Energiegipfel in Berlin
8. März 2013Die Debatte um die Finanzierung der Energiewende ist am Donnerstag (07.03.2013) in die nächste Runde gegangen. Zwar ist der langfristige Verzicht auf die Kernkraft und der Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland im Grundsatz beschlossene Sache. Doch um die Kosten gibt es immer wieder Streit.
In der aktuellen Auseinandersetzung geht es um die verschiedenen Standorte, an denen Strom produziert wird, und deren Anbindung an das Stromnetz. Im Gegensatz zu den Atomkraftwerken, die über das ganze Land verteilt sind, sind Wasserkraftwerke, Windparks und Sonnenkollektoren abhängig von den regionalen Witterungsverhältnissen. Windenergie wird vorwiegend in Norddeutschland produziert, je näher am Meer, desto stärker der Wind. Im Süden Deutschlands scheint dafür mehr und länger die Sonne, allerdings nur tagsüber. Wasserkraft gibt es fast nur in den Bergen.
Wind im Norden, Sonne im Süden
Derzeit werden 23 Prozent des gesamten deutschen Elektrizitätsbedarfs aus solchen erneuerbaren Energiequellen gewonnen, 2050 sollen es 80 Prozent des gesamten Stromverbrauchs sein. Damit der Strom auch künftig zu jeder Zeit an jedem Ort in Deutschland verfügbar ist, müssen deshalb leistungsstarke Leitungsnetze gebaut werden. Die Bundesnetzagentur hat ausgerechnet, dass 2800 Kilometer sogenannter Stromautobahnen nötig sind, vor allem von Nord nach Süd. Manche Schätzungen gehen noch weiter. "Doch mit übertriebenen Zahlen wird auch Politik gemacht," kritisiert Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), "Große Zahlen sollen den Eindruck erwecken, dass die Energiewende nicht zu schaffen ist." Die Energieexpertin hält 2800 Kilometer lange Leitungen für ausreichend, nicht aber die Geschwindigkeit, mit der an den Trassen geplant und gebaut wird. "Eine Beschleunigung des Ausbaus ist nötig für die Energiewende."
Streit um Ausnahmen für Stromfresser
Zur Finanzierung dieser Netze werden seit 2012 die Stromkunden herangezogen. Für jede Kilowattstunde zahlen die Bürger auf ihrer Stromrechnung einen Aufschlag von 0,329 Cent, der in den Bau der Leitungen fließt. Doch es gibt Ausnahmen. Damit energieintensive Industrien wie etwa Aluminiumhersteller oder Zementwerke nicht ins Ausland abwandern, hat die Bundesregierung den Stromfressern die Umlage erlassen. Großkunden mit mehr als 10 Gigawattstunden Jahresverbrauch zahlen nichts. Die EU-Kommission in Brüssel hat deshalb schon vor einiger Zeit ein Verfahren angekündigt, weil die Ausnahmen ihrer Meinung nach das Prinzip der Gleichbehandlung verletzen. Das Oberlandesgericht in Düsseldorf hat nun noch einen draufgesetzt: Es gebe keine Rechtsgrundlage für die Ausnahmen, die Unternehmen müssten das Geld nachzahlen, befanden die Richter.
Die Bundesregierung hat nun angekündigt, sie wolle die Rabatte für die stromintensive Industrie etwas kürzen. Derzeit profitieren rund 200 Unternehmen von der Befreiung und sparen damit jährlich rund 300 Millionen Euro. Dafür zahlen alle anderen etwas mehr. Nach den Plänen der Bundesregierung sollen diese Betriebe künftig mit 60 Millionen an den Netzkosten beteiligt werden. Zu wenig, sagen die Grünen. Zu viel, sagt die Industrie: "Die Netzentgeldbefreiung ist wichtig für die Überlebensfähigkeit von energieintensiven Unternehmen in Deutschland," warnt der Bundesverband der Deutschen Industrie BDI.
Langfristig positiv
Angesichts der Gesamtkosten der Energiewende fällt der Netzausbau allerdings nicht so sehr ins Gewicht. Allein für die Förderung von Wind-, Sonne- und Bioenergie müssen die Bundesbürger jährlich fast 20 Milliarden Euro aufbringen, teils über Steuern, teils über Aufschläge auf den Strompreis.
Doch langfristig könne sich die Energiewende für die Bürger durchaus bezahlt machen, glaubt Claudia Kemfert. "Man muss auch die Einsparungen bei den fossilen Energien einrechnen, die Arbeitsplatzeffekte durch die neuen Unternehmen in diesem Sektor, und die tendenziell sinkenden Preise für Wind- und Sonnenenergie." Schon jetzt sei an den Börsen zu beobachten, dass die Preise für alternative Energien fallen.