Deutscher Staat mit Rekordüberschuss
23. Februar 2016Ein stabiles Wirtschaftswachstum und ein robuster Arbeitsmarkt haben dem deutschen Staat 2015 den höchsten Überschuss seit der Wiedervereinigung beschert. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen nahmen unter dem Strich rund 19,4 Milliarden Euro mehr ein als sie ausgaben. Bezogen auf die gesamte Wirtschaftsleistung fiel das Plus mit 0,6 Prozent noch etwas höher aus als die in der Januarschätzung angenommenen 0,5 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte.
Einen prozentual höheren Überschuss gab es mit 0,9 Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) nur im Sonderjahr 2000. Damals hatte die Versteigerung der UMTS-Mobilfunklizenzen die öffentlichen Kassen kräftig gefüllt. In absoluten Zahlen lag der Überschuss im Jahr 2000 bei rund 18,2 Milliarden Euro.
Deutschland war im vergangenen Jahr erneut weit entfernt von der Schuldenobergrenze, die sich die Europäer im so genannten Maastricht-Vertrag zugestehen. Erlaubt ist höchstens ein Defizit von 3,0 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Zuletzt verfehlte Deutschland diese Marke 2010 mit einem Minus von 4,2 Prozent.
Konsumfreudige Verbraucher
Zum Jahresende hielt die deutsche Wirtschaft mit 0,3 Prozent Plus zum Vorquartal ihren Wachstumskurs - dank konsumfreudiger Verbraucher und staatlicher Ausgaben für die Versorgung Hunderttausender Flüchtlinge. Hier bestätigten die Wiesbadener Statistiker erste Berechnungen. Im Gesamtjahr 2015 legte die Wirtschaftsleistung von Europas größter Volkswirtschaft um 1,7 Prozent zu - nach 1,6 Prozent ein Jahr zuvor.
Wachstumsimpulse kamen von Oktober bis Dezember vor allem aus dem Inland: Wegen des Zinstiefs lohnt sich traditionelles Sparen kaum noch, viele Menschen geben ihr Geld daher lieber aus. Weil Tanken und Heizen wegen der niedrigen Ölpreise vergleichsweise billig ist, haben Privatleute zudem mehr Geld für den Konsum übrig. Auch die Milliardenausgaben von Bund, Ländern und Kommunen zur Bewältigung der Flüchtlingszuwanderung stützen die Konjunktur: Im vierten Quartal erhöhten sich die Konsumausgaben des Staates kräftig.
Viele Volkswirte werten die Zuwanderung von Menschen aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan als Konjunkturprogramm - auch für 2016. Allerdings nimmt der Gegenwind für die deutsche Wirtschaft zu. Wichtige Absatzmärkte wie China schwächeln, auch aus den USA kamen zuletzt schwächere Konjunkturdaten. Dennoch sehen die meisten Ökonomen Deutschland auch im laufenden Jahr auf einem robusten Wachstumspfad. Bundesregierung und Internationaler Währungsfonds (IWF) erwarten ein BIP-Wachstum in der Größenordnung von 1,7 Prozent.
wen/ul (dpa, rtr, destatis)