Investoren-Einstieg: DFL macht Weg frei
12. Dezember 2023Im zweiten Anlauf hat der deutsche Profifußball den Weg für den Einstieg eines Investors freigemacht. Bei der Versammlung der 36 Erst- und Zweitligisten am Montag in Frankfurt/Main ist die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit für Verhandlungen der Deutschen Fußball Liga (DFL) mit potenziellen Geldgebern gerade so zustande gekommen. Die benötigte Mehrheit hätte dabei nicht knapper ausfallen können: 24 Ja-Stimmen, zehn Nein-Stimmen, zwei Enthaltungen.
Der neue Plan sieht vor, bis maximal acht Prozent der Anteile einer DFL-Tochtergesellschaft, in welche die kompletten Medienrechte der Bundesliga ausgelagert werden, für 20 Jahre zu verkaufen. Dafür soll es zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Euro geben. Im Idealfall gehen 600 Millionen an die DFL-Zentralverwaltung zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells (Digitalisierung, Streamingplattform, usw.). 300 Millionen erhalten gemäß dem gültigen Verteilerschlüssel die Klubs, um die zunächst entstehenden Medien-Mindereinnahmen auszugleichen. Mit den restlichen 100 Millionen soll ein Vergütungssystem geschaffen werden, das die Klubs belohnt, die zu Werbezwecken ins Ausland reisen.
Kein Geld direkt an Klubs
Hauptunterschied zwischen dem ersten, abgelehnten und dem nun angenommen Entwurf ist die Verwendung des über Investoren eingenommenen Geldes. An die Klubs fließt nur der Ausgleich für die geringeren Medienerlöse. "Im Vergleich zum ersten Angebot im Mai fließt kein Geld direkt an die Klubs. Nahezu die Gesamtsumme fließt in die Weiterentwicklung der Bundesliga als mediales Produkt", erklärt Christoph Breuer von der Deutschen Sporthochschule gegenüber der DW.
"So wie der Investoreneinstieg nun verhandelt wird, dürften Potenziale überwiegen", schätzt der Sportökonom die Situation ein. "Die DFL muss im Wettbewerb mit anderen Ligen und Unterhaltungsformaten auf verändertes Mediennutzungsverhalten reagieren und erhält Kapital und vermutlich auch Knowhow für entsprechende Projekte." Eine Verschuldung sei nicht erforderlich, die Klubs müssten kurzfristig nicht auf Einnahmen verzichten und die Vermarktungsrechte für Namensrechte an der Liga blieben unangetastet. Auch die Einflussnahme auf sportfachliche Entscheidungen sei weiterhin verhindert, so Breuer.
Vier bis sechs Geldgeber, Risiko nur wirtschaftlicher Natur
Es soll vier bis sechs interessierte Geldgeber aus dem sogenannten "Private-Equity-Bereich" geben. Es handelt sich dabei um Kapitalbeteiligungsgesellschaften, die auf Beteiligungsformen spezialisiert sind. Der erste Versuch, einen Investor ins Boot zu holen, war vor rund einem halben Jahr gescheitert. Damals wurde die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit verfehlt. Der Plan sah vor, 12,5 Prozent der Anteile einer Tochtergesellschaft über 20 Jahre zu verkaufen. Zwei Milliarden Euro sollten erlöst werden. Das Modell war riskant, denn selbst bei einem moderaten Wachstum der Einnahmen (derzeit knapp 1,3 Milliarden pro Saison) wären 12,5 Prozent über zwei Jahrzehnte gesehen deutlich mehr als drei Milliarden gewesen - in Summe also erst einmal ein riesiges Verlustgeschäft.
"Das Risiko bleibt ein wirtschaftliches", sagt Christoph Breuer. "Gelingt es nicht, das Medienprodukt Bundesliga attraktiver zu machen und die Medienrechte teurer zu verkaufen, sind dennoch beträchtliche Teile der Medienerlöse an den Investor abzutreten. Den Klubs bliebe somit weniger Geld."
Rote Linien: Hoheitsrechte bleiben bei den Klubs
Vor der Abstimmung am Montag hatten die beiden DFL-Geschäftsführer Marc Lenz und Steffen Merkel die Klubs bei mehreren Gesprächsrunden über die Pläne informiert. Dabei wurden "rote Linien" gezogen. Hoheitsrechte sollen nicht abgegeben werden. Es soll keine "Mitbestimmungsrechte eines Partners in Bezug auf Pflichtspiele im Ausland, Anstoßzeiten oder im Bereich der Spielplanung" geben. Und: "Nach Ablauf der zeitlich begrenzten Minderheitsbeteiligung würden die lizenzierten Rechte automatisch an den DFL e.V. zurückfallen."
Dennoch gab es Kritik. Vor allem stellte sich die Frage, warum die Klubs die nötige Investitionssumme in Höhe von 600 Millionen Euro nicht aus eigenen Kräften bereitstellen können. Die DFL-Bosse sahen für die sogenannte "Binnenfinanzierung" aber keine Mehrheit. Einige Klubbosse hatten im Vorfeld erneut mit der Spaltung des Profifußballs gedroht, sollte die Zwei-Drittel-Mehrheit wieder verfehlt werden.
Kritik von Fans und Politik
Auf der anderen Seite hatten sich die Fangruppierungen in den letzten Monaten immer wieder klar gegen den Deal gestellt, beispielsweise mit Transparenten in den Stadien. Hauptkritikpunkt war dabei die Nicht-Einbeziehung der Fans in die Entscheidung. "Zentral für Unsere Kurve e.V. ist weiterhin die durch den Zeitplan deutlich erschwerte, zum Teil unmögliche, andernteils auch nicht gewollte Einbeziehung der Vereinsmitglieder", teilte das Fanbündnis Unsere Kurve am Montag vor Bekanntwerden der Entscheidung mit.
Aus Sicht des Bündnisses stellt das Vorgehen an den Mitgliedern der Vereine vorbei "einen beachtenswerten Bruch mit der einzigartigen Verfasstheit des deutschen Fußballs dar". Man sehe das Vorhaben deswegen kritisch und lehne es in Gänze ab, hieß es in der Mitteilung.
Auch aus der Politik gab es kritische Stimmen zum DFL-Beschluss. "Die Spitzenvertreter des deutschen Profifußballs haben nicht verstanden, dass ein auf Augenhöhe stattfindender Dialog mit den Fans essenziell ist", sagte der stellvertretende Sportausschuss-Vorsitzende des Bundestages, Philip Krämer: "Die DFL und die zustimmenden Vereine hätten die Fans im ganzen Prozess mehr berücksichtigen müssen." Nach Ansicht des Grünen-Politikers muss das "in der Zukunft institutionell demokratisch geschehen, beispielsweise durch einen Beirat".
Alternative Finanzierungsformen
Den Einstieg externer und mit Vetorecht bei wichtigen Entscheidungen ausgestatteter Investoren nennt Unsere Kurve einen fatalen Denkfehler. Dennoch sei die Thematik der zukünftigen Finanzierung des Profifußballs wichtig. "Wir teilen die Einschätzung einiger DFL-Mitglieder, dass andere Formen der Finanzierung diskutiert und ernsthaft erwogen werden müssen", schreibt das Bündnis und nimmt damit Bezug auf Vereine wie den 1. FC Köln oder den FC St. Pauli, die im Vorfeld öffentlich gemacht hatten, bei der Abstimmung mit "Nein" stimmen zu wollen und damit die Diskussion um alternative Finanzierungsmodelle mit angestoßen hatten.
"Insbesondere zwei Finanzierungsalternativen hätten zur Verfügung gestanden", sagt Christoph Breuer. Zum einen die Eigenfinanzierung, bei der durch Entnahme von aktuellen Medienerlösen mehr Geld und damit Investitionspotenzials bei der DFL verblieben wäre, "so dass weniger Medienerlöse an die Klubs weitergeleitet werden." Oder die Fremdfinanzierung "durch eine Kreditaufnahme bei Banken oder über Fananleihen bei Fans".