Die Euro-Schmiede
16. November 2001Einmal wie Dagobert Duck in einem Münzberg baden. Ein Traum, der in der Krupp VDM-Münzwerkstatt wahr werden könnte. Denn in den Produktionshallen warten kistenweise Geldstücke auf ihren Abtransport nach ganz Europa. Das Einzige, was den sogenannten Rohlingen noch zum gültigen Zahlungsmittel fehlt, ist ihr Gesicht. Das bekommen sie erst in den zuständigen Prägeanstalten. Aber auch Blanko sind die Münzen sehr wertvoll, weiß Bodo Maug, Leiter des Geschäftsbereiches Münzen, bei der Krupp VDM: "Die Plättchen sind durchaus automatentauglich. Denn der Automat unterscheidet in der Regel nicht, ob da ein Bild drauf ist oder nicht."
Deshalb sind die Sicherheitsvorkehrungen im Betrieb auch sehr groß. Falls ein Arbeiter trotzdem mit Rohlingen in der Tasche erwischt werden sollte - und sei es nur ein Pfennig - droht ihm die fristlose Kündigung. Aber das sei bisher noch nicht vorgekommen, sagt Bodo Maug. Vielleicht liegt es daran, dass die Mitarbeiter sich kaum Gedanken um den Wert ihrer Produkte machen: "Für mich ist es eigentlich ganz normales Material. Es ist für mich irgendwie kein Geld", sagt eine Mitarbeiterin.
Den Auftrag für die Euro-Produktion hat der Betrieb über eine öffentliche Ausschreibung bekommen. Jede zehnte Euromünze wird nun im Sauerland hergestellt. Täglich verlassen Rohlinge im Werte von etwa 20 Millionen Mark das Werk.
Zuerst werden aus gewalzten Metallplatten in großer Geschwindigkeit die Rohlinge gestanzt. Da im Sauerland alle acht Münz-Größen des Euro hergestellt werden - von der Ein-Cent-Münze bis zum Zwei-Euro-Stück - unterscheiden sich die weiteren Arbeitsvorgänge. Denn im Gegensatz zu den D-Mark-Stücken bestehen die Ein- und Zwei-Euro-Münzen wegen der größeren Fälschungssicherheit aus zwei Teilen. Die Pille, so wird der Münzkern genannt, und der andersfarbige Ring: "Was Sie hier sehen, ist das sogenannte Rändeln. Das heißt, es wird ein Rand vorgestaucht für die spätere Produktion der Münze."
Ring und Kern werden dann in einem weiteren Produktionsschritt zusammengefügt. Damit die Prägeanstalten Münzen erhalten, die für den Prägevorgang weich genug sind, werden die Rohlinge zum sogenannte Glühen in den Ofen gesteckt und danach wieder abgekühlt.
Derartig aufgeweicht haben sich die Euro-Münzen ein erfrischendes Bad verdient. In der Waschmaschine werden die Rohlinge fein rausgeputzt. Allerdings riecht die Tinktur, in die die Metallplättchen getaucht werden, nicht gerade einladend, gibt Fertigungsleiter Thomas Kebikus zu: "Das ist wohl wahr, weil wir hier verschiedene Beitzprozesse sehen. Hier werden die Münzen praktisch gewaschen, wie wir es nennen. Dies ist eine Fliehkraftanlage, in der wir die Münzen mit Gleitkörpern glänzend machen und gleichzeitig beitzen."
Noch kurz in den Trockner, und dann werden die Münzplättchen zum letzten Mal getestet. In der Prüfanlage untersuchen drei Digitalkameras die Euro-Münzen nach Kratzern oder anderen Unregelmäßigkeiten.
Für einige der Rohlinge bedeutet das: Aus der Traum, einmal in einem europäischen Portmonee zu landen. Die anderen werden maschinell abgezählt. In der weitläufigen Abfertigungshalle stehen Hunderte von Säcken, Kisten und anderen Behältern, randvoll mit Bronze, Silber oder goldglänzenden Metallplättchen. Da kann der Laie schon einmal durcheinander kommen. Der Fachmann aber nicht, erklärt Thomas Kebikus:
"Die Gefahr besteht natürlich, da wir ein Identifikationssystem haben. Sie sehen, auf jedem Wagen liegen entsprechende Karten, so genannte Auflegekarten, wie wir sie nennen. Die also ganz klar den Inhalt eindeutig bestimmen."
Gut verpackt und versiegelt kann schließlich die Reise ins betreffende Euroland losgehen. Auch dabei wird Sicherheit groß geschrieben. Denn, so sagt Thomas Kebikus, mit Blick auf eine versandbereite Kiste: "Der Wert dürfte sich bei ungefähr 100.000 Euro bewegen."