Der Marsch auf Bukarest
In Rumänien hat sich die Regierung dem Willen der Straße gebeugt und ein umstrittenes Korruptionsdekret zurückgenommen. Doch das reicht den Demonstranten nicht. Sie fordern nun den Rücktritt. Eindrücke von Diego Cupolo.
"Für immer nach Hause"
Sorin Taban, ein Elektrotechniker aus der Hauptstadt, hat ein Schild in der Hand: Erstens: Nehmt das Dekret zurück. Zweitens: Geht nach Hause - ist dort zu lesen. Er sei erst dann zufrieden, wenn die PSD-Regierung aufgibt. "Die alten kommunistischen Eliten müssen für immer weg von der Macht", fordert der 53-Jährige.
Das Vertrauen ist weg
"Kein Ausweg, keine Flucht", steht auf einem anderen Plakat. "Selbst, wenn sie das Dekret nun zurückgenommen haben", sagt einer Demonstranten. "Woher wissen wir denn, dass sie es nächsten Monat nicht wieder versuchen", fragt er. "Wir trauen der Regierung einfach nicht mehr. Sie muss wissen, dass wir ihnen genau auf die Finger schauen."
"Wir sind aufgewacht"
Seit vergangenem Dienstag sind mehr als 300.000 Menschen im ganzen Land auf die Straße gegangen. Damit stellten sie sich gegen eine Verordnung, die die Korruption in ihren Augen erleichtert. Die Hälfte der Demonstranten kam in Bukarest zusammen. Vor allem auf dem Siegesplatz (Bild), wo sie laut skandieren: "Wir sind aufgewacht."
Ende der Korruption
Das gerade erst vor einem Monat gewählte Kabinett wollte Amtsmissbrauch nur noch dann strafrechtlich verfolgen, wenn die Schadenssumme mindestens 200.000 Lei (rund 45.000 Euro) beträgt. Da der PSD-Vorsitzende Liviu Dragnea persönlich wegen Amtsmissbrauchs vor Gericht steht (es geht um 24.000 Euro), hat das bei vielen Rumänen einen ganz schalen Beigeschmack.
Menschenkette um das Parlament
Schon am Samstag haben Tausende Rumänen eine Menschenkette rund um das Parlament formiert. "Damit zeigen wir, dass dieses Gebäude nicht ihnen, sondern uns gehört", so Christian Nadu, einer der Demonstranten in der knapp drei Kilometer langen Kette.
Das Ziel ist der Rücktritt
"Die Regierung muss gehen", fordert Mihai Oprica. Dass sich die Führung nun gebeugt hat, ist für den 31-jährigen IT-Fachmann nicht genug. "Wenn sie kooperieren, werden wir aufhören, wenn nicht, machen wir weiter und zwar jeden Tag."