DFL-Chef rechnet mit Bundesliga-Klubs ab
17. Januar 2018"Trotz des Sieges beim Confed Cup und bei der U21-EM war das Jahr 2017 ein Jahr der verpassten Chancen", sagte Seifert in Frankfurt am Main. "Es wurde in den internationalen Wettbewerben verpasst zu beweisen, dass die Bundesliga eine der stärksten Ligen der Welt ist." In seiner eindringlichen Rede warnte der Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL) vor Selbstgefälligkeit und Mittelmaß im deutschen Fußball - und legte sein Konzept für eine erfolgreiche Zukunft vor.
Seifert: "Wir brauchen Leuchttürme"
Ausgangspunkt von Seiferts Kritik war die miserable Bilanz der Bundesliga-Klubs in der Champions League und Europa League. Außer dem FC Bayern München sei im Moment kein anderer Bundesligist international wettbewerbsfähig. Nach Ansicht des DFL-Geschäftsführers muss sich der "gesamte deutsche Fußball zur Spitze" bekennen. "Von daher muss es auch der Anspruch der Bundesliga sein, im Wettbewerb der besten Ligen der Welt zu bestehen", sagte der 48-Jährige.
Seifert sieht dabei vor allem die Topklubs in der Pflicht und warnt vor zu viel Gleichmacherei. Nur so könnten auch künftig hohe Einnahmen generiert werden. "Wir brauchen Leuchttürme - und wir müssen uns zu ihnen bekennen", sagte Seifert. "Nur wenn die Qualität an der Spitze der Bundesliga anerkannt ist, wird sie auch so honoriert, und dann profitieren alle anderen - die gesamte Bundesliga, die 2. Liga und die Amateurbasis."
Seifert warnt vor Mittelmäßigkeit
An die Chefetagen der Vereine hatte Seifert eine eindeutige Botschaft: "Wer heute glaubt, den Status quo verwalten zu können, wird mittelfristig scheitern", sagte er und mahnte: "Wer internationale Zweitklassigkeit nicht so schlimm findet, wird sich schneller als manche denken in der internationalen Bedeutungslosigkeit wiederfinden." Mit allen Konsequenzen für die Nationalmannschaft, die Sponsoreneinnahmen oder die Zuschauerzahlen der Liga.
Konkret fordert der DFL-Boss eine nationale Liga, "die dauerhaft eine intakte Spitze aus mehreren Klubs hat, die europaweit mithalten können und die sich national einen spannenden Wettbewerb liefern". Dass dies im Moment nicht der Fall sei, könne man allein aufgrund der Voraussetzungen in diesem Land nicht akzeptieren.
"Deutschland ist die größte Volkswirtschaft Europas. Der DFB ist der größte Fußball-Verband der Welt. Wir sind Weltmeister: Mit diesen Voraussetzungen kann es niemals unser Anspruch sein, sich mit Mittelmaß zufrieden zu geben", so Seifert. "Der Anspruch der Bundesliga kann nur der sein, den alle auch an die Nationalmannschaft stellen: Weltklasse!" DFB-Teammanager Oliver Bierhoff sprang dem DFL-Chef sofort bei. "Ich fand die Rede knackig auf den Punkt und stimmig. Ich kann ihm nur zustimmen", sagte er.
"Ehrliche Debatte" über die Macht des Geldes
Was Seifert konkret von den Vereinen fordert, wird vor allem manchen Fans und Traditionalisten nicht gefallen. Denn er sprach sich in seiner Grundsatzrede für ein Bekenntnis zur Kommerzialisierung, für eine "ehrliche Debatte" über die Macht des Geldes im Fußball und zumindest auch für eine Modifizierung der sogenannten 50+1-Regel aus, um im internationalen Wettbewerb mit englischen oder spanischen Klubs mithalten zu können.
"Wenn wir wettbewerbsfähig sein wollen, müssen wir uns zu einem gewissen Maß zum Kommerz bekennen", meinte der frühere MTV- und KarstadtQuelle-Manager. Die Explosion der Transfersummen im Fußball zu kritisieren, nannte er in Teilen heuchlerisch und oberflächlich. "Der Profi-Fußball in Deutschland hatte in den letzten Jahren großen wirtschaftlichen Erfolg. Er muss aufhören, sich für seinen Erfolg zu rechtfertigen."
Unterschiedliche Reaktionen
Die Vertreter der Bundesliga reagierten im Frankfurter Palais Thurn und Taxis unterschiedlich auf Seiferts Fundamentalkritik. Sportvorstand Christian Heidel vom FC Schalke 04 sprach von einer "spannenden und guten Rede." Auch über die Konkurrenzfähigkeit der Bundesliga-Vereine in den internationalen Wettbewerben sagte er: "Wir wollen das. Und ich bin mir sicher: Die anderen Vereine wollen das auch. Wir müssen das nur besser machen."
Sein Mainzer Kollege Rouven Schröder dagegen hält jede Kritik am Niveau der Liga für überzogen: "Die Bundesliga war noch nie langweilig. Und die Bundesliga wird nicht langweilig."
ww/asz (dpa, sid)