Die Mehrheit der Deutschen fühlt sich einsam
11. Dezember 2024Danach leiden etwa 60 Prozent der Deutschen häufig, manchmal oder selten unter dem Gefühl von Einsamkeit. Im Auftrag der TK befragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Mai telefonisch 1.403 Personen ab 18 Jahren in ganz Deutschland für die repräsentative Studie.
Besonders jüngere Menschen sind demnach von Einsamkeit betroffen. Von den 18- bis 39-Jährigen sagen 68 Prozent, dass sie sich häufig, manchmal oder selten einsam fühlen, und 36 Prozent, dass das Gefühl von Einsamkeit sie sehr stark oder eher stark belastet. Bei Menschen über 40 Jahren fühlt sich dagegen nur jeder Zweite einsam.
Für den Soziologen Janosch Schobin, der für das von der Bundesregierung unterstützte Kompetenznetz Einsamkeit (KNE) arbeitet, wird Einsamkeit oft durch sich verändernde Lebensumstände ausgelöst. Und diese würden eher in jüngeren Jahren auftreten: zum Beispiel der Auszug von zu Hause, der Umzug in eine neue Stadt oder auch der Wechsel des Arbeitsplatzes.
Singles und Alleinlebende fühlen sich dreimal häufiger einsam als Paare. Bei der Frage nach der Belastung durch Einsamkeit kam es zu ähnlichen Ergebnissen: Während sich jeder dritte Single sehr stark oder stark dadurch belastet fühlt, ist es bei den Befragten in einer festen Partnerschaft nur jeder Fünfte.
Für Männer Einsamkeit ein Tabu
Die Studie stellt außerdem fest, dass Bildung, Erwerbstätigkeit, das Geschlecht oder auch die Größe des Wohnortes keine signifikanten Faktoren für das Gefühl von Einsamkeit darstellten. Entscheidend seien hingegen soziale Beziehungen und eine Partnerschaft. Armut erhöhe die Wahrscheinlichkeit, sich einsam zu fühlen und ältere Alleinlebende hätten ein höheres Einsamkeitsrisiko als jüngere Singles.
Einschneidende Lebensveränderungen könnten gleichfalls Einsamkeit befördern: Durch Jobverlust, Scheidung und den Tod des Partners oder der Partnerin würden vor allem soziale Netzwerke zusammenbrechen.
Vielen Menschen fällt es laut der Studie schwer, über ihre Einsamkeit zu sprechen, besonders Männern. Nur etwa jeder fünfte betroffene Mann gab an, regelmäßig oder manchmal mit anderen über seine Einsamkeit zu sprechen. Dagegen tun dies 40 Prozent der befragten Frauen.
Als Hauptgrund wurde angegeben, "niemanden belasten zu wollen". Jeder Dritte der Befragten sagte, es sei ihm unangenehm, über die eigene Einsamkeit zu sprechen. Neun Prozent gaben sogar an, niemanden zu haben, mit dem sie sich darüber austauschen könnten.
Einsamkeit bewirkt gesundheitliche Probleme
Sowohl körperliche als auch psychische Beschwerden scheinen in Verbindung mit einem verstärkten Einsamkeitsgefühl zu stehen. 23 Prozent der an Einsamkeit leidenden Menschen bewerten ihre Gesundheit eher schlecht, im Vergleich zu 13 Prozent derjenigen, die sich nicht einsam fühlen. Zu den allgemeinen körperlichen Beschwerden, unter denen einsame Menschen häufiger leiden, zählten vor allem Rücken- und Magenschmerzen, Atembeschwerden und Asthma.
Ein schlechter Gesundheitszustand wiederum kann zu mehr Einsamkeit führen, wenn zum Beispiel individuelle Beeinträchtigungen, Hörverlust oder depressive Phasen die Kommunikation mit anderen erschweren.
Einsamkeit scheint zudem auch ein psychischer Stressfaktor zu sein: Symptome wie Stress, Erschöpfung, Müdigkeit, gedrückte Stimmung, Schlafstörungen oder Angstzustände treten bei einsamen Menschen häufiger auf. "Einsamkeit kann auch zu physischen Erkrankungen führen. Das ist gar keine Theorie mehr, sondern mittlerweile erwiesen", sagte Jens Baas, der Vorstandsvorsitzende der TK, bei der Präsentation der Studie in Berlin.
Baas verwies auch auf einen möglichen Zusammenhang mit Demenzerkrankungen. "In der Wissenschaft ist es durchaus so, dass es diesen berühmten Zusammenhang zwischen Seele und Körper gibt. Den sehen wir bei vielen Erkrankungen, aber wie der wirklich physiologisch funktioniert, weiß man an vielen Ecken noch nicht."