jahr einen landesweiten Feiertag. "Hier stehe ich, ich kann nicht anders" ist ein überlieferter Satz, der symbolisch für Luthers Überzeugungen gilt - zu denen übrigens auch eine ausgeprägte Intoleranz gegenüber anderen Religionen gehörte: So schlug Luther vor, Synagogen in Brand zu setzen. Für ihn spricht sein Einfluss auf die deutsche Sprache.
Oksana Lyniv
Die ukrainische Dirigentin ist eine der erfolgreichsten Frauen am Pult. Sie war stellvertretende Chefdirigentin an der Nationaloper Odessa, ehe Kirill Petrenko sie 2013 an der Bayerischen Staatsoper zu seiner Assistentin machte. In ihrer Heimat gründete sie das Nationale Jugendorchester. Seit September ist sie Chefdirigentin der Grazer Oper und des Grazer Philharmonischen Orchesters.
Deniz Yücel
Seit Februar sitzt der Journalist in Haft - davon viele Monate ohne offizielle Begründung. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte setzte der türkischen Regierung eine Frist zur Stellungnahme. Inzwischen lautet der Vorwurf: Terrorpropaganda. Yücel ist zum Symbol für die Willkür der Erdogan-Regierung geworden. Als Zeichen für die Pressefreiheit erhielt er den Theodor-Wolff-Preis.
Anne Imhof
In so einem Fall sagt man wohl: Es war ihr Jahr! Die deutsche Performancekünstlerin erhielt den Goldenen Löwen für den besten nationalen Beitrag auf der Kunstbiennale in Venedig, das Kunstmagazin "Monopol" kürte sie zur wichtigsten Akteurin der Kunstwelt 2017, beim "Kunstkompass" führte sie das Ranking "Stars von morgen" an. Da kann man schon mal ins neue Jahr hineinjubeln.