Zukunftspreis für Ultrakurzpulslaser
4. Dezember 2013Laser, das sind gebündelte Lichtstrahlen, mit denen man schneiden, schweißen und schmelzen kann. Die Laser der Zukunft sehen aber anders aus: Sie arbeiten mit unvorstellbar kurzen Lichtblitzen und sie können viel mehr als herkömmliche Laser.
Dabei sind sie so vielseitig, dass sie die Welt der Industrieproduktion gründlich umkrempeln. Drei deutschen Erfindern, die den Ultrakurzpulslaser zur Industriereife gebracht haben, wurde dafür jetzt der Deutschen Zukunftspreis verliehen.
Die Firma Trumpf aus Ditzingen stellt dieses einzigartige Industriewerkzeug her: Der Laserstrahl kann zum Beispiel eine ganze Weltkarte auf der Fläche eines winzigen Stecknadelkopfes eingravieren – so genau, dass selbst Sardinien durch ein Mikroskop noch als Insel im Mittelmeer deutlich zu sehen ist.
Weltweit effizientere Autos - made in Germany
In der Praxis produziert die Firma Bosch mit dieser Technologie Einspritzdüsen für Automotoren - als einziger Hersteller weltweit. Fast jeder Autobauer - ob in Europa, Asien oder Amerika - nutzt heutzutage Einspritzdüsen von Bosch. Diese tragen dann zwar immer eine andere Markenbezeichnung, im Kern funktionieren sie aber immer gleich: "Es geht darum, den Kraftstoff sehr gezielt in den Motorraum einzuspritzen", erklärt der Bosch-Entwickler und Physiker Jens König das Prinzip: "Das erlaubt eine gewaltige Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs um 20 Prozent. Die Autohersteller bauen damit sehr kleine und kompakte Motoren mit trotzdem sehr viel Leistung und wenig Verbrauch."
Durch die hochpräzise gebohrten winzigen Löcher wird das Benzin bei einem sehr hohen Druck von fast 1000 bar im Motorraum zerstäubt. So kann es sich gar nicht erst an den Wänden oder am Kolben niederschlagen. Und es kommt nicht zu schädlichen Emissionen oder Rußbildung, weil der komplette Treibstoff sauber verbrennt.
Kräftige Mini-Explosionen statt geschmolzenem Metall
Die Präzision, die nötig ist, um solche feinen Löcher zu formen, erreicht der Laser durch einen Trick. Der Physikprofessor Stefan Nolte von der Friedrich-Schiller Universität Jena erklärt die Methode am Beispiel einer Taschenlampe: "Wenn ich sie für eine Sekunde anschalte, bildet sich ein Strahl aus, der von der Erde bis zum Mond reicht. In wenigen Pikosekunden kommt das Licht hingegen nur ein bis zwei Millimeter weit." Und wenige Pikosekunden – also Billionstel einer Sekunde - dauert der Lichtpuls auch nur.
"Das heißt, wir haben gar nicht mehr so einen Laserstrahl, wie man ihn sich vorstellt, sondern nur ein ganz dünnes Lichtscheibchen", erklärt Nolte. Dafür hat es das kurze Lichtscheibchen aber in sich: Es komprimiert die gesamte Energie des Lasers in diesen kurzen Puls-Moment. "Das heißt, wir haben gigantische Leistungen im Bereich von einigen hundert Megawatt, sogar bis zu Gigawatt im Zentrum des Lichtpulses", so der Professor.
Wenn das energiereiche Lichtscheibchen dann auf das Metall trifft, kommt es dort ganz kurz zu Temperaturen um die 6000 Grad Celsius. Dadurch verdampft das Metall an der gewünschten Stelle explosionsartig. Und das wiederholt sich dann bis zu eine Million mal pro Sekunde an einer winzigen Stelle. Dabei geht alles so schnell und die Pulse sind so kurz, dass das eigentliche Werkstück sich gar nicht erhitzt. Der Vorteil: Dann schmilzt und verformt sich auch das Metall in der Umgebung nicht.
Pulse entstehen im Halbleiter
Aber wie bringt man den Laser überhaupt dazu, so kurze, energiereiche Pulse auszusenden? "Der Trick sind spezielle Halbleiterstrukturen, sogenannte sättigbare Absorber. Diese absorbieren schwaches Licht, werden aber unter Einfluss von intensiven Lichtpulsen kurzzeitig transparent," erklärt Trumpf-Laserentwickler Dirk Sutter das Funktionsprinzip. In einen Laseroszillator eingebaut begünstigen sie die Ausbildung Ultrakurzer Pulse.
Solche Pulse verstärkt Trumpf mittels einer Laserscheibe - einem nur einen Zehntelmillimeter dicken Kristall - auf Spitzenleistungen. "Die entsprechen in etwa dem mittleren Energiebedarf einer ganzen Stadt wie Jena - aber eben immer nur sehr kurzzeitig, so dass die mittlere Leistung des Lasers eher einer Glühlampe entspricht", erklärt Sutter.
Undenkbar viele Anwendungsgebiete
Nicht nur sparsamere Benzinmotoren lassen sich mit den von ihm entwickelten Maschinen bauen, auch Düsen für bessere Dieselmotoren oder die Brenner für Ölheizungen kann man damit herstellen. Auch schneiden viele Hersteller von Smartphones damit schon heute die Gläser der Displays.
Auch in der Elektronik kommen die Laser von Trumpf immer häufiger zum Einsatz. Sie schneiden winzige Platinen, um immer kleinere Geräte bauen zu können. Und die für den Zukunftspreis nominierten Laserforscher haben noch viel mehr Anwendungsbereiche im Kopf, zum Beispiel in der Medizin.
Hier werden mit den Lasern Stents geschnitten – das sind winzige Röhrchen, die Blutgefäße vor Verstopfung bewahren. Das besondere an diesen Stents: Sie bestehen aus einem besonderen Polymer, also einem Kunststoff. "In dieses Polymer sind Medikamente eingebettet", erklärt Teamsprecher Jens König: "Nachdem der Stent in den Körper eingepflanzt wurde, setzt der Kunststoff sukzessive diese Medikamente frei. Das hilft bei der Heilung". Ohne Ultrakurzpulslaser könne man diese filigranen, polymeren Stents gar nicht schneiden, so der Physiker.
Erste Erfolge haben die Ultrakurzpulslaser also schon zu verbuchen. Aber die Industrie steht noch am Anfang, was die Nutzung der neuen Technologie angeht. Der große Durchbruch der neuen Lasertechnologie steht unmittelbar bevor: "Wir glauben, dass es möglich ist viele Fertigungsverfahren zu ersetzen", ist Peter Leibinger aus dem Vorstand der Firma Trumpf überzeugt. Seine Vision: Eine Fabrik, die Einzelstücke in großer Zahl und höchster Qualität produziert. "Dann haben wir eine digitale photonische Fabrik."
Das heißt: Alles was produziert wird, liegt zuerst in Form von Computerdateien elektronisch vor. Daraus produzieren dann Ultrakurzpulslaser mit Photonen, also Licht, verschiedenste Gegenstände: Werkzeuge, Verbrauchsgüter, Ersatzteile und vieles mehr - aber immer nur soviel, wie gerade benötigt wird. "Das Ganze ist auch noch umweltfreundlich, weil wir einen wirklich effizienten Prozess haben. Ich denke das ist eine tolle Vision und deshalb haben wir den Zukunftspreis auch verdient", zeigt sich Leibinger zuversichtlich.