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DFL: Mit Demut durch die Corona-Krise

Tobias Oelmaier
23. April 2020

Wann die Bundesliga-Saison fortgesetzt werden kann, ist unklar, aber zumindest hat die Deutsche Fußball Liga ein Konzept, wie es mit Geisterspielen weitergehen könnte. Das Überleben der Vereine ist zunächst gesichert.

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Coronavirus - DFL Christian Seifert
Bild: picture-alliance/dpa/A. Dedert

So demütig, so kleinlaut und so nachdenklich hat man selten einen Spitzenfunktionär des deutschen Profifußballs erlebt. Als DFL-Geschäftsführer Christian Seifert als Vertreter der 36 Profivereine die Presse über das Konzept zur Wiederaufnahme der Saison vorstellte, schien er sich der Machtlosigkeit seiner Interessengemeinschaft gegenüber der Corona-Pandemie durchaus bewusst.

"Wir wären bereit, wenn die Politik das Okay gibt", war die Kernaussage dessen, was die Vereinsvertreter zuvor per Videokonferenz besprochen hatten. "Wenn es der 9. Mai sein sollte, wären wir am 9. Mai bereit", sagte Seifert. Nichts war zu spüren von der üblichen Fußballer-Hybris, nach der es sich bei der Branche um eine auch in Krisenzeiten systemrelevante handele.

Liquidität gesichert bis Ende Juni

Im Gegenteil, der DFL-Chef wirkte fast flehentlich, als er darum warb, auf Basis des von einer Task Force aus medizinischen Experten um Nationalmannschaftsarzt Tim Meyer erstellten medizinische-hygienischen Konzepts um eine baldige Fortsetzung des Spielbetriebes warb. Und er machte gleichzeitig klar: "Wenn es uns nicht gelingt, ein solches Konzept zu präsentieren, dann ist das eben so, und dann wäre das auch zu akzeptieren", sagte Seifert. "Dann muss aber auch klar sein, dass wir auch in einigen Monaten nicht spielen werden. Denn die Argumente, die man heute gegen das Konzept vorbringen kann und die auch in den letzten Tagen und Wochen zu lesen waren, gelten mit großer Wahrscheinlichkeit auch noch in einigen Monaten."

Will heißen: Das, was man jetzt erarbeitet hat, ist das, was man leisten kann. Mehr geht nicht. Und dann würde es wirtschaftlich eng für einige Klubs. Mit den Partnern sei man so weit übereingekommen, dass die Liquidität der Liga bis zum 30.6. gesichert ist. Käme es aber zum Saisonabbruch, bedeute das eine Rückführung von Zahlungen und damit Liquiditätsengpässe für einige Vereine.

Keine Testengpässe

Das angesprochene Konzept besteht aus drei Säulen: Infektmonitoring, also Protokollierung bestehender oder vorher aufgetretener Infektionen, die Anpassung der Trainingsstätten und Stadien mit ansteckungsminimierenden Maßnahmen und regelmäßige Test unter Spielern und Betreuern.

Vor allem an den Tests - manche Berechnungen gehen von knapp 20.000 aus, hatten sich viele Kritiker gestört. Gab es doch Meldungen darüber, dass die Testkapazitäten in Deutschland auch schon so nicht ausreichten. Zuletzt zitierte dagegen die "Süddeutsche Zeitung" den Verband der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM), der berichtete, dass die bei ihm organisierten Labore in der vergangenen Woche Kapazitäten für 550 000 Tests gehabt hätten, aber nur 260 000 durchgeführt worden seien. Seifert sagte, dass die fünf Labors, mit denen die DFL eine Zusammenarbeit vereinbart haben, nach derzeitigem Stand ausschlössen, dass die Tests der Bundesligisten für einen Engpass sorgen könnten. Der Gesamtbedarf des Profifußballs betrage nicht einmal 0,4 Prozent der möglichen Anzahl. "Und wenn es doch einen Engpass geben sollte, dann steht der Fußball zurück, hört auf zu testen und zu spielen", sicherte Seifert zu.

Deutschland Symbolbild Corona-Test in München
Offenbar schöpfen die deutschen Labore ihre Kapazitäten für Corona-Tests derzeit noch nicht vollständig ausBild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

Im und um die Stadien dürften bei den von der DFL geplanten Geisterspielen insgesamt jeweils maximal 322 Personen: 98 im Innenraum, also Spieler, Betreuer, TV-Mitarbeiter, 115 im Tribünenbereich, überwiegend Journalisten und bis zu 109 außerhalb des Stadions, zum Beispiel Ordner oder die Feuerwehr.

Keine Alternative zu Geisterspielen

Seifert unterstrich die Wichtigkeit von Zuschauern im Stadion, bat jedoch um Verständnis bei denen, die Geisterspiele eigentlich ablehnen und bat Fans darum, sich nicht in Stadionnähe zu versammeln, um das Projekt Saisonwiederaufnahme nicht zu gefährden. "Ich bitte alle um Unterstützung für Geisterspiele, denn es ist die einzige Möglichkeit".

Die Ligen planen derzeit noch, die Saison bis zum 30. Juni abzuschließen, weil dann einige Spielerverträge auslaufen, so Seifert. "Wenn wir in den Juli reingehen, dann ist das mit den Vertragspartnern so besprochen". Eine Terminkollission mit den europäischen Wettbewerben erwartet der DFL-Boss nicht. Europa League und Champions League würden, wenn überhaupt, wegen der Auflagen zur Reisefreiheit erst im August zu Ende gespielt.

Ball liegt bei der Politik

Einen konkreten Termin nannte Seifert nicht. Die Entscheidung liege bei der Politik. Am kommenden Donnerstag werden sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder erneut per Videoschalte austauschen. Dann könnten weitere Lockerungen beschlossen werden, auch wenn Merkel heute bei ihrer Regierungserklärung zur Vorsicht mahnte.

Düsseldorf | Landesregierung NRW: Armin Laschet während Pressekonferenz
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet befürwortet eine Wiederaufnahme der Bundesliga-Saison mit "Geisterspielen"Bild: picture-alliance/dpa/Revierfoto

Jüngst hatten einige - vor allem Unionspolitiker - wie Gesundheitsminister Jens Spahn oder die Landeschefs von Bayern und Nordrhein-Westfalen, Markus Söder und Armin Laschet, eine Wiederaufnahme des Profifußballgeschehens ins Gespräch gebracht. Andere Politiker dagegen warnen vor den Risiken.

So ist der Fußball derzeit kleinlaut wie selten in den vergangenen Jahrzehnten. Wer hätte gedacht, dass Vertreter der deutschen Profifußballvereine einmal sagen würde: "Uns geht es nicht anders als anderen Unternehmen", man kämpfe für seine Interessen. Ähnlich wie "Frisöre und Restaurants". Wenn die baldige Wiederaufnahme des Spielbetriebes nicht gelänge, wenn das Gesundheitskonzept nicht angenommen würde, dann wäre die Bundesliga ein weiterer "Kollateralschaden der Corona-Krise".