Deutschland und Chile trennen sich torlos
15. Juni 2021Schöner Moment, als die deutschen Frauen das Spielfeld in Offenbach betraten! Das hatten sie lange nicht mehr gehört: Es waren die ausgelassene Zurufe ihrer Fans, die endlich wieder dabei sein durften.
Sinkende Covid-19-Fallzahlen auch im Bundesland Hessen ließen es zu, dass 750 Zuschauerinnen und Zuschauer den Weg ins Stadion am Bieberer Berg fanden. Zwei Tage zuvor hatte der Deutsche Fußball-Bund 1000 Freikarten für Fans angeboten. Es sollte das erste Mal seit Oktober 2019 sein, dass die Nationalelf der Frauen vor heimischem Publikum spielte.
Für Fußball-Fan Tim war es das lang ersehnte erste Spiel im Stadion seit Anfang der Pandemie. "Das ist das Beste, was es gibt", sagte er in der Halbzeitpause der DW. "Es gibt nichts Schöneres als Fußball mit Freunden bei gutem Wetter."
Strapaziöse Saison
Ein Sieg seiner Mannschaft hätte dem sonnigen Nachmittag die Krönung verliehen. Doch Deutschland konnte aus der Unterstützung der Fans keinen Nutzen ziehen. 0:0 endete die Partie und damit auch eine strapaziöse Saison, die ihren Tribut forderte: Wie schon vergangene Woche gegen Frankreich musste Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg viele verletzungsbedingte Wechsel vornehmen. Nur drei der Spielerinnen, die bei der Niederlage gegen die Französinnen auf dem Platz gestanden hatten, waren auch diesmal in der Startelf.
Glücklich zur Pause
Die positive Nachricht: Erneut hatte die Trainerin so die Chance, einige der eher unerfahrenen Spielerinnen im Kader in einem Testspiel zu beobachten. Doch die Unerfahrenheit der deutschen Mannschaft war von Anfang an zu sehen. Sowohl das Mittelfeld als auch die Verteidigung taten sich schwer, mit dem Druck der Chilenen klarzukommen. Oft sprang den Deutschen in gefährlichen Situation der Ball einfach weg. Vor allem Innenverteidigerin Sophia Kleinherne und Mittelfeldspielerin Sjoeke Nüsken, die mehrmals vor dem eigenen Tor viel zu lang am Ball trödelten, wurden vom Gegner als Schwachstellen ausgemacht. Die Deutschen konnten sich zur Pause glücklich schätzen, dass ihre wiederholten Fehler ungestraft blieben.
Während die deutsche Verteidigung in der zweiten Hälfte etwas zu sich kam, konnte die DFB-Elf nach vorne wenig Gefahr entwickeln. Echte Torchancen hatten Seltenheitswert. Auch die Frankfurterin Laura Freigang zeigte sich ungewohnt zögerlich im Strafraum der Gegnerinnen.
"Wir sind nie in unser Spiel 'reingekommen," sagte Voss-Tecklenburg nach dem Abpfiff. "Weil wir teilweise zu viele technische Fehler gemacht haben, weil wir zu statisch waren und Schwierigkeiten gegen einen engagierten Gegner hatten."
Parade in der Nachspielzeit
Die Deutschen fanden keinen Weg, das energiegeladene und gut organisierte Auftreten der chilenischen Mannschaft zu überwinden. Im deutschen Angriff wurde viel gewechselt, doch einzig Nicole Anyomi machte einen richtig schwungvollen Eindruck. Als Anyomi in der Nachspielzeit ein letztes Mal durchbrach, verhinderte die chilenische Torfrau Christiane Edler mit einer grandiosen Parade einen Treffer.
Gerhard und Ute Philipp auf der Tribüne ließen sich die Laune nicht verderben. Es war für sie das erste Fußballspiel im Stadion seit Juli 2020 und das erste Live-Erlebnis bei den DFB-Frauen überhaupt. "Wir freuen uns sehr, dass wir wieder live Fußball im Stadion sehen können," sagten sie der DW. Ihr Mann räumt ein, dass ihn die Leistung des deutschen Teams nicht vom Hocker gehauen habe. Er versuchte, es freundlich auszudrücken: "Das Spiel hat etwas sehr Sommerliches, es könnte schon etwas aggressiver zugehen", sagte er im Verlauf der Partie. Für die deutschen Spielerinnen fängt jetzt die Sommerpause an - danach können sie sich hoffentlich auch vor Zuschauern in besserer Form präsentieren.
Adaption: Thomas Gennoy