Deutsche Politiker warnen vor Bündnis mit AfD
20. Mai 2019Mit Blick auf die Videoaffäre um den bisherigen österreichischen Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache lehnte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak eine Zusammenarbeit mit Rechtspopulisten ab. Im Sender n-tv wies Ziemiak darauf hin, dass "die AfD ja quasi die Schwesterorganisation dieser Leute ist, die jetzt aufgeflogen sind". Er hob hervor, dass die CDU auch früher "immer wieder" Vorbehalte gegen die FPÖ geäußert habe. Allerdings gebe es nicht nur in Österreich, sondern auch bei der AfD in Deutschland Hinweise auf "russische Einflussnahme". Vor der Europawahl müsse daher nun jeder sehen, "mit wem er sich einlässt, wenn man diese Parteien wählt".
Der CDU-Politiker Friedrich Merz sagte der "Thüringer Allgemeinen" zu den Enthüllungen, dies bestätige seine Einschätzung "derartiger Parteien". Mit Blick auf Deutschland stellte er klar: "Die AfD ist kein Koalitionspartner für irgendeine bürgerliche Partei." Vor wachsendem russischem Einfluss auf rechte Kräfte in der EU warnte auch der CSU-Politiker und Spitzenkandidat der konservativen EVP für die Europawahl, Manfred Weber.
Auch FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg zog Parallelen zwischen FPÖ und AfD. "Der falsche Patriotismus, den viele Rechtspopulisten vor sich hertragen, ist hier erstmals in voller Schäbigkeit entlarvt worden", sagte sie dem Portal "Focus Online". Dies müsse auch für Deutschland "eine deutliche Mahnung" sein.
Mützenich: Rechtspopulisten verkaufen ihr Land
Der Außenexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, sagte, der Fall Strache zeige, "dass die angeblich so vaterlandstreuen rechten Populisten jederzeit bereit sind, zum eigenen Vorteil ihr Land zu verkaufen. Hier gibt es zweifelsohne Parallelen zur AfD, die tief im Spendensumpf steckt. Leider haben wir in der Vergangenheit die Erfahrung machen müssen, dass vielen AfD-Wählern das Verhalten und Gebaren der Partei vollkommen egal ist. Das ist eine sehr bedenkliche Entwicklung."
Ob die Ibiza-Affäre Konsequenzen für die AfD und deren Ergebnis bei den Europawahlen haben werde, könne er nur schwer abschätzen, sagte Mützenich der Deutschen Welle. "Die Hintergründe und die Entstehungsgeschichte des Enthüllungsfilmes sind nach wie vor unbekannt und zweifelsohne dubios. Es bleibt zudem rätselhaft, warum man mit der Veröffentlichung fast zwei Jahre gewartet hat."
SPD fordert Aufklärung
Hintergrund des Skandals um die FPÖ ist ein heimlich aufgenommenes Video, in dem sich Strache vor der Parlamentswahl 2017 bereit zeigt, als Gegenleistung für verdeckte Wahlkampfgelder öffentliche Aufträge an die angebliche Nichte eines russischen Oligarchen zu vergeben. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil forderte im Berliner "Tagesspiegel" dringend Aufklärung darüber, "inwieweit auch die AfD in solche dubiosen Deals und illegale Geldflüsse verwickelt ist".
AfD-Chef Alexander Gauland sieht dagegen keine Auswirkungen auf seine Partei. "Es handelt sich um ein österreichisches Problem, das für Deutschland oder Italien keine Rolle spielt und mit dem wir nichts zu tun haben", sagte er ebenfalls dem "Tagesspiegel".
Debatte über Kurz beginnt
Der frühere SPD-Chef Martin Schulz gab Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz eine Mitschuld an dem Eklat. Mit Blick auf das Verhalten Straches sagte in der "Bild"-Zeitung über Kurz: "Er hat ihn in die Regierung geholt, er hat ihn hofiert." Kurz versuche jetzt, sich durch seine Entscheidung für Neuwahlen in Österreich zum "Saubermann" zu machen. Strache sei aber "nur möglich über Kurz" gewesen.
Ähnlich äußerte sich auch die Europa-Spitzenkandidatin der Grünen, Ska Keller: "Sebastian Kurz ist nicht das Opfer. Er hat den Staat Österreich in die Hände der FPÖ gelegt. Und das ist das Kernproblem", sagte sie im ARD-Fernsehen.
Unterdessen beurteilen Experten mögliche Folgen der Ereignisse in Österreich auf die AfD unterschiedlich. Der Chef des Meinungsforschungsinstituts Insa, Hermann Binkert, rechnet deswegen mit einer höheren Mobilisierung bei Wählern der anderen Parteien, wie er dem Düsseldorfer "Handelsblatt" sagte. Kaum negative Auswirkungen für die AfD erwartet dagegen der Bonner Politologe Frank Decker in der "Rheinischen Post".
kle/sti (afp, dpa, DW)