Arbeiten in Deutschland
30. September 2016Deutsche Welle: In zahlreichen Medien in Albanien und auf dem Kosovo wurde gemeldet, dass in Deutschland 46.000 Arbeitsplätze für Arbeitskräfte aus Albanien bereit stehen. Stimmt das?
Kea Decker: Die Quelle der von Ihnen genannten Zahl ist die Internet-Seite Make it in Germany – das offizielle mehrsprachige Online-Portal für internationale Fachkräfte des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sowie der Bundesagentur für Arbeit. Bei der Zahl handelt es sich um die Summe aller auf Make it in Germany veröffentlichten Stellenangebote. Alle Stellenangebote auf der Seite wurden der Bundesagentur für Arbeit von den suchenden Unternehmen zur Besetzung mit Fachkräften aus dem Ausland gemeldet.
Make it in Germany richtet sich an qualifizierte Fachkräfte und Studien- beziehungsweise Ausbildungsinteressierte aus allen Ländern sowie an Personen, die in Deutschland forschen oder eine Existenz gründen möchten. Die von Ihnen genannte Meldung ist in der vorliegenden Form daher missverständlich: Das Angebot konzentriert sich auf qualifizierte Arbeitsinteressierte und richtet sich darüber hinaus nicht ausschließlich an albanische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger.
Also, die 46.000 Stellen, von denen die Rede ist, sind nicht nur für Albanerinnen und Albaner reserviert, wie in den albanischsprachigen Medien zu hören war?
Die auf Make it in Germany aufgeführten Stellen, auf welche die sich von Ihnen genannte Meldung beruft, sind darüber hinaus grundsätzlich für alle Bewerberinnen und Bewerber – deutsche wie ausländische – offen. Die Besonderheit ist, dass sich diese Stellen auf Berufe beziehen, in denen in Deutschland ein Engpass an Fachkräften besteht. Hierdurch existiert für diese Berufe erst die rechtliche Grundlage für ausländische Fachkräfte, einen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu bekommen. Für Fachkräfte können je nach Herkunftsland ganz unterschiedliche Voraussetzungen gelten, um in Deutschland eine Arbeit aufzunehmen. Somit stehen die dort aufgeführten Berufe sowohl fachlich als auch hinsichtlich der Zugangsvoraussetzungen auf den deutschen Arbeitsmarkt nicht automatisch allen interessierten Bewerbern offen.
Um welche Berufe geht es konkret?
Im akademischen Bereich werden vor allem Arbeitskräfte in den sogenannten MINT-Berufen (Ärzte, Ingenieure, Naturwissenschaftler und IT-Spezialisten) gesucht. Der deutsche Arbeitsmarkt benötigt vorrangig gut qualifizierte Fachkräfte. Um als beruflich qualifizierte Fachkraft in Deutschland arbeiten zu können, braucht man in Deutschland aber nicht unbedingt einen Hochschulabschluss. Seit dem 1. Juli 2013 haben auch Bürgerinnen und Bürger aus Ländern außerhalb der Europäischen Union die Möglichkeit, mit ihrem Ausbildungsabschluss eine Arbeit in Deutschland aufzunehmen, wenn ihr Beruf auf der eben genannten Positivliste steht, ihnen ein konkretes Arbeitsplatzangebot eines Arbeitgebers in Deutschland vorliegt und ihr Ausbildungsabschluss mit einem deutschen Abschluss gleichwertig ist.
Was müssen die Kandidaten tun, um diese zu prüfen?
Die Anerkennung des Abschlusses muss bereits in dem Herkunftsland beantragt werden. Wo dies möglich ist, finden Interessenten auf der Homepage www.anerkennung-in-deutschland.de.
Welche Schritte müssen Arbeitssuchende unternehmen, um an einem solchen Arbeitsplatz zu kommen und welche professionelle Kriterien müssen die Kandidaten erfüllen?
Interessierte Arbeitsuchende haben auf Make it in Germany die Möglichkeit, ihre Voraussetzungen hinsichtlich einer Beschäftigungsaufnahme in Deutschland selbst online zu überprüfen. Hier spielen hinsichtlich der Qualifikationen vor allem die erworbenen Berufsabschlüsse und Sprachkenntnisse eine Rolle. Die Erfordernisse sind jeweils abhängig von der konkreten Stelle. Darüber hinaus besteht seit dem 28.10.2015 über den §26 Abs. 2 der Beschäftigungsverordnung auch außerhalb der Positivliste und ohne berufliche Qualifikation befristet die Möglichkeit, Zugang zum Arbeitsmarkt zu bekommen, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Wie könnten Asylbewerber aus Albanien und Kosovo, die sich vielleicht derzeit noch in Deutschland aufhalten, an diesem Prozess teilnehmen?
Für Asylbewerberinnen und Asylbewerber gelten je nach Aufenthaltsstatus unterschiedliche Voraussetzungen zur Teilhabe am Arbeitsmarkt. Eine generelle Aussage für Asylbewerberinnen und Asylbewerber aus Albanien und aus dem Kosovo mit derzeitigem Wohnsitz in Deutschland ist daher nicht möglich. Sofern der aufenthaltsrechtliche Status nicht dem einer Anerkennung als Flüchtling oder dem einer Duldung entspricht, gibt es keinen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. Hier ist grundsätzlich erst einmal eine Ausreise erforderlich, um einen Antrag auf eine Wiedereinreise mit einem erwerbsbezogenen Aufenthaltstitel stellen zu können. Diesbezügliche Besonderheiten regelt die Verordnung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz.
Gibt es Möglichkeiten der Informierung vor Ort?
Da Anträge auf Asyl von Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern aus Albanien und Kosovo, welche zu den so genannten sicheren Herkunftsländern zählen, nur in Ausnahmefällen Aussicht auf Erfolg haben, informiert und berät die ZAV in Kooperation mit der GIZ und in enger Absprache mit den für Arbeitsmarktbelange zuständigen Behörden in Albanien und in Kosovo vor Ort über Alternativen der legalen Arbeitsmigration nach Deutschland sowie zu den diesbezüglichen Rahmenbedingungen, Voraussetzungen und Verfahren. Zielgruppe sind migrationsinteressierte Staatsbürgerinnen und Staatsbürger. So richtet sich auch die für den 6. Oktober 2016 geplante Informations- und Rekrutierungsveranstaltung, welche die ZAV gemeinsam mit der GIZ in Tirana anbietet, an migrationsinteressierte und qualifizierte Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, welche sich in Albanien aufhalten.
Kea Decker ist Geschäftsführerin der Zentrale Auslands und Fachvermittlung bei der Bundesagentur für Arbeit. Sie ist zuständig insbesondere für die internationale Zusammenarbeit.