"Deutschland hat massives Problem mit Hass"
10. März 2020Für Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gibt es keinen Zweifel mehr: "Deutschland hat ein massives Problem mit Hass und Gewalt." Es gebe ein Klima der Enthemmung, Herabsetzung und Hetze, das Rathäuser und Parlamente ebenso erreicht hat wie Schulhöfe und Internetforen, sagte Steimeier bei einer Diskussionsveranstaltung im sächsischen Zwickau über Angriffe gegen Kommunalpolitiker.
Aufstehen und laut werden
Er rief die Gesellschaft zum entschiedenen Eintreten gegen jede Art der Verrohung auf. Es brauche vor allem eines - so das Staatsoberhaupt - "unser klares Nein". Niemand dürfe mehr sagen, "das betrifft mich nicht". Und niemand dürfe mehr schweigen. Es gebe eine schweigende Mitte im Land, die friedlich zusammenleben wolle und Gewalt verurteile, aber zu lange ruhig gewesen sei. "Genau diese Mehrheit muss jetzt laut werden", forderte Steinmeier.
In dem Zusammenhang verwies er auf den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke Anfang Juni 2019, den Anschlag auf die Synagoge in Halle vom Oktober und den rassistischen Anschlag in Hanau vom Februar.
Der Bundespräsident besuchte anschließend noch den Gedenkort für die Opfer der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) in Zwickau. In der sächsischen Stadt, in der das NSU-Trio jahrelang lebte und seinen letzten Unterschlupf hatte, sind im vergangenen Jahr für alle Opfer Bäume gepflanzt und Gedenktafeln angebracht worden.
Laut einer Erhebung im Auftrag des ARD-Politikmagazins "Report München" sind 64 Prozent aller Bürgermeister in Deutschland bereits einmal in ihrem Amt beleidigt, beschimpft, bedroht oder angegriffen worden. Jeder zweite der Befragten gab an, schon mehrfach attackiert worden zu sein. Auch die Mitarbeiter der Kommunalverwaltungen sind Ziel von Übergriffen. Befragt wurden 2494 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, das entspricht einem Fünftel der Funktionsträger.
se/uh (afp, kna, epd, dpa)