Integrationsgesetz: Angebot und Pflicht
14. April 2016Das geplante Gesetz habe die doppelte Aufgabe, Einwanderung zu ordnen und zu steuern und nicht nur zu registrieren, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Erläuterung der Koalitionsbeschlüsse vor der Presse. Die Einigung der Koalition auf ein Integrationsgesetz wertete die CDU-Chefin als großen Fortschritt in der Flüchtlingsdebatte.
Das erste Integrationsgesetz, das es in Deutschland geben werde, solle "fördern und fordern", betonte Merkel. "Es ist ein Angebot verbunden mit Pflichten, für jeden der hier ankommt." Der Kern sei es, zu versuchen, möglichst viele Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Entscheidend sei das Erlernen der deutschen Sprache und die Qualifizierung, sagte Merkel weiter. Im Detail solle das Gesetz die erleichterten Ausbildungsangebote für Menschen mit guter Bleibeperspektive sowie Orientierungskurse bei schlechterer Bleibeperspektive regeln. Nicht alle könnten bleiben. Aber Schäden träten ein, "wenn wir Menschen erst einmal eineinhalb Jahre nichts anbieten".
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sprach von einem "historischen Schritt" hin zu regulierter Einwanderung nach Deutschland. Das geplante Integrationsgesetz sei sowohl solidarisch als auch pragmatisch. Gelungene Integration bestehe auf wechselseitiger Wertschätzung, mahnte der Vizekanzler auch mit Blick auf die deutsche Bevölkerung.
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sagte, das geplante Gesetz ergänze sich gut mit den bereits bestehenden Integrationsgesetzen der Länder. Es eröffne die Chance für eine gelingende Integration.
Großer Wurf?
In der Nacht hatten sich die Spitzen der Koalition bei rund siebenstündigen Beratungen auf das Integrationsgesetz geeinigt. CDU, CSU und SPD vereinbarten unter anderem ein Arbeitsmarktprogramm für 100.000 zusätzliche Jobs aus Bundesmitteln.
Bei den Eckpunkten für das Gesetz orientiert sich die Koalition am Grundsatz des "förderns und forderns", wie es im Papier heißt. Dabei geht es vorrangig um das Arbeitsmarktprogramm, das abgelehnten Flüchtlingen und Asylbewerbern ohne Bleibeperspektive nicht offenstehen soll, Erleichterungen bei der Ausbildungsförderung, eine Aufhebung der Altersgrenze bei Ausbildungen und eine Verkürzung der Wartezeit auf einen Integrationskurs von drei Monaten auf sechs Wochen.
Auch die von der Wirtschaft geforderte Aufenthaltsgarantie für die Dauer einer Ausbildung und eine Bleibeerlaubnis für weitere zwei Jahre, wenn sich eine Beschäftigung anschließt, sollen im Gesetz festgeschrieben werden.
Auf der anderen Seite will die Koalition "Mitwirkungspflichten" der Flüchtlinge bei der Integration festlegen. Das Ablehnen oder der Abbruch von Maßnahmen sollen demnach zu Leistungseinschränkungen führen. Es sollen außerdem auch Flüchtlinge, die bereits über einfache Deutschkenntnisse verfügen, zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet werden können. In den Kursen selbst soll die Wertevermittlung künftig eine stärkere Rolle spielen. Die entsprechenden Unterrichtseinheiten sollen von 60 auf 100 erhöht werden.
Bedingungen für Daueraufenthaltsrecht
Ein Daueraufenthaltsrecht soll es künftig nur für anerkannte Flüchtlinge geben, die bestimmte Voraussetzungen unter anderem bei Sprache, Ausbildung und Arbeit erfüllen. Sie sollen damit weitgehend Arbeitsmigranten gleichgestellt werden, wobei die Koalition verspricht, die besondere Lage der Flüchtlinge bei der Ausgestaltung zu berücksichtigen.
Auch die bereits vieldiskutierte Wohnortzuweisung für anerkannte Flüchtlinge soll es geben, um "soziale Brennpunkte" zu vermeiden. Insbesondere Details in diesem Punkt sollen in der kommenden Woche mit den Ministerpräsidenten abgestimmt werden.
Ende Mai soll alles fix sein
Die Eckpunkte sollen laut dem Koalitionsbeschluss am 22. April bei der Ministerpräsidentenkonferenz erörtert werden. Vom Kabinett beschlossen werden soll das Gesetz am 24. Mai. Dann findet die Klausurtagung der Bundesregierung in Meseberg statt.
qu/ml (dpa, epd, Phoenix)