Die Böhms: Bildhauer der Baukunst
Phantasievoll, ideenreich, ästhetisch. So haben die Böhms Baugeschichte geschrieben - über Generationen! Eine Ausstellung in Stuttgart würdigt die Leistungen der Kölner Architektendynastie.
Wallfahrtsort - auch für Architekten
Scharfkantig, spitz, massiv: Wie ein kristallenes Gebirge ragt die Walllfahrtskirche "Maria Königin des Friedens" in den Himmel über Neviges bei Velbert. Gottfried Böhm hat sie geschaffen. Für seine eigenwilligen, skulpturalen Beton-, Stahl- und Glasbauten erhielt der heute 98-Jährige schon 1986 - als bisher einziger Deutscher - den Pritzker-Preis, den "Nobelpreis für Architekten".
Himmelsstürmer
Wie schon bei der Wallfahrtskirche in Neviges ist auch Gottfried Böhms Rathaus in Bensberg bei Köln eine begehbare und ganz aus Sichtbeton gegossene Skulptur. Erhaben ragt der bizarre Treppenhausturm auf. Böhms rhythmische Formensprache voller winkelreicher Ein-, Durch- und Ausblicke verleiht seinen Bauwerken eine oft berührende Direktheit.
Suche nach der Mitte
Das Ensemble in Bensberg ist ringförmig arrangiert. Wie bei vielen Entwürfen Gottfried Böhms gruppieren sich mehrere Gebäude burgartig um einen Platz mit einer Kirche. Auch das 1968 errichtete Bethanien Kinderdorf in Bergisch Gladbach-Refrath folgt diesem Muster.
Die Auster von Potsdam
Fünf Geschosse zählt das 2006 errichtete Hans Otto Theater in Postdam. In luftiger Geste recken sich die schalenförmig auskragenden Dächer zur Havel hin. Es dominiert ein Materialmix aus Beton, Glas und Stahl. Sogar einen denkmalgeschützten Gasometer hat Gottfried Böhm geschickt in den Baukörper integriert. Poetisches Bauen für einen Tempel der Muße.
Kirchenbauer der Adenauer-Ära
In Köln errichtete Gottfried Böhm 1947 seinen ersten eigenständigen Bau - die Kapelle "Madonna in den Trümmern". Ein Kleinod, das in den Ruinen der Marienkapelle von St. Kolumba in der Innenstadt errichtet wurde. Böhm heiratete die Architektin Elisabeth Haggenmüller. Aus der Ehe gingen vier Söhne hervor: Stephan, Peter und Paul setzen heute die Baumeistertradition fort. Markus Böhm ist Künstler.
Architektur-Gen im Blut
In der Ausstellung "Die Böhms - 100 Jahre Architektur" läuft auch der Dokumentarfilm "Die Böhms - Architektur einer Familie", der 2014 in die Kinos kam. Er beleuchtet das enge Verhältnis von Gottfried, Stephan, Peter und Paul Böhm. Gottfried Böhm (Bild), zeichnete schon als Kind im Büro seines Vaters Dominikus, ebenfalls ein Architekt, Kirchenfenster.
Strenge der Form
Peter Böhms Neubau der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) erstreckt sich entlang der Gabelsberger Straße, mitten im Münchener Kunstareal. Werkstätten, Technikräume und Studios liegen im monolithischen Betonsockel. Hinter der unscheinbaren, strengen Fassade aus Beton und Glas reifen nicht nur neue Filmtalente an. Auch das Staatliche Museum Ägyptischer Kunst zog hier ein.
Spannungsreiche Architektur
Ein prägnanter Rundbau hier, ein langgestreckter orthogonaler Riegel dort - zwischen den Gebäuden des neuen Führungs- und Schulungszentrums der Berufsfeuerwehr Köln liegt jede Menge Spannung. Stephan Böhm zeichnet sich für die Architektur verantwortlich. Als Spross der Böhmschen Architektendynastie hat er seine unternehmerischen Flügel bis nach China ausgestreckt.
Das unvollendete Gotteshaus
Majestätisch erhebt sich der Koloss aus Stahl und Beton, Glas und Holz über Köln. Doch es gab Streit um Deutschlands größte Moschee, geplant von Paul Böhm. Erst verzögerte politischer Streit den Bau, dann juristisches Gezänk. Mit Betsälen, Fachbibliothek, Büros und sogar einem Basar soll das muslimische Gotteshaus einmal kulturelles und geistliches Zentrum der Muslime in Deutschland werden.
Eine Familie künstlerischer Einzelgänger
Er gilt zweifellos als einer der wichtigsten Architekten Deutschlands. Als Sohn eines Kirchenbauers ist Gottfried Böhm heute Patriarch einer Architektendynastie. Doch längst treten die Söhne Stephan, Peter und Paul künstlerisch aus dem Schatten des berühmten Vaters. Prägende Figur der Architektenfamilie aber war eine Frau: die 2012 verstorbene Elisabeth Böhm.