Deutschland und USA kritisieren Türkei scharf
13. Oktober 2020"Druck, Drohungen, Einschüchterungen und militärische Aktivitäten lösen nicht die Spannungen im östlichen Mittelmeer", erklärte eine Sprecherin des US-Außenministeriums in Washington. "Wir fordern die Türkei auf, diese kalkulierten Provokationen zu beenden und sofort in Erkundungsgespräche mit Griechenland einzusteigen."
Maas hat Besuch in Ankara gestrichen
Hintergrund ist, dass die Türkei nach einem Monat Pause am Wochenende wieder ein Gas-Explorationsschiff in ein zwischen Ankara und Athen umstrittenes Seegebiet entsandt hat. Zudem ließ die Türkei die Eröffnung eines Strands für Touristen im türkisch besetzten Teil Zyperns zu. Türkische Truppen waren 1975 in den Norden Zyperns einmarschiert. Seither ist die Insel geteilt. Maas sagte, die Öffnung des Strandes sei ein "völlig unnötiger und provokativer Schritt".
Der deutsche Außenminister hat Ankara deshalb auf seiner Vermittlungsreise, die ihn zunächst nach Zypern führte, von seiner Route gestrichen. "Es liegt an der Türkei, Bedingungen für Gespräche zu schaffen", sagte Maas nach einem Treffen mit seinem zyprischen Kollegen Nikos Christodoulides und vor der Weiterreise nach Griechenland. Er habe sich "ganz bewusst" entschieden, nur nach Zypern und Griechenland zu reisen und nicht wie ursprünglich angedacht auch in die Türkei.
Auch Christodoulides kritisierte beide Entscheidungen scharf. Allerdings vermieden es beide Außenminister, neue EU-Sanktionen gegen die Türkei zu fordern. Maas verwies darauf, dass die EU der Türkei eine Frist bis Mitte Dezember gesetzt habe, um vertrauensvolle Schritte mit ihren westlichen Nachbarn zu starten. Bisher habe Ankara in dieser Richtung nichts unternommen. Innerhalb der EU hatten Zypern und Griechenland, aber auch Frankreich auf Sanktionen gegen die Türkei gedrängt, der zudem Einmischung in die Kriege in Libyen, Syrien und im Irak sowie in den Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan vorgeworfen wird.
Größe des Gasfeldes bleibt unklar
Der zyprische Außenminister sagte, der Umgang mit der Türkei werde Thema auf dem EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag werden. "Deutschland und die EU stehen solidarisch an der Seite Zyperns und an der Seite Griechenlands", betonte Maas. "Die Halbwertzeit von Zusagen muss länger als zwei Tage sein", fügte er mit Blick auf frühere Zusagen der Türkei für eine Deeskalation zu.
Nach einem Monat Pause hatte die Türkei das Explorationsschiff "Oruc Reis" in die Region südlich der griechischen Insel Kastellorizo entsandt, um seismische Messungen vorzunehmen. Das Schiff war vergangenen Monat im Vorfeld eines EU-Gipfels aus umstrittenen Gewässern abgezogen worden. In dem Gebiet werden Gasvorkommen vermutet, deren Größe allerdings umstritten ist.
nob/gri (rtr, afp)