Schulterschluss gegen Trump-Protektionismus
24. Mai 2017"In einer Zeit, in der andere sich national abschließen wollen, protektionistische Tendenzen vorantreiben, stehen China und Deutschland für eine offene Welthandelsordnung", sagte Außenminister Sigmar Gabriel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem chinesischen Außenminister Wang Yi. Mit Blick auf die derzeit unruhige internationale politische Lage müssten China und Deutschland als die zweit- und viertgrößten Volkswirtschaften der Welt enger miteinander kooperieren und "starke Signale für Offenheit" senden, betonte Wang.
Gabriel und Wang nannten Trump nicht ausdrücklich - die Zielrichtung ihrer Äußerungen war aber unmissverständlich. Seit der Wahl des US-Präsidenten hatten sich Deutschland und China bereits mehrfach gemeinsam gegen Protektionismus ausgesprochen. Die Exportnationen Deutschland und China befürchten, dass der US-Präsident eine neue Ära der Handelsschranken in der Weltwirtschaft einleitet.
Beide Außenminister kündigten an, das Thema solle auf dem G20-Gipfel Anfang Juli in Hamburg zur Sprache kommen. An dem Treffen der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer nimmt neben Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem chinesischen Staatschef Xi Jinping auch Trump teil. Die Bundesrepublik könne bei dem Gipfel auf die "volle Unterstützung" Chinas zählen, sagte Wang. Sein Land wolle gemeinsam mit der Bundesregierung ein "Bekenntnis zu internationalen Wirtschaftskooperation" ablegen. Gehörten die USA im G20-Kreis stets zu den engsten Verbündeten Deutschlands, ist dies seit dem Amtsantritt von Präsident Trump nicht mehr bedingungslos der Fall. Ein Grund dafür sind seine Bekenntnisse zu einer wirtschaftlichen Abschottungspolitik.
Neues Dialogforum eröffnet
China und Deutschland vereinbarten zudem, die Zusammenarbeit in Kultur, Bildung und Sport deutlich ausbauen. Gabriel und die stellvertretende Ministerpräsidentin Chinas, Liu Yandong, eröffneten dazu ein neues Dialogforum, das alle zwei Jahre stattfinden und gemeinsame Projekte fördern soll. Ziel sei es, "Lebensfreude von Menschen in unsere politischen Beziehungen" zu bringen, sagte Gabriel bei seinem Antrittsbesuch als Außenminister. Bereits jetzt gibt es 70 Dialogforen zwischen Deutschland und China. Die bekanntesten befassen sich mit den Themen Rechtsstaat, Menschenrechte und strategische Zusammenarbeit. An der Auftaktveranstaltung für das neue Forum nahmen auf deutscher Seite Vertreter von Stiftungen und wissenschaftliche Einrichtungen, Kulturschaffende und Sportler teil. Die Teilnehmer auf chinesischer Seite waren dagegen vor allem Regierungsvertreter.
Der aktuelle Schulterschluss gegen Trumps protektionistischen Wirtschaftskurs kann allerdings nicht verbergen, dass Deutschland und China in einigen Feldern auch Differenzen haben. So stoßen Chinas Menschenrechtsverstöße und die fehlende gesellschaftliche Teilhabe für große Bevölkerungsteile der Bundesregierung bitter auf.
Aktivere Rolle Chinas gewünscht
Die Bundesregierung sähe China zudem gerne in einer aktiveren Rolle, wenn es um die Lösung internationaler Krisen geht. Gabriel nannte die Lage in Afrika, aber auch den Konflikt um das nordkoreanische Atom- und Raketenprogramm. Der SPD-Politiker sprach mit Blick auf die jüngsten Raketentests Nordkoreas von einer "gefährlichen Entwicklung" auf der koreanischen Halbinsel. "Wir glauben, dass die Chinesen da eine große Verantwortung haben", sagte er. Doch Wang gab sich in dieser Frage eher zurückhaltend und sagte, sein Land werde in dem Konflikt eine "konstruktive Rolle" einnehmen. "China ist strikt dagegen, dass Nordkorea seine Atomtests fortsetzt", fügte er hinzu. "Niemand hat das Recht, diese Halbinsel ins Chaos zu stürzen."
Auch in der Wirtschaftspolitik sind sich die beiden Mitglieder der neuen Anti-Protektionismus-Front nicht immer einig. Gabriel, der die ökonomischen Fragen vor allem mit Ministerpräsident Li Keqiang besprach, mahnte unter anderem "faire Bedingungen" für deutsche Unternehmen in China an.
Zugleich sprach er sich dafür aus, das Riesenreich wie eine Marktwirtschaft nach den Regeln der Welthandelsorganisation zu behandeln - was China schon seit langem fordert. Dann müsste das Land aber auch unabhängig von dem offiziellen Status für Marktverletzungen zur Rechenschaft gezogen werden, stellte Gabriel klar. Das zielt auf Klagen der europäischen Stahlbranche gegen chinesische Dumping-Produkte.
kle/qu (afp, dpa, rtr)