Die Bachelors: Wissenschaft nimmt Datingshows unter die Lupe
Veröffentlicht 6. Februar 2024Zuletzt aktualisiert 20. März 2024Eine neue Staffel "Der Bachelor“. Mal wieder. Obwohl: Diesmal sind es sogar ZWEI Bachelors in einer Sendung, die sich in der neuesten Ausgabe der Datingshow auf die Suche nach der Liebe ihres Lebens begeben.
Und wieder stellt sich die Frage, wer die letzte Rose bekommt. Die Bachelors werden es wissen, vielleicht die Produzenten und - die Biologie.
"The Bachelor" ist seit der Produktion der ersten US-Staffel im Jahr 2002 ein Erfolgsformat - egal ob mit Bachelor oder Bachelorette als Protagonist bzw. Protagonistin.
2023 startete in den USA die 27. Staffel der Sendung, in Deutschland sind wir derzeit bei der 14. Ausgabe. Doch auch international wird man der Bachelors und Bacherlorettes nicht müde: Kanada, Australien, Neuseeland, Großbritannien, Japan, Vietnam, Schweiz, Finnland, Norwegen, Schweden, Rumänien, Russland, Ukraine, Frankreich, Polen, Israel - überall gab oder gibt es Junggesellen oder Jungesellinnen, die in dem Format ihr Glück suchen.
Partnerwahl: Der Bachelor als Studiengrundlage
Forschende des Instituts für Psychologie an der Universität Würzburg haben die TV-Show genauer unter die Lupe genommen und meinen, in dem Format Beweise für evolutionäre Theorien bei der Partnerwahl wiederzuerkennen. Sie gingen der Frage nach, wie der Beginn einer Beziehung und ihre Dauer vom Geschlecht der Person abhängt, die ihren gewünschten langfristigen Partner aus einem Pool potenzieller Kandidaten auswählt. Also: Wie sich der Mikrokosmos Bachelor/Bachlorette aufs echte Leben übertragen lässt. Die Forschung wurde in "Frontiers in Psychology" veröffentlicht.
Um die Frage zu beantworten, analysierten die Forschenden 169 Bachelor- und Bachelorette-Staffeln, die zwischen 2002 und 2021 in 23 Ländern ausgestrahlt worden waren. Die erforderlichen Daten entnahmen sie Wikipedia, Nachrichtenartikeln oder anderen Onlineressourcen. Wichtig waren unter anderem Alter und Geschlecht des Protagonisten bzw. der Protagonistin und des gewählten Partners oder der Partnerin. Berücksichtigt wurden auch die Anzahl der Teilnehmenden und der Beziehungsstatus bzw. die Länge der Beziehung nach der Sendung.
Das Ergebnis in Kürze: Wenn Frauen den Partner auswählten, kamen mehr Beziehungen zustande. Während die Männer in der Regel jüngere Partnerinnen wählten, entschieden sich Frauen für Partner, die näher an ihrem eigenen Alter lagen. Wenn es beim Bachelor oder bei der Bachelorette zu einer Beziehung kam, wurde die Dauernicht durch das Geschlecht des Protagonisten beeinflusst.
Evolutionstheorien im Reality-TV
Die Forschenden sehen in den Ergebnissen alte Theorien bestätigt, etwa evolutionäre Muster bei den Alterspräferenzen, wonach Männer durchweg jüngere - also vermeintlich fruchtbarere - Partnerinnen bevorzugten.
Oder etwa die Theorie der elterlichen Investition. Diese besagt, dass das Geschlecht mit der höheren Mindestinvestition in den Nachwuchs - in der Regel die Frau - bei der Partnerwahl eine größere Vorsicht an den Tag legt. Die minimale Investition des Mannes in die Nachkommen besteht aus ein paar Minuten Zeit für den Geschlechtsverkehr, die minimale Investition der Frau hingegen ist eine Schwangerschaft und das Großziehen des Nachwuchses.
Für die Frau ist es demnach von entscheidender Bedeutung, sicherzustellen, dass diese hohe Anfangsinvestition nicht umsonst getätigt wurde. Frauen bevorzugen nach diesem evolutionspsychologischen Ansatz Partner, die Macht, Status und Ressourcen, wie Vermögen, besitzen, also Voraussetzungen, die für das Aufziehen der Nachkommen nützlich sind. Na klar!
Ergebnisse nach Drehbuch?
Doch ist es wirklich so leicht und vor allem noch zeitgemäß? Die Schlussfolgerungen haben auch Schwächen, schreiben die Forschenden. Sie räumen unter anderem ein, dass Entscheidungen in den Sendungen bezüglich der Finalisten und Finalistinnen nicht von den Protagonisten selbst, sondern von den Produzenten getroffen sein könnten. Es geht um die ewige Frage der "scripted reality", einer vermeintlichen Wahrheit also mit fiktiven Elementen und Handlungen.
Auch die von den Forschenden analysierten Sendungen, also der Umfang der Stichproben, oder der Cast generell könnten das Ergebnis beeinflusst haben. So sind die teilnehmenden Frauen beim Bachelor laut Bachelordata primär zwischen 25 und 26 Jahren alt, also noch recht jung. Dem Bachelor bleibt keine andere Wahl als sich für eine solch jüngere Partnerin zu entscheiden. Die teilnehmenden Männer bei Bachelorette sind 29 bis 30 Jahre.
Auf der sozialen Nachrichtenseite "Reddit" wird die Studie oder vielmehr das Format "Bachelor" diskutiert, das nach Ansicht der Nutzenden auf hetero-patriarchalische Beziehungen ausgerichtet ist. Auch den Drang, menschliches Handeln mit der Evolution zu rechtfertigen, sehen Leser kritisch. So schreibtein User, der sich mit Evolutionsbiologie beschäftigt: "Ich sehe durchaus den theoretischen Wert der Übertragung von evolutionären Perspektiven auf die Erforschung des menschlichen Verhaltens, aber in der Praxis scheint es zu oft darauf hinauszulaufen, die Art und Weise, […] wie Menschen handeln, mit der Behauptung zu rechtfertigen, es sei alles biologisch angeboren." Dies sei in der heutigen Zeit, in der sich kulturelle Normen und Praktiken so schnell verbreiten, nicht mehr beweisbar.
Nichtsdestotrotz ein Happy End: Laut Studienautoren haben sich acht Prozent der Paare tatsächlich für eine Heirat entschieden.
Doch was fasziniert uns so am Bachelor?
Trotz der Kritik sind Dating-Shows wie der Bachelor oder Reality-TV allgemein nicht mehr aus der Fernsehlandschaft wegzudenken. Sie laufen zur Prime Time oder On-Demand - wann auch immer der Voyeurist in uns das Verlangen nach Flirts, Streitereien und Schadenfreude hat.