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Die Flüchtlingsberater

Karin Jäger20. Juni 2013

Flüchtlinge erhoffen sich in Deutschland Frieden und Arbeit. Doch in der Realität erweist sich das Leben für Asylbewerber als schwierig. Organisationen wie die Diakonie helfen im Umgang mit Behörden und im Alltag.

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(v.li.) Abdoulaye Amadou, Daniela Bröhl, Klaudia Dolk, Flüchtlingsberater der Diakonie Düsseldorf. Foto: DW/Karin Jäger 05.06.2013
Bild: DW/K. Jäger

"Flucht ist kein Verbrechen", sagt Abdoulaye Amadou (großes Bild li.), "viele Menschen machen sich einfach auf den Weg, um ihr Leben zu retten." Auch Amadou erkannte, dass er in Niger keine Zukunft haben würde. Er hatte Glück, sein Onkel schenkte ihm 2001 ein Ticket für eine Schiffsreise. So kam er nach Hamburg. Für den jungen Mann war es ein Nirgendwo. Und bald erfuhr er, was es heißt, nicht wohlwollend aufgenommen zu werden. Als Asylbewerber in Deutschland durfte er nicht leben, wo er wollte, er durfte sich nur in einem vorgegebenen Bezirk frei bewegen, und es war nicht erlaubt, eine Arbeit aufzunehmen. Karola Dolk (großes Bild re.) ist mit solchen Problemen vertraut: "Es gibt systematische Ausgrenzungen von Flüchtlingen in Deutschland", beklagt die Juristin der Diakonie Düsseldorf. "Die Asylunterkünfte liegen oft an der Peripherie, in ehemaligen Kasernen, am Waldrand. Die Menschen bekommen keinen Kontakt zu Deutschen und können die Sprache nicht lernen."

Auch Abdoulaye Amadou hat all das erlebt. War anfangs zum Warten verurteilt, zum ewigen Warten, dazwischen: aufstehen, essen, schlafen. Für ihn war das eine schockierende Zeit: "Das ist kein Leben. Viele Flüchtlinge werden dadurch krank. Man fühlt sich behandelt wie ein Verbrecher, und das tut weh." Doch Amadou biss sich durch. Er absolvierte eine Ausbildung zum Sprach- und Integrationsmittler, um bei kulturell bedingten Verständnisschwierigkeiten zu vermitteln und zu übersetzen.

Mittlerweile gehört der 38 Jahre alte Mann zum Betreuerstab für Flüchtlinge der Diakonie, dem Wohlfahrtsverband der evangelischen Kirche. Er sei Muslim, aber die Religionszugehörigkeit spiele keine Rolle. Vielmehr zitiert er aus dem Grundgesetz: "Die Würde des Menschen ist unantastbar, heißt es, aber mit den Menschen wird nicht würdevoll und mit Wertschätzung umgegangen." Eine seiner Hauptaufgaben sei es zunächst, die Ankömmlinge spüren zu lassen, dass da jemand bereit sei, mit ihnen den schwierigen Weg zu gehen.

"Diversity Management" als Schüsselkompetenz

Daniela Bröhl (großes Bild Mitte) nickt zustimmend. Sie leitet die Abteilung "Integration, Migration und Flucht" bei der Diakonie Düsseldorf. Sie sagt, sie habe Abdoulaye Amadou nicht nach seiner Herkunft, sondern wegen seiner Kompetenz ausgesucht. Damit meint sie Eigenschaften wie Offenheit, Aufgeschlossenheit, Einfühlungsvermögen und Nächstenliebe. Amadou spricht darüber hinaus fünf Sprachen. Andere Mitarbeiter wie Karola Dolk verfügen über Kompetenz in Rechtsfragen. Alle beherrschen sie das "Diversity Management", die Fähigkeit, die soziale Vielfalt der Menschen konstruktiv zu fördern und zu nutzen. Trotz der schwierigen Schicksale der Menschen sei die Arbeit wunderbar", sagt Daniela Bröhl, die mit ihren Mitarbeitern allein in Düsseldorf 900 Flüchtlinge begleitet.

"Die sind nach Deutschland gekommen, um zu bleiben. Aber wenn sie Asyl beantragen, ist ihnen erst einmal nur der Aufenthalt gestattet", erklärt Karola Dolk das Prozedere. "Das dauert viele Monate, manchmal Jahre. In dieser Zeit können die Flüchtlinge keine Zukunftsperspektive entwickeln." Aufgabe der Flüchtlingsberater sei es, den Aufenthaltsstatus der Asylbewerber zu sichern, da die Menschen erst dann überhaupt zur Ruhe kämen.

Aufnahmeantrag für Asylbewerber in der Erstanlaufstelle für Asylbewerber in Dortmund. Foto: Karin Jäger/ DW, 20.01.2013
Typisch deutsch: Formulare, Anträge, StempelBild: DW/Karin Jäger

Flüchtlingsberater wie Don Quichote: Kampf gegen Windmühlen

Oft herrsche die Meinung vor, bei den Asylbewerbern handelt es sich oft eher um Wirtschaftsflüchtlinge als um politisch Verfolgte. Dem widerspricht Karola Dolk. "Das Argument ist mir nicht neu, aber das kann man so pauschal nicht behaupten. Wenn man sich aber wirklich mit den Flüchtlingen beschäftigt, dann erfährt man Hintergründe, die zum Teil ganz übel sind. Das wird aber nicht sofort gesagt."

Weil so viele Flüchtlinge hierher kommen, würden die Anhörungen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) unter Druck und Stress durchgeführt, sagt Klaudia Dolk, mit der Folge, dass Asylanträge oft abgelehnt würden. Zur Zeit betreut sie einen jungen Somalier, der seit 2008 auf der Flucht ist und in der Europäischen Union hin und hergeschoben werde. Er habe seine ganze Jugend verloren, sei psychisch schwer belastet. Dieser Somalier sei dringend therapiebedürftig, da sein Aufenthaltsstatus aber auch jetzt nicht gesichert sei, könne er nicht beginnen, in einer Psychotherapie seine Vergangenheit aufzuarbeiten.

Die Diakonie arbeitet eng mit dem Psychosozialen Zentrum und der LVR-Klinik in Düsseldorf zusammen. Hier erhalten die Flüchtlinge Hilfe, die an der sozialen Isolation leiden oder Integrations- und Anpassungsschwierigkeiten haben.

Traumatisierte Menschen sträuben sich jedoch mitunter gegen eine Therapie. "Flüchtlinge aus Tschetschenien zum Beispiel oder Russland fürchten, in einer Anstalt zu landen, aus der sie nicht rauskommen", erzählt Klaudia Dolk. Menschen aus diesen Regionen seien auch oft misstrauisch ihren eigenen Landsleuten gegenüber, die als Dolmetscher eingesetzt werden, weil sie befürchten, von diesen bespitzelt und verraten zu werden.

Und mit der Bürokratie des Rechtsstaates Deutschland seien die Flüchtlinge völlig überfordert, stellt Klaudia Dolk immer wieder fest. Überall müssen Anträge gestellt, Formulare ausgefüllt werden, beim Sozialamt, der Ausländerbehörde, bei Krankheit. Halten sie sich nicht daran, aus welchen Gründen auch immer, wirke sich das nachteilig auf das Asylverfahren aus, sagt die Juristin.

Fokus auf Kinder und Jugendliche

Kinder lernen oft schneller Deutsch als ihre Eltern, deshalb müssen die Kleinen häufig bei Ausländerbehörden oder beim Frauenarzt übersetzen. Und die Asylunterkünfte seien auch nicht kindgerecht eingerichtet, wirft Daniela Bröhl ein: "Wir sorgen mit Ehrenamtlichen dafür, dass sie spielen und Kind sein können - wenigstens für ein paar Stunden pro Woche."

Eine Asylbewerberin trägt ein Kind auf dem Arm. 20.01.2013; Copyright: DW/K. Jäger
Nicht alle Flüchtlinge dürfen dauerhaft in Deutschland bleibenBild: DW/K. Jäger

Ziel der Diakonie-Mitarbeiter ist es, die Menschen zu stärken, ihnen Selbstvertrauen zu vermitteln. Denn die Unterstützung durch die Flüchtlingsberater ist nicht für die Ewigkeit angelegt, sagt Daniela Bröhl: "Und es ist uns ganz wichtig, dass wir die Menschen unabhängig von uns machen, wenn das Wichtigste erledigt ist. Wir möchten sie dazu befähigen, ihre Wege selbstbestimmt zu gehen."

Das gilt auch für Flüchtlinge, deren Asylbegehren abgelehnt wurde und deren Weg zurückführt in ihr Herkunftsland.