Des Königs Märchenschlösser
Eine halbe Stunde dauert der Fußweg von Schwangau bei Füssen hinauf zu dem weltbekannten Märchenschloss Neuschwanstein. Oben angelangt befindet sich der Besucher fast immer in Gesellschaft japanischer Touristen, die auf Besichtigungstour durch Mitteleuropa sind. Ein kurzer Zwischenstopp in Schwangau ist für sie ein Muss.
Die meisten anderen Gäste sind Tagestouristen, die auf der Durchreise sind oder aus den Städten in Süddeutschland kommen. Für fast jeden steht der Blick in die kitschig schönen Gemächer des Märchenkönigs Ludwig II. (1845-1886) auf dem Programm. Das Schloss gehört für die Touristen genauso zum Pflichtprogramm wie das Hofbräuhaus in München, Rothenburg ob der Tauber und Heidelberg.
Inszenierung eines tragischen Schicksals
Der labile Bayern-König lebte und regierte zwischen romantischen Herrscherträumen und den Zwängen einer modernen Monarchie. Ausdruck seiner unerfüllten Sehnsucht nach königlicher Alleinherrschaft im alten Stil ist die Vielzahl seiner Schlösser, die das oberbayerische Land zwischen dem Ammergau und den Allgäuer Alpen schmücken.
In Hohenschwangau zum Beispiel, dem neo-gotischen Schloss seines Vaters, verbrachte Ludwig II. die ersten Lebensjahre. Herrenchiemsee, der Versailles-Nachbau auf einer Insel im Chiemsee, symbolisiert wie kein zweites Bauwerk das wahnwitzige Streben Ludwigs nach der gottähnlichen Königswürde, wie sie im Frankreich des 17. Jahrhunderts Geltung hatte. Neuschwanstein jedoch markiert den Schlusspunkt des Lebens Ludwig II. Von hier aus begab sich der König auf seine letzte Fahrt in einen immer noch rätselhaften Tod.