Auszeichnung für den Deutschen Alpenverein
21. November 2023Die Folgen des Klimawandels in den Alpen bekommen Steffen Reich und seine Mitstreiter aus nächster Nähe zu spüren: die Gletscher schmelzen, die Steinschlaggefahr nimmt zu, bestimmte Routen sind für Bergsteiger nicht mehr begehbar. "Wir sind ganz direkt betroffen vom Klimawandel", sagt Reich, Ressortleiter Naturschutz beim Deutschen Alpenverein (DAV). "Das sind Erfahrungen, an denen wir merken, dass wir etwas tun müssen für den Klimaschutz."
Seit 2021 gibt es ein ehrgeiziges Klimaschutzprojekt
Wandern, Bergsteigen, Klettern, Mountainbiken, Skitouren - den Bergsport in seiner ganzen Vielfalt so naturverträglich wie möglich zu fördern, ist das Anliegen des DAV. Mit seinen fast 1,5 Millionen Mitgliedern hält der Verein Wanderwege in Schuss und betreibt hunderte von Wanderhütten und Kletterhallen. Darüber hinaus setzt der Deutsche Alpenverein sich schon seit Jahren für den Natur- und Klimaschutz ein. Seit 2021 gibt es ein ehrgeiziges Klimaschutzkonzept, das nun mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2024 in der Kategorie Freizeitwirtschaft ausgezeichnet wird. "Die Jury hat den Deutschen Alpenverein als größten Bergsportverband der Welt ausgewählt, weil sie ihn als zentralen Akteur des nachhaltigen Wandels in der Freizeitwirtschaft sieht", heißt es in der Begründung.
Das erklärte Ziel des DAV ist es, bis 2030 klimaneutral zu sein. "Und das nicht etwa durch Kompensationszahlungen, sondern vor allem durch das Vermeiden von Emissionen", sagt Steffen Reich. Zu dem Zweck habe man unter anderem das sogenannte Klimaschutzbudget eingeführt: Jeder der 356 regionalen Mitgliedsvereine des DAV fertigt jährlich eine Klimabilanz an, die den genauen CO2-Abdruck ermittelt. Im vergangenen Jahr fielen im DAV demnach 51.000 Tonnen CO2 an. Für jede einzelne davon müssen 90 Euro beiseite gelegt und im kommenden Jahr so investiert werden, dass die Emissionen sinken, erklärt Reich. "Etwa in die Verbesserung der Infrastruktur, in Bildungsmaßnahmen oder in die Anschaffung eines klimafreundlicheren Busses." Die Idee eines solchen Steuerungsmechanismus sei zwar nicht neu, dennoch leiste man hier Pionierarbeit. 2025 soll der interne CO2-Preis auf 140 Euro pro Tonne steigen.
Der größe CO2-Posten ist die Mobilität
Das aber ist längst noch nicht alles. So wird derzeit die Energieversorgung sämtlicher DAV-Einrichtungen, darunter über 300 Hütten in Alpen und Mittelgebirgen sowie 220 Kletterhallen, komplett auf Ökostrom umgestellt. Außerdem werden Fotovoltaikanlagen installiert und die Energieeffizienz verbessert. Der mit Abstand größte Teil des CO2-Abdrucks aber kommt durch etwas anderes zustande. "Der bedeutendste Posten ist die Mobilität", sagt Reich, sprich: die Anreise in die Berge. Zwar setze man, wo immer es geht, auf den öffentlichen Nahverkehr, häufig aber sei dieser nicht genügend ausgebaut, um als echte Alternative zu dienen. Deshalb habe man nun eine Mitfahrerplattform geschaffen, damit zumindest die Auslastung der Fahrzeuge besser wird, mit denen die Bergsportler ins Gebirge gelangen.
Gänzlich neu ist das Engagement des DAV für den Erhalt der Natur nicht. "Das Thema spielt bei uns schon viel länger eine Rolle", sagt Reich. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts habe sich der 1869 gegründete DAV auch für die Erhaltung der Schönheit und Ursprünglichkeit der Alpen eingesetzt. Seit 1927 ist der Naturschutz in der Satzung festgeschrieben. Der DAV ist als Naturschutzvereinigung anerkannt. Und so spricht sich Steffen Reich beispielsweise gegen die Erschließung bislang unberührter Gegenden der Alpen aus. Das betrifft insbesondere die Erweiterung von Skigebieten, aber auch Großprojekte wie etwa den geplanten Bau eines Pumpspeicherkraftwerks im Platzertal in Tirol. Seit der diesjährigen DAV-Hauptversammlung, die kürzlich in Bregenz stattfand, ist nun ausdrücklich auch der Klimaschutz in der Satzung verankert.
Für diese Bemühungen wird der DAV jetzt mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet. Der Preis wird seit 2008 von der gleichnamigen Stiftung in Zusammenarbeit mit dem WWF, der Deutschen Industrie- und Handelskammer sowie dem Bundesumweltministerium verliehen und gilt als eine der bedeutendsten Auszeichnungen in diesem Bereich. Prämiert werden "wegweisende Beiträge zur Transformation in eine nachhaltige Zukunft".
Mit dem Zug zur Preisverleihung
Die Preisverleihung findet im Rahmen des Nachhaltigkeitskongresses am 23. und 24. November in Düsseldorf statt. 100 Unternehmen aus 20 Wirtschaftssektoren werden mit dem nicht dotierten Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet. "Wir haben uns natürlich sehr darüber gefreut", sagt Steffen Reich. "Es handelt sich schließlich um eine renommierte Auszeichnung." Die Anreise von München nach Düsseldorf erfolgt natürlich mit dem Zug. Flugzeuge sind auf Kurzstrecken nämlich tabu – auch das ist Teil der Klimaschutzstrategie des DAV.