Wahlkampf auf indisch
23. September 2009Eine Bollywood-Hochzeit mit einem Elefanten – ein solches Ereignis hatte in Deutschland noch kein Wahlkämpfer zu bieten. Doch in den Brandenburger Landkreisen Barnim und Märkisch-Oderland ist alles ein wenig anders: Hier kandidiert bei der Bundestagswahl mit Ravindra Gujjula ein Einwanderer aus Südindien. Seine Hochzeitsfeier fand einen Monat vor der Bundestagswahl in der Kleinstadt Altlandsberg statt, erzählt der SPD-Kandidat. Mit 650 Leuten, inklusive Ministerpräsident und mehreren Bundestagabgeordneten. Und: mit einem waschechten Elefanten, den die Bürgermeister der anliegenden Gemeinden mitgebracht haben. "Das war wie ein Volksfest," strahlt Gujjula.
Bürgermeister mit überwältigender Mehrheit
Im Grunde war der Andrang keine große Überraschung. Denn Gujjula ist hier beliebt wie kaum ein anderer: 1993 wählten die Altlandsberger ihn zum Bürgermeister, fünf Jahre später bestätigten sie ihn im Amt – mit 82 Prozent der Stimmen. Inzwischen sitzt er für die SPD im Brandenburger Landtag. Nun hofft er, als Direktkandidat in den Bundestag gewählt zu werden - und das ausgerechnet in Brandenburg, wo kaum Ausländer leben.
Zu Gujjulas Wahlkreis gehört beispielsweise auch Strausberg, wo Neonazis wiederholt Ausländer angegriffen haben. Unlängst verbrannte dort ein Mob öffentlich Wahlkampf-Plakate von Gujjula. In Strausberg wohnt auch die Brandenburger Fraktionsvorsitzende der rechtsradikalen DVU, die mit dem Slogan "Der Osten wählt deutsch" wirbt. Dennoch hält Gujjula Brandenburg nicht für eine "No-Go-Area" für Ausländer. Die Situation habe sich verändert, sagt er. Es gebe gute Chancen, dass die rechtsradikale DVU bei den diesjährigen Landtagswahlen and er Fünf-Prozent-Hürde scheitere. Außerdem hätten mehrere Projekte dazu beigetragen, die Menschen für Rechtradikalismus zu sensibilisieren.
Als Exot auf Wahlkampftour
Auf Gujjulas Wahlkampfbus steht "Einer von hier – im Bundestag". 1973 kam er als Medizinstudent in die DDR, seit vielen Jahren besitzt er eine Arzt-Praxis in Altlandsberg. Gleichwohl werde er als Exot gesehen, räumt auch seine Wahlkampfhelferin Iris Schneider ein. Man treffe manchmal zunächst auf eine gewisse Distanz bei den Menschen. Aber wenn sie ihn erst einmal kennenlernten, dann schlössen sie ihn auch direkt ins Herz.
An jeder Laterne zwischen Altlandsberg und Berlin hängt Gujjulas Porträt. Unermüdlich fährt er durch den Wahlkreis, besucht Musikschulen, Lokalredaktionen und Zuchtbetriebe. Gujjula selbst sieht sich dabei nicht als Fremder: Zwar werde er nie seine indische Identität verlieren, doch nach all den Jahren fühle er sich wie ein Deutscher. Entsprechend normal findet er es, dass er in Brandenburg für den Bundestag kandidiert. "Wenn man lange in Brandenburg lebt und seinen Mittelpunkt in diesem Land gefunden hat," sagt Gujjula, "ist es eigentlich nicht schwer, hier Politik zu machen - weil Politik nur ein Teil des alltäglichen Lebens ist. Schon in diesem Sinne finde das nicht schwieriger als irgendwo anders."
Autor: Preeti John
Redaktion: Thomas Latschan