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Deutschland setzt weiter auf Diplomatie

Nina Werkhäuser14. Juni 2013

Die US-Regierung ist überzeugt, dass die syrische Armee Chemiewaffen eingesetzt hat. Sie will nun Waffen an die Rebellen liefern. Deutsche Politiker sind skeptisch.

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Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) - Foto: Kay Nietfeld (dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Wenn für die US-Regierung eine "rote Line" überschritten wurde, dann sind auch Verbündete wie Deutschland alarmiert. Der mutmaßliche Einsatz von Chemiewaffen durch die syrische Armee ist für US-Präsident Barack Obama eine solche "rote Linie". Die US-Geheimdienste sind davon überzeugt, dass die syrischen Streitkräfte mehrfach in kleinerem Umfang Kampfstoffe wie das Nervengift Sarin eingesetzt haben. Dabei seien schätzungsweise 100 bis 150 Menschen getötet worden. Als Konsequenz daraus will die US-Regierung die syrischen Rebellen mit Waffen unterstützen.

Die Bundesregierung reagierte zurückhaltend auf diese Ankündigung. "Wir nehmen die Entscheidung der USA mit Respekt zur Kenntnis", erklärte Andreas Peschke, Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin. Deutschland selbst werde keine Waffen nach Syrien liefern und habe auch keine eigenen Erkenntnisse über den Einsatz von Chemiewaffen. Wenige Tage vor dem Besuch von US-Präsident Barack Obama in Berlin drückte die Bundesregierung damit in diplomatischer Höflichkeit ihre Skepsis gegenüber Waffenlieferungen an die zersplitterten Rebellengruppen aus.

Mehr Waffen bringen keinen Frieden

Auch die Fachpolitiker aus den Parteien halten von Waffenlieferungen wenig. In dieser Situation dürfe man keinen Schnellschuss riskieren, sagte der CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder der Deutschen Welle. "Es ist ein schwerwiegender Vorwurf. Zunächst einmal halten wir uns zurück und schauen, welche Beweise tatsächlich vorgelegt werden." Deutschland werde keine Waffen nach Syrien liefern, betonte Mißfelder. "Es ist grundsätzlich so, dass wir in Krisengebiete keine Waffen exportieren." Außerdem gebe es nicht "die eine gute Opposition" in Syrien, an die die Unterstützung gezielt gerichtet werden könnte.

Grünen-Chefin Claudia Roth hält Waffenlieferungen an die syrischen Rebellen ebenfalls für falsch. "Ich bin davon überzeugt, dass der Einsatz von noch mehr Waffen noch mehr Eskalation bedeuten würde", sagte Roth der Deutschen Welle. Sie frage sich, an wen genau die USA die Waffen liefern wollten. "In der Zwischenzeit wurde die Opposition, wurden die Rebellen ganz stark unterwandert und sogar dominiert von salafistischen, terroristischen Kräften wie der Al-Nusra-Front und der syrischen Al Kaeda." Weitere Waffenlieferungen könnten die Ausdehnung des Konflikts auf die gesamte Region befördern.

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth - Foto: DW
Grünen-Vorsitzende Roth: "Mehr Waffen bedeuten mehr Eskalation"Bild: DW

"Ein Mangel an Diplomatie"

"Wir haben keinen Mangel an Waffen in der Region, sondern wir haben einen Mangel an Diplomatie", fasst der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich das Dilemma zusammen. Es bestehe die Gefahr, dass Syrien in unterschiedliche Regionen und Machtbereiche zerfalle. "Das kann uns überhaupt nicht kalt lassen, denn es ist in unserer unmittelbaren Nachbarschaft." Ein kleiner Hoffnungsschimmer sei die geplante internationale Syrien-Konferenz.

"Die Beweislage ist ganz, ganz dünn", kommentiert Jan van Aken, außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion und ehemaliger Biowaffeninspekteur bei den Vereinten Nationen. "Vor allem gibt es keinen Beweis dafür, dass ein möglicher Einsatz von Chemiewaffen von Assads Seite durchgeführt wurde." Seit der Warnung Obamas vor der "roten Linie" hätten auch die Rebellen ein Motiv dafür, einen Chemiewaffenangriff vorzutäuschen oder selbst auszulösen. Van Aken unterstellt der US-Regierung sogar, einen Kriegsgrund für Syrien zu konstruieren, ähnlich wie 2003 vor dem Irak-Krieg.

Eine Junge wird im Krankenhaus von Aleppo nach einem Chemiewaffeneinsatz behandelt. Regierung und Rebellen beschuldigen sich gegenseitig, in Syrien Chemiewaffen eingesetzt zu haben. Foto: REUTERS
Behandlung eines Chemiewaffenopfers in Syrien: Regierung und Rebellen beschuldigen sich gegenseitigBild: Reuters

Merkel hofft auf den Sicherheitsrat

Auch wenn alle diplomatischen Bemühungen den blutigen Bürgerkrieg bisher nicht beenden konnten, appellierte Bundeskanzlerin Angela Merkel an den UN-Sicherheitsrat, sich mit dem Thema zu befassen: "Ich hoffe, dass man im UN-Sicherheitsrat zu einer gemeinsamen Haltung kommen kann", sagte Merkel in einem Interview mit dem britischen Sender BBC. Der Sicherheitsrat war sich in der Syrien-Frage bisher stets uneins, da Russland das Assad-Regime unterstützt, auch mit Waffenlieferungen. Wenn die USA nun die Rebellen aufrüsten, so die Befürchtung in Berlin, könnte die Spirale der Gewalt sich noch schneller drehen als bisher.