Pferdefleisch in europäischer Tiefkühlkost
26. Februar 2013Bisher kennt man weder die Verantwortlichen, noch das genaue Ausmaß des aktuellen Pferdefleischskandals. Das soll sich schnell ändern. Die EU-Kommission will DNA-Tests für verarbeites Rindfleisch in Europa einführen. Damit könnte falsch deklariertes Pferdefleisch identifiziert werden. Endgültig entschieden wird über den Vorschlag bei einem Spitzentreffen in Brüssel am Freitag (15.02.13).
Herkunft unbekannt
Der Skandal um falsch deklariertes Pferdefleisch hatte vor rund einem Monat begonnen. Damals wurden Spuren von Pferdefleisch in Hamburgern gefunden, die in Großbritannien und Irland in Supermärkten verkauft wurden. Vergangene Woche zeigten Tests, dass auch Rindfleisch-Lasagne Pferdefleisch enthielt, zum Teil sogar bis zu 100 Prozent . Erste Spuren führten zu französischen Produzenten, die Fleisch unter anderem aus Rumänien beziehen.
Die Behörden in Frankreich und anderen EU-Staaten wissen bisher nicht, seit wann und in welchem Umfang der Betrug mit Pferdefleisch läuft. Rumäniens Ministerpräsident Victor Ponta sagte, Tests hätten ergeben, dass keine Firma auf rumänischem Gebiet Regeln der Europäischen Union gebrochen habe.
Verbrauchertäuschung ohne gesundheitliche Folgen
In der vergangenen Woche hatte die deutsche Supermarktkette "Kaiser's Tengelmann" vorsorglich reagiert und ihre Tiefkühl-Lasagne aus den Kühltruhen genommen, um sie untersuchen zu lassen. Sollten die Experten auch hier fündig werden, würde es sich um eine Verbrauchertäuschung handeln, sagt Ariane Girndt, Pressereferentin des Bundesverbraucherschutzministeriums im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Das wäre dann ein Verstoß gegen Paragraph 11 des Lebensmittel- und Futtergesetzbuches". Ein Bruch der Deklarationspflicht also, schädlich für die Gesundheit sind die bislang gefundenen unzulässigen Fleischmischungen in Fertiggerichten aber nicht.
Herkunft muss erkennbar sein
Für Greenpeace-Sprecher Jürgen Knirsch zeigt der Pferdefleischskandal die grundsätzlich unzureichende Kennzeichnung der Lebensmittel in Deutschland. Die Lieferwege seien verworren. "Wir brauchen klarere Systeme der Rückverfolgbarkeit" Der Experte für nachhaltigen Konsum betont im Gespräch mit der DW: "Ich muss nicht nur wissen, was drin ist, sondern auch, woher das Fleisch stammt." Entsprechende Technik stehe bereits zur Verfügung, werde aber aus Kostengründen noch nicht eingesetzt. Mit einem System namens "F-Trace" beispielsweise könne der Verbraucher per Internet das Produkt bis zum Bauernhof zurückverfolgen - wenn es denn in Deutschland hergestellt wurde. "Wenn ich heute in Irland und morgen in Zypern kaufe, um möglichst preiswert zu produzieren, ist eine solche Kennzeichnung natürlich schwer", meint Knirsch.
Pferdefleisch ist im Osten billiger
Auch wenn die Täter noch unbekannt sind, als Motiv für den Kennzeichnungs-Betrug wird schlichte Profitgier vermutet. "Wenn man Pferdefleisch ins Rindfleisch mischt, kann man damit richtig Geld sparen", sagt Lebensmittelexperte Udo Pollmer vom Europäischen Institut für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften. "In einigen Ländern Osteuropas gibt es noch viele Pferdefuhrwerke. Dort sind Pferde Arbeitstiere und Pferdefleisch ist billig." Für mehr Profit reichten manchmal schon einige Prozent anderes Fleisch, ergänzt Pollmer. Das zeigten Fälle aus der Vergangenheit, in denen Hersteller angeklagt wurden, weil sie ihr Rinderhack mit billigerem Schweinefleisch gestreckt hatten.
Die Herkunft des Pferdefleisches aus Osteuropa sieht Pollmer als geringes Problem. "Ich wäre ja froh, wenn es aus dem Osten käme, weil bei uns die Pferdehalter ihren Tieren alles an Medikamenten geben, was edel, gut und teuer ist. In Osteuropa hat man dafür einfach kein Geld." Sollte das verwendete Fleisch aus Westeuropa stammen, könnte das also der größere Skandal werden. Denn es könnte bedeuten, das Pferdefleisch verarbeitet worden ist, dass für den menschlichen Genuss gar nicht vorgesehen war, sondern allenfalls für die Tierfutter-Produktion verwendet werden darf. So untersucht die irische Lebensmittelbehörde derzeit Fleischprodukte auf Phenylbutazon. Ein Wirkstoff, der Pferden gegen Schmerzen und Fieber verabreicht wird. Ein Tier, das mit dem Medikament behandelt wurde, ist für die Fleischverarbeitung unzulässig.
Das Pferd hat Haustier-Status
Dass der Pferdefleischskandal derartig viel Interesse auf sich zieht, liegt jedoch nicht nur an möglichen Gesundheitsgefahren und dem Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht. "Das Pferd hat bei uns Haustier-Status", erklärt Udo Pollmer. Deutschland besitzt viele Pferdeliebhaber. Und für die ist Pferdefleisch tabu.
Und was sagt die deutsche Fleisch-Branche? Zumindest für die 14.000 Fleischerei-Fachgeschäfte in der Bundesrepublik wird sich dieser Skandal nicht negativ auswirken, meint Martin Fuchs, Geschäftsführer des Deutschen Fleischerverbandes. Ganz im Gegenteil, sagt Fuchs. Die Lebensmittelskandale würden immer dazu führen, dass die verunsicherten Verbraucher den großen Herstellern und Verkaufsflächen misstrauen. Und davon würden die kleineren und mittleren Fleischerbetriebe stets profitieren.