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Frauenfußball im Film

3. Juni 2011

Ein indisches Mädchen kickt heimlich gegen den Willen ihrer Eltern. Eine ganze Berliner Mädchenmannschaft fliegt nach Teheran, um gegen die iranische Frauennationalelf zu spielen. Die Träume fünf türkischer Mädchen.

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Torszene im Freundschaftsspiel zwischen einem Berliner Mädchenclub und der iranischen Fauennationalelf (Foto: ap)
Bild: AP

Es gibt wohl kaum eine Sportart, in der Frauen so wenig Anerkennung bekommen wie im Fußball. Vielleicht ist es so, weil Fußball spielende Frauen in die letzte vermeintlich echte Männernische eindringen und dort erheblich stören. Völlig unbeabsichtigt - denn Fußball spielende Frauen machen ihr eigenes Ding und wollen sich gar nicht mit den Männern messen. Hier geht es mehr um die Freiheit das zu tun, wozu man Lust hat. So zumindest präsentiert sich der Frauenfußball in vielen Spielfilmen und Dokumentationen. Im britischen Streifen "Kick it like Beckham" geht es um ein Mädchen aus einer indischen Einwandererfamilie in London, das unbedingt in einem Verein Fußball spielen möchte. Gegen den Willen ihrer Eltern natürlich. Denn die wollen aus Yesminder eine vorbildliche indische Ehegattin machen, die nach dem Studium heiraten und ihrem Mann eine gute Hausfrau und Köchin werden soll. Yesminder, genannt Jess, denkt gar nicht daran. Heimlich geht sie weiter auf den Fußballplatz, verliebt sich auch noch in den nicht-indischen Trainer.

Die Mitglieder einer Fußball-Mädchenmannschaft bewundern im Kinofilm "Kick It Like Beckham" (Szenenfoto) das Gewand der jungen Inderin Jess Bhamra (Foto: dpa)
Was ist hübscher? Sari oder Trikot?Bild: picture-alliance / dpa

Indische Familientradition trifft auf britische Gegenwart. Am ehesten merkt es der Vater, dass verstaubte Ansichten nicht mehr zeitgemäß sind. So schickt er Jess am Hochzeitstag seiner anderen Tochter heimlich auf den Fußballplatz, wo ihre Mannschaft gerade das Endspiel um die Meisterschaft austrägt.

Das Spiel der Mädchen wird mit kurzen Schnitten und schneller Musik dargestellt, so dass hier gar nicht erst der Gedanke aufkommt, Frauenfußball sei langsam. Der Film macht Spaß, ist bunt: ein bisschen Bollywood-Kino, ein bisschen Comedy, Multikulti und Sport.

"Mädchen am Ball"

Die türkische Filmemacherin Aysun Bademsoy hat zwischen 1995 und 2008 eine Clique von fünf türkischen Mädchen in Berlin begleitet. Daraus wurde eine eindrucksvolle, dreiteilige Dokumentation, in der sehr schnell klar wird, dass Fußball für die Mädchen eine Nische ist – Pause vom Alltag ihrer Familien, und auch vom offenbar immer noch unlösbaren kulturellen Dilemma zwischen Integration und Tradition. Das Erstaunliche dabei ist: Keins der Mädchen macht das heimlich. Sie spielen im Kreuzberger Mädchenclub Agrispor – das ist zu jener Zeit (1995) der einzige türkische Frauenfußballclub in ganz Europa.

Hier sind die Mädchen unter sich, lassen alles hinter sich und wollen nur eins: Fußballspielen, gewinnen, in die Verbandsliga aufsteigen. Regisseurin Aysun Bademsoy fasziniert vor allem, dass die Mädchen keinesfalls den Jungs nacheifern oder imponieren wollen, sondern sich ganz und gar als Mädchen geben. "Da wurde in der Umkleide vor dem Spiel um den Platz am Spiegel gestritten." Mit hochgesteckten Haaren und geschminkten Augen seien sie dann auf den Platz gekommen. "Ja, sie haben den Fußballplatz als Flaniermeile benutzt. Es waren aber auch alles wunderschöne Mädchen."

Fußball auf ewig?

Zu sehen ist die türkische Regisseurin Aysun Bademsoy. (Foto: DW/S. Wünsch)
Aysun BademsoyBild: DW/Silke Wünsch

In Teil zwei der Trilogie ("Nach dem Spiel") gerät der Fußball langsam in den Hintergrund. Die Mädchen werden erwachsen, müssen sich um ihre Ausbildung kümmern, denken über Zukunft, Beziehung und Heirat nach. Es ist Saisonende, auch für den Fußballclub Agrispor – und die Mädchen wissen, dass dieses ihre letzte Saison war.

Teil drei ("Ich geh jetzt rein") entstand mehr als zehn Jahre später. Die fünf Mädchen sind erwachsen und haben schon vieles durchstehen müssen. Eine ist bereits geschieden, arbeitslos und muss ihr Kind alleine durchbringen. Die nächste hat eine Hölle erlebt, über die sie nicht sprechen will, flüchtet sich in hartes Marathontraining und findet Halt im islamischen Glauben. Zwei sind mit türkischen Männern verheiratet und haben Kinder.

Nur eine der fünf jungen Frauen spielt heute noch Fußball – aktiv und als Trainerin. Sie hat ihren Traum vom Fußballspielen nie aufgegeben – sie hat aber auch weder Interesse an einem "ordentlichen" Beruf noch am Heiraten.

Die Regisseurin Aysun Bademsoy verzichtet auf viel Zwischentext. Sie beobachtet, lässt die Mädchen oder später auch jungen Frauen erzählen. So zeichnet sie nicht nur scharfe Porträts der fünf Protagonistinnen, sondern auch eine eindrucksvolle Milieustudie mitten aus dem Berlin-Kreuzberger Leben.

"Football under Cover"

Einen ähnlichen Beobachterposten nehmen zwei weitere junge Filmemacher aus Berlin ein. Der Iraner Ayat Najafi und sein deutscher Kollege David Assmann sind davon überzeugt, dass Fußball Brücken zwischen Kulturen bauen kann, so unterschiedlich sie auch sein mögen. Und das führt sie in den Iran. Dort ist der Frauenfußball um 1968 entstanden, zu einer Zeit, in der er in Deutschland noch verboten war.

Iranische Frauen applaudieren den Spielerinnen auf dem Platz während des Freundschaftsspiels (Foto: ap)
Solch unsittliches Verhalten wird geahndet!Bild: AP

Das Filmteam reist mit einer Berliner Mädchen-Bezirksmannschaft nach Teheran. Dort soll zum ersten Mal ein internationales Freundschaftsspiel gegen die iranische Frauenfußballnationalelf ausgetragen werden.

Haarsträubende Geschichten passieren, iranische Funktionäre ändern Abläufe, Visa kommen zu spät, und die Frauen selber wissen nicht wirklich, wem sie da auf dem Platz begegnen werden. Nur eines ist klar: man wird sich an die iranischen Sitten halten müssen. Und das bedeutet: voll verschleiert auf dem Platz zu stehen. Das ist selbst für die vielen muslimischen Mädchen im deutschen Team schwer zu ertragen. Beim Spiel sind schließlich nur Frauen zugelassen. Sittenwächterinnen beobachten das feiernde rein weibliche Publikum streng und verbieten in der Halbzeitpause ausgelassenes Tanzen und Singen. Das sei ungehöriges Verhalten und unter ihrer Würde. Trotz oder gerade wegen dieser teils absurden Szenen hat der Film viel Witz.

Fußball ist Selbstbestimmung

Diese Filme haben nicht den Anspruch für den Frauenfußball werben zu wollen. Hier ist der Sport eine Nebensache – allerdings die wichtigste der Welt. Viele Beispiele gibt es: Vom Damenfußball im Deutschland der 50er Jahre bis hin zu iranischen Frauen, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Schleier kicken. Die Zansibar Soccer Queens stecken für den Fußball Schläge ihrer Männer ein und spielen trotzdem weiter, die türkischen Mädchen von Agrispor in Berlin lassen beim Fußball den Alltag hinter sich, ein indisches Mädchen setzt sich gegen eingestaubte Traditionen durch: Für die Frauen und Mädchen ist Fußball Ausdruck ihrer Selbstbestimmung und Unabhängigkeit. Leider allzu oft nur für zwei mal 45 Minuten. Nach dem Schlusspfiff müssen die meisten wieder zurück in ihre alten Rollen.

Autorin: Silke Wünsch
Redaktion: Gudrun Stegen