DFB-Präsident Grindel gegen Kollektivstrafen
16. August 2017"Der DFB empfiehlt seinem Kontrollausschuss, bis auf Weiteres darauf zu verzichten, Strafen zu beantragen, die unmittelbare Wirkung auf Fans haben, deren Beteiligung an Verstößen gegen die Stadionordnung nicht nachgewiesen ist", sagte DFB-Präsident Reinhard Grindel. In einer Stellungnahme rief der 55-Jährige zudem zum Dialog auf und mahnte die Ultras zum Gewaltverzicht.
Man wolle zeitweise keine Sanktionen wie Blocksperren, Teilausschlüsse oder "Geisterspiele" verhängen. Die Unabhängigkeit der DFB-Sportgerichtsbarkeit bleibe davon unberührt. "Wir haben verstanden", so Grindel, "dass es um mehr geht. Der Fußball in Deutschland steht auch für Stehplätze, faire Eintrittspreise und die 50+1-Regel. Der DFB meint es mit dem Angebot zum Dialog ernst."
DFL: "Richtiger Schritt"
Die Deutsche Fußball Liga (DFL) unterstützt Grindel. "Der deutsche Fußball kann stolz auf seine vielfältige Fußball-Kultur sein. Die Dialog-Initiative des DFB-Präsidenten an alle Fan-Gruppen ist daher der richtige Schritt, um neues Vertrauen zu bilden. Miteinander statt übereinander reden - das muss die Devise sein", heißt es in einer Stellungnahme der DFL.
Grindel sprach im Zusammenhang mit Fan-Aktionen der jüngeren Vergangenheit von "martialischen Aufmärschen, 'Kriegserklärungen' und menschenverachtenden Aktionen gegen Mannschaften und deren Fans", die ihn betroffen gemacht hätten. Gemeinsames Ziel von DFB und DFL solle nun sein, "im direkten Gespräch mit allen interessierten Fan-Gruppen wechselseitig Probleme zu benennen und nach Lösungen zu suchen". Die DFL werde sich dabei aktiv einbringen, betonten DFL-Präsident Reinhard Rauball und DFL-Geschäftsführer Christian Seifert.
Auch die Sportgerichtsbarkeit des DFB steht hinter Vorstoß des Verbands-Präsidenten. "Wir hatten intern intensive und teilweise kontroverse Diskussionen zu diesem Thema. Die Sportgerichtsbarkeit unterstützt im Ergebnis inhaltlich voll und ganz die Initiative des Präsidenten", sagte der Sportgerichts-Vorsitzende Hans E. Lorenz. "Das Ziel aller ist es, die Situation in den Stadien in den Griff zu bekommen. Allein mit repressiven Maßnahmen war das bisher nicht möglich."
Pyrotechnik erlauben?
Gleichzeitig gab es auch von Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius einen Vorschlag, der den Fans sehr entgegen käme. In einem "Sport Bild"-Interview regte der SPD-Politiker an, zumindest in bestimmten Bereichen der Stadien Pyrotechnik zuzulassen.
Dem erteilte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann direkt eine Absage: Es sei naiv zu glauben, das die Probleme mit gewaltbereiten Fußballchaoten auf diese Weise gelöst werden könnten. "Gerade erst haben Ultrabewegungen zum Krieg gegen den DFB aufgerufen. Jetzt gegenüber den gewaltbereiten Ultras die 'weiße Fahne' zu hissen, ist das absolut falsche Signal", so der CSU-Politiker.
asz/sw (sid, dpa)