Hohenzollern stehen bereit
28. April 2011Knut Wissenbach aus Niederheimbach am Rhein wird am kommenden Freitag (29.04.2011) die Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton am Fernseher verfolgen. Ein wenig wehmütig, denn schließlich heiratet auch der deutsche Thron-Anwärter Prinz Georg Friedrich von Hohenzollern im August. Dann wird es aber keine Live-Übertragung geben, denn es gibt keinen Thron mehr. Schließlich hat der letzte deutsche Kaiser Wilhelm II. 1918 abgedankt. Preußens Gloria ist Geschichte. Pomp and Circumstances finden jetzt woanders statt.
Knut Wissenbach ist Vorsitzender des Vereins "Tradition und Leben". Der Verein setzt sich schon seit 1956 für die Wiederherstellung der Monarchie in Deutschland ein. "Wir wollen der Demokratie die Krone aufsetzen", sagt Knut Wissenbach lächelnd in seinem Arbeitszimmer, das mit Ölgemälden von Königen, preußischen Uniformen und Orden in Glasvitrinen ausstaffiert ist.
Bundespräsident zu langweilig?
Eine parlamentarische Monarchie sei genau das Richtige für Deutschland, glaubt Knut Wissenbach. Der amtierende Bundespräsident Christian Wulff ist ihm zu farblos, zu schweigsam. "Wir brauchen etwas schickeres an der Spitze des Staates", sagt Wissenbach, der sich seit früher Jugend für deutsche Geschichte und die jahrhundertealten Herrscherhäuser begeistert.
Eine Familie an der Spitze des Staates, die nicht gewählt wird und deshalb über der Parteipolitik steht. Danach sehnten sich die Deutschen, glaubt Wissenbach, der auch die Zeitschrift "Erbe und Auftrag" zur Förderung des monarchischen Gedankens herausgibt. Mit Politik hätten er und seine 200 Vereinskameraden nichts am Hut, schon gar nicht mit dem braunen Rand. Im Gegenteil: Monarchisten wurden unter dem Nazi-Regime sogar verfolgt, waren im Widerstand. Dem Verein gehören Vertreter aller Generationen an, fast ein Drittel der Mitglieder ist unter 30 Jahren alt.
"Monarchie hat keine Chance"
"In absehbarer Zeit sehe ich nicht, dass es in gefestigten Republiken wie Deutschland oder Österreich die Rückkehr zur Monarchie geben könnte", sagt die Adelshistorikerin Monika Wienfort. Sie nimmt Knut Wissenbach diese Hoffnung, denn regierende Königshäuser gibt es in Europa vor allem in den Staaten, in denen es keine Revolutionen oder dramatische Umbrüche gab. Da gehört Deutschland eben nicht dazu. Nur in sieben Staaten - Dänemark, Norwegen, Schweden, Niederlande, Belgien, Spanien und Großbritannien - sitzen noch Königinnen und Könige auf dem Thron. Da, wo es sie gibt, sei die Bevölkerung in großer Mehrheit für diese Staatsform, sagt Monika Wienfort.
Das Interesse der Deutschen an Königshäusern und Hochadel ist enorm hoch. Hier gibt es die meisten bunten Klatschblättchen in ganz Europa. "Die Faszination rührt von dem Spektakulären im Alltäglichen her", meint Monika Wienfort frei nach dem Soziologen Max Weber. "Eigentlich tun diese Adeligen ganz gewöhnliche Dinge. Sie heiraten, bekommen Kinder und sterben dann. Das ist alles anschlussfähig an eine normale Biografie. Aber sie tun es auf repräsentative Weise. Wann sieht man schon mal eine Kutsche? Dann schauen die Leute die Fernsehübertragungen von königlichen Hochzeiten, die normalerweise vor dem blauen Blut nicht in Ehrfurcht erstarren." Prinz Charles, der ewige Thronfolger in Großbritannien, hat seine eigene Familie einmal als Seifenoper bezeichnet. Alle Familiendramen sind öffentlich und die Familie nutzt die Bekanntheit, um Gutes zu tun und das Land zu vertreten.
Jeder ist mit jedem verwandt
Das große Interesse in Deutschland rührt wahrscheinlich auch daher, dass es in Deutschland noch eine ganze Reihe von berühmten Adelshäusern gibt, die überall in Europa ihre Spuren hinterlassen haben. Jeder König ist praktisch mit jedem König verwandt. "Besondere Verdächtige sind hier die Häuser Sachsen-Coburg-Gotha und Schleswig-Holstein-Sonderung Glücksburg", so Monika Wienfort. Durch geschickte Heiratspolitik im vorletzten Jahrhundert mischen die Deutschen in allen Königshäusern mit. Das Haus Sachsen-Coburg-Gotha wurde auch despektierlich der Stutenstall Europas genannt.
Der Mann der legendären britischen Königin Victoria stammte aus dem Hause Sachsen-Coburg-Gotha. Victoria wiederum war die Großmutter des letzten deutschen Kaisers. Die Mutter von Königin Elisabeth II. war halbe Deutsche. Ihr Ehemann, der Opa von Prinz William, hat ebenfalls deutsche Vorfahren. Im Grunde ist also auch William ziemlich 'german'. "Die deutschen Wurzeln waren so tief im britischen Königshaus, das man sich während des Ersten Weltkriegs gesagt hat, wir müssen einen klaren Schnitt machen. Der Familienname der Königsfamilie wurde 1917 von Sachsen-Coburg-Gotha in Windsor geändert. Ein reiner Kunstname", sagt Geschichtsprofessorin Monika Wienfort, die zurzeit in Chapel Hill in den USA lehrt.
Überall Bürgerliche
Heutzutage heiraten die Thronfolger nicht mehr standesgemäß, seufzt der traditionsbewusste Knut Wissenbach. Das dynastische Erbe verwässert. Immer mehr bürgerliche Untertanen werden geehelicht. Die Historikerin Monika Wienfort sieht einen Trend: Mit dem Heiraten von Untertanen aus dem eigenen Volk wird die nationale Verankerung der Monarchien betont und die Zustimmung beim Publikum gesteigert. Außerdem würden die Thronfolger normale Ausbildungen durchlaufen und ganz natürlich mit potentiellen Lebenspartnern aus bürglichen Häusern zusammentreffen.
Monika Wienfort ist übrigens bekennender Adelsfan und wird die Hochzeit auch am Bildschirm in den USA verfolgen. Prinz Georg Friedrich von Hohenzollern wäre wohl theoretisch bereit, die Kaiserkrone anzunehmen. Nach Angaben von Knut Wissenbach steht er in der Tradition seines Vorgängers als Chef des Hauses, Prinz Louis Ferdinand. Der hatte immer gesagt, er würde den Thron besteigen, wenn das Volk dies wünschte. Prinz Georg Friedrich heiratet im August standesgemäß eine echte Prinzessin. Ein Interview mit der Deutschen Welle lehnte Georg Friedrich vorerst ab.
Autor: Bernd Riegert
Redaktion: Klaus Dahmann