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GesellschaftDeutschland

Deutlich weniger Neugeborene in Deutschland

21. Juli 2023

Die Daten des Statistischen Bundesamts zeigen, dass 2022 etwa sieben Prozent weniger Kinder zur Welt kamen als noch im Vorjahr. Trendwende oder Ausreißer?

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Die Füße eines Neugeborenen sind in einer Decke eingewickelt
Im Jahr 2022 wurden insgesamt 738.819 Kinder in Deutschland geborenBild: Andrew Matthews/dpa/picture alliance

Deutlich weniger Neugeborene sind im vergangenen Jahr in Deutschland zur Welt gekommen. Im Jahr 2022 wurden insgesamt 738.819 Kinder geboren, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilt. Das sind sieben Prozent weniger als noch im Vergleich zum Vorjahr 2021, dem geburtenstärksten Jahr seit 1997.

Auch die durchschnittliche Kinderzahl je Frau sank auf 1,46 Kinder – der niedrigste Stand seit zehn Jahren. Im Jahr 2021 hingegen war diese Größe deutlich auf 1,58 Kinder je Frau gestiegen. Diese so genannte  zusammengefasste Geburtenziffer gibt an, wie viele Kinder eine Frau im Laufe ihres Lebens bekäme, wenn ihr Geburtenverhalten so wäre, wie das aller Frauen zwischen 15 und 49 Jahren im betrachteten Jahr. Damit die Bevölkerung eines Landes - ohne Zuwanderung - nicht schrumpft, müssten in hoch entwickelten Ländern rein rechnerisch etwa 2,1 Kinder je Frau geboren werden.

Eine Hebamme misst mit einem CTG die Herztöne eines Ungeborenen in einer Frauenklinik in Dessau
Die durchschnittliche Kinderzahl je Frau liegt 2022 bei 1,46 - niedriger als in den vergangenen zehn JahrenBild: Jan Woitas/dpa/picture alliance

Das Alter der Eltern bei der Geburt ihres ersten Kindes hat sich hingegen kaum zum Vorjahr verändert. 2022 waren Mütter durchschnittlich 30,4 Jahre alt, im Vorjahr 30,5 Jahre. Das Durchschnittsalter der Väter liegt unverändert bei 33,3 Jahren.

Zusammenhang mit Pandemie möglich

Der Experte Martin Bujard, Forschungsdirektor beim Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, sieht in den Zahlen für 2022 einen Zusammenhang mit der Coronapandemie, bei der die Impfung in großem Umfang im Jahr 2021 begann. Er geht davon aus, dass viele Frauen geplante Schwangerschaften aufgeschoben hätten, bis sie vollständig geimpft waren, sagte er am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. "Das ist empirisch ziemlich eindeutig", so Bujard.

Martin Bujard vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung
Für Martin Bujard ist die gesunkene Geburtenziffer eine Folge der CoronapandemieBild: Fredrik von Erichsen/dpa/picture alliance

Die Human Fertility Database des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung zeigt ähnliche Entwicklungen in Dänemark, Norwegen und Schweden auf. "Ab Januar gingen die Geburtenraten runter." Für Bujard zeigt sich damit ein "kluges und gesundheitsbewusstes Verhalten der Frauen mit Impfbereitschaft."

Bedeutung der Lebenshaltungskosten

Auch ein leichter Anstieg der Geburtenzahlen im Jahresverlauf und ein erneuter Rückgang zum Jahresende lasse sich mit dem Verlauf der Pandemie erklären: "Der Zeitraum korrespondiert mit den Lockerungen und Öffnungen – da wollten die Leute wieder leben und feiern", sagte der Wissenschaftler.

Die steigenden Lebenshaltungskosten schlagen sich nicht in der Geburtenrate des Jahres 2022 nieder, so Bujard. Das zeige sich erst bei den Zahlen für 2023 – auch ob es sich beim Rückgang der zusammengefassten Geburtenziffer um eine Trendwende oder einen einmaligen "Ausreißer" handele. Diese Zahl lag jahrzehntelang bei 1,3 bis 1,4. In Deutschland ist sie ab 2014 jedoch auf 1,5 angestiegen.

mws/uh(dpa, kna, rtr)