Deutsche Bank bittet wieder um Geld
19. Mai 2014Acht Milliarden Euro soll die Ausgabe neuer Aktien in die Kasse der Deutschen Bank spülen. Davon seien 1,75 Milliarden bereits bei einem Ankerinvestor aus Katar platziert worden, teilte das Institut am Sonntagabend (18.05.2014) nach einer Aufsichtsratssitzung mit. Falls der Rest nicht unters Volk gebracht werden könne, würden andere Banken zulangen. Mit anderen Worten: Die Deutsche Bank wird das Geld bekommen, das sie benötigt.
Die Zeitung "Wall Street Journal" sieht zwischen der Kapitalspritze und dem bevorstehenden Stresstest durch die EU-Banken-Aufsichtsbehörde EBA einen direkten Zusammenhang. Da die Eigenkapitalquote der Deutschen Bank durch schlechte Quartalszahlen und die verschärfte Risikobewertung durch die Aufseher unter die Marke von zehn Prozent gefallen war, warnten Ratingagenturen wie Moody's bereits davor, dass es für die größte Privatbank Deutschlands eng werden könnte. Um einer Blamage vorzubeugen, habe es die Deutsche Bank daher eilig.
Das sieht Philipp Häßler anders. Der Analyst der Equinet Bank geht nicht davon aus, dass die Deutsche Bank ohne das frische Geld beim Test durchgefallen wäre. Die Kapitalerhöhung sei ein Signal an die Investoren. "Mit 9,5 Prozent Eigenkapitalquote liegt die Deutsche Bank hinter den Wettbewerbern", so Häßler gegenüber der Deutschen Welle. Einige Konkurrenz-Institute lägen bei dieser Kennziffer "deutlich über zehn Prozent".
Kennziffern erfüllt
Nach der Ausgabe neuer Aktien soll das Eigenkapital der Deutschen Bank rund zwölf Prozent der Bilanzsumme betragen. Gleichzeitig erreicht die Bank die Vorgaben für ihre maximale Verschuldungsquote. Diese so genannte Leverage Ratio lag Ende 2013 bei 2,6 Prozent. Einen ähnlichen Wert hatte die US-Investmentbank Lehman Brothers kurz vor der Pleite. Nach der massiven Kapitalerhöhung steigt diese Quote bei der Deutschen Bank auf mehr als drei Prozent. Auf jeden Euro Eigenkapital kommen dann nicht mehr 38, sondern "nur" noch 33 Euro Schulden.
Dennoch glaubt Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim, dass die acht Milliarden Euro der Deutschen Bank eine ordentliche Verschnaufpause verschaffen. Allerdings müsse das dann auch reichen. "Allzu oft darf man das den Aktionären nicht zumuten", so der Bankenexperte gegenüber DW. "Eine Kapitalerhöhung ist nichts, was Aktionäre gerne haben, weil dabei der Wert des schon bestehenden Eigenkapitals sinkt."
Rechtsrisiken bleiben
Man spricht auch von einer Verwässerung der alten Aktien. Wenn die dünne Kapitaldecke das einzige Problem bei der Deutschen Bank wäre, hätten die Aktionäre trotz dieses Nachteils Grund zur Erleichterung. Doch dem ist nicht so. Seit Jahren werden sie durch immer neue Enthüllungen über alte Sünden geschockt. Die daraus resultierenden Rechtsrisiken rücken nun in den Vordergrund. "Sei es für angebliche Goldpreismanipulation, sei es für angebliche Fremdwährungskursmanipulation - das sind Risiken, die auch noch Geld kosten werden", sagt Philipp Häßler von Equinet.
2013 musste die Bank rund drei Milliarden Euro für die Streitigkeiten vorhalten. Ob für dieses Jahr ähnliche Summen zurückgelegt werden müssen, steht in den Sternen. Hans-Peter Burghof vermutet, dass eine genaue Einschätzung selbst der Deutschen Bank schwerfalle, "denn sehr viele dieser Rechtsstreitigkeiten enden ja mit einer Art Kompromiss, bei dem man dann eine bestimmte Menge an Geld zahlt. Und wie viel das jeweils ist, hat eine gewisse Zufälligkeit."
Nicht dem Zufall überlassen will die Deutsche Bank die Boni-Zahlung für die eigenen Mitarbeiter. So wird sie die Aktionäre bei der Hauptversammlung in dieser Woche bitten, eine Verdoppelung der gesetzlich festgeschriebenen Obergrenze zu genehmigen. Ansonsten wird das Grundgehalt verdoppelt. Auch in diesem Punkt haben die Aktionäre also mehr zu schlucken als zu entscheiden.