DFB-Pokal: SC Freiburg greift nach dem Pokal
Der Sportclub war schon immer der "etwas andere Verein": In 22 Jahren Bundesliga gab es nur vier Trainer. Mit Volker Finke und Christian Streich sind zwei von ihnen Kultfiguren. Jetzt winkt der erste Titelgewinn.
Nur die Nummer zwei in der Stadt
Lange Zeit steht der 1914 gegründete Sportclub Freiburg im Schatten des größeren Vereins der Stadt: Der Freiburger FC ist 1907 deutscher Meister geworden und bis Ende der 1970er Jahre der erfolgreichere der beiden Klubs. Als ab 1978 beide, SC und FFC, gemeinsam in der 2. Liga spielen, erfolgt die Wachablösung.
Mitläufer in der 2. Liga
15 Jahre lang spielt der Sportclub ununterbrochen in der 2. Liga und ist spätestens nach dem Abstieg von Konkurrent Freiburger FC im Jahr 1982 die Nummer eins in Freiburg. Dreimal kann der Sportclub den Abstieg aus dem Profifußball nur knapp verhindern. Ansonsten bewegt sich der Klub am Ende der Zweitliga-Saison meist zwischen den Plätzen fünf und acht der Tabelle.
Wurzeln in Freiburg
Damals trägt ein geschmeidiger und technisch beschlagener Angreifer einige Jahre lang das Freiburger Trikot: Joachim Löw (r.). Der spätere Bundestrainer und Weltmeister kommt aus Schönau, einem Dorf rund 20 Kilometer südlich von Freiburg. Dreimal (1978-1980, 1982-1984, 1985-1989) schließt er sich dem Sportclub an und erlebt dort seine erfolgreichsten Zeiten als Profi.
Der "ewige" Präsident
Die Konstante beim SC Freiburg ist Achim Stocker. Von 1972 bis zu seinem Tod im Jahr 2009 ist er 1. Vorsitzender des SC. Eine Besonderheit: Stocker sieht sich die Spiele seines Vereins nie live an - weder im Stadion, noch im Fernsehen. Er ist einfach zu aufgeregt und will sein Herz schonen. Im Alter von 74 Jahren stirbt Achim Stocker - an den Folgen eines Herzinfarkts.
Absoluter Glücksgriff
Stocker ist auch für die Verpflichtung von Volker Finke (r.) verantwortlich. 1991 lotst er den studierten Lehrer - bis dato Trainer bei Zweitliga-Aufsteiger TSV Havelse - nach Freiburg. Was damals keiner ahnt: Gemeinsam mit Co-Trainer Achim Sarstedt (l.) wird Finke bis 2007 Cheftrainer beim SC bleiben und den Verein - sportlich und strukturell - grundlegend verändern.
Aufstieg in die Bundesliga
Unter Finke gelingt den Freiburgern schon im zweiten Jahr der Aufstieg in die Bundesliga. Der SC dominiert damals die 2. Liga, die wegen der Neusortierung nach dem Zusammenschluss von West- und Ost-Fußball mit 24 Vereinen spielt. Freiburg schießt in 46 Partien 102 Tore und steht an 39 Spieltagen an der Tabellenspitze.
Hattrick gegen die Bayern
Finkes Mannschaft hat im Oberhaus zunächst Startprobleme. Nach der Hinrunde ist der SC Zwölfter, startet dann aber mit einem 3:1-Sieg gegen den FC Bayern in die Rückrunde. Am Ende steht auch wegen dieser beiden gewonnenen Punkte der Klassenerhalt. Dreifacher Torschütze gegen die Bayern ist Uwe Wassmer (Foto). "Das hat mich in der Region Freiburg unsterblich gemacht", erinnert er sich später.
Die Breisgau-Brasilianer
1995 ist erneut der FC Bayern Opfer der Freiburger. Die damals von Giovanni Trapattoni trainierten Münchener gehen - neun Tage nach der legendären Pokalpleite bei Vestenbergsgreuth - in Freiburg mit 1:5 unter. "Breisgau-Brasilianer" werden die Freiburger wegen ihres spannenden Offensivstils genannt - dabei ist ihr einziger echter Südamerikaner mit Rodolfo Cardoso ein Argentinier.
Kultfigur im Strandkorb
Anders als andere Vereine hält der Sportclub auch in Krisenzeiten an seinem Trainer fest. Dreimal steigt Finke mit den Freiburgern in die Bundesliga auf (1993, 1998, 2003), aber dreimal auch wieder ab (1997, 2002, 2005). Zweimal erreicht man den UEFA-Pokal (1995, 2001) Die Heimspiele verfolgt Finke ab 2001 aus einem Strandkorb: ein Dank der Insel Langeoog für zehn Jahre Trainingslager des SC.
Der andere Verein
Anders ist auch die Vereinsphilosophie. Als erster Bundesligist versuchen die Freiburger Mitte der 1990er Jahre Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz umzusetzen - eine DNA, die sich bis heute hält. "Das waren damals keine Kuschelthemen", sagt SC-Marketingleiter Hanno Franke gegenüber der DW. Der SC hat als erster Verein eine Solaranlage auf dem Stadion und produziert seinen eigenen Öko-Strom.
Die Ära der "Willis"
Sportlich etabliert sich der SC immer fester in der Bundesliga: Nach dem ersten Abstieg wechselt 1997 der Georgier Alexander Iashvili (r.) nach Freiburg. Ihm folgen 1998 mit Levan Kobiashvili (l.) und Levan Tskitishvili zwei Landsleute nach. Die drei werden Publikumslieblinge. Da passt es, dass mit Tobias Willi damals auch ein deutscher Spieler den passenden Nachnamen hat.
Ende der Ära Finke nach 16 Jahren
Als der SC 2007 in der 2. Liga eine sportliche Krise erlebt, will der Vorstand Finke loswerden. Man ist sich nicht mehr grün, vieles hat sich angestaut. Robin Dutt wird zur nächsten Saison als Nachfolger verpflichtet. Doch plötzlich gewinnt Finke wieder und es regt sich Widerstand. Die Fan-Initiative "Wir sind Finke" kämpft um seinen Verbleib. Am Ende muss Finke aber trotzdem gehen - im Unfrieden.
Solide Arbeit
Finkes Nachfolger startet keine nächste Ära auf der Trainerbank. Robin Dutt bleibt "nur" vier Jahre in Freiburg. Er bringt den Sportclub in seinem zweiten Jahr zurück in die Bundesliga und etabliert ihn dort. Nachdem er die Saison 2010/2011 mit dem SC als Neunter abgeschlossen hat, folgt Dutt dem Ruf von Bayer Leverkusen, um dort Nachfolger von Jupp Heynckes zu werden.
Erste Trainerentlassung in der Bundesliga
Aus vier Jahren Dutt werden bei dessen Nachfolger Marcus Sorg (l.) nur ein paar Monate. Sportlich läuft es unter dem heutigen Co-Trainer des DFB-Teams überhaupt nicht. Man verliert beim FC Bayern mit 0:7, ist Ende der Hinrunde Letzter. Sorg muss gehen und wird durch seinen Co-Trainer Christian Streich ersetzt (r.). Es ist die erste Entlassung eines Freiburger Trainers in der Bundesliga.
Die nächste Kultfigur
Mittlerweile ist Christian Streich seit über zehn Jahren Cheftrainer in Freiburg - und ähnlich erfolgreich wie Volker Finke. 2015 steigt er mit dem SC ab, aber direkt wieder auf. Streich, ehemaliger Jugendtrainer der Freiburger, kommt mit seiner kauzigen Art gut an. Seine Pressekonferenzen in breitestem Dialekt sind Kult, seine Ansichten auch zu gesellschaftlichen und politischen Themen gefragt.
Starkes Team
Die sportliche Leitung des SC schafft es immer wieder, auch schmerzhafte Abgänge zu kompensieren. Es wächst ein Team heran, dass sich zuletzt nur selten Abstiegssorgen machen muss. Fast schafft es Freiburg in dieser Saison erstmals in die Champions League. Am Ende steht nach 2013 und 2017 zum dritten Mal unter Streich die Teilnahme an der Europa League. Außerdem winkt im Pokal der erste Titel.