Der Kosovo-Krieg und die Kultur
15. August 2005Der erste Schritt ist der schwierigste. Das wissen die Kulturminister Serbiens, Dragan Kojadinovic, und des Kosovo, Astrit Haracia. Der Kontakt zwischen Belgrad und Pristina ist für beide Seiten wichtig: Der Dialog mit Belgrad ist eine der Voraussetzungen, die Kosovo erfüllen muss, bevor die Status-Frage entschieden wird. Und für Serbien geht es letztlich um Image-Pflege besonders bei der Europäischen Union.
Dennoch gibt es auf beiden Seiten immer noch Politiker, die gegen diesen Dialog sind. Deswegen vermeiden es die Minister, große Erwartungen zu schüren: "Ehrlich gesagt, erwarte ich nichts Spektakuläres. Ich erwarte, dass unsere Gespräche anfangen", sagt der serbische Kulturminister. "Wir haben vieles gemeinsam zu tun. Vor allem ist das der Wiederaufbau von Kirchen und Klöstern, die während der Unruhen im März 2004 zerstört wurden." Ähnlich äußert sich sein kosovarischer Amtskollege: "Von diesem Besuch erwarte ich nicht zu viel. Wir werden über das Kulturerbe sprechen, über beiderseitige Interessen und über die Rückgabe der Kunstschätze, die während des Krieges aus dem Kosovo geraubt wurden." Doch genau diese Rückgabe der Kulturschätzen ist ein Problem - weil keiner genau weiß, wer wie viel während des Kosovo-Krieges geraubt hat.
Nicht nur Hände schütteln
Das Treffen wird aber sicher nicht nur höfliches Händeschütteln sein. Denn auch der Wiederaufbau religiöser Gebäude ist ein schwieriges Thema. Während der Unruhen im März 2004, bei denen 19 Menschen getötet und mehrere tausend Serben vertrieben wurden, sind auch fast 1000 serbische Häuser und mehr als 30 serbisch-orthodoxe Kirchen und Klöster im Kosovo zerstört worden. In den vergangenen anderthalb Jahren sind zwar fast 900 Häuser wiederaufgebaut worden, aber noch keine einzige Kirche. Aber immerhin, es bewegt sich etwas: Im März 2005 unterzeichnete die kosovarische Seite mit dem serbischen Patriarchen Pavle eine Absichtserklärung. Es wurde danach eine fünfköpfige Kommission gegründet, die sich um den Wiederaufbau der religiösen Gebäude kümmern soll. Die Kommission arbeitet schon. Am 10. August 2005 wurden die ersten Ausschreibungen für den Wiederaufbau von acht Kirchen und Klöstern veröffentlicht.
Die kosovarische Regierung hat für den Wiederaufbau der Gebäude der serbisch-orthodoxen Kirche 4,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Und Präsident Ibrahim Rugova hat für dieses Jahr noch einmal 1,2 Millionen Euro aus dem kosovarischen Haushalt verlangt. Zudem hat die UNESCO im Mai in Paris eine Geber-Konferenz organisiert, bei der für den Wiederaufbau im Kosovo mehr als zehn Millionen Euro zugesagt wurden. Der serbische Minister Kojadinovic gibt jedoch zu bedenken, dass diese Mittel für den Wiederaufbau von allen Gebäuden und nicht nur für serbisch-orthodoxe Kirchen vorgesehen seien. "Wir dürfen keine Unterschiede machen, sondern müssen auch alle religiösen Gebäude renovieren. Die Kulturschätze im Kosovo gehören nicht nur Albanern oder Serben, sondern sind teilweise das Weltkulturerbe."
"Auf jeden Fall ohne Krieg"
Trotz all dieser Probleme sind Kojadinovic und Haracia überzeugt, dass der erste Schritt ein Erfolg sein wird. Sie sind sich jedoch dessen bewusst, dass noch mehr getan werden muss: "Gespräche ohne eine Versöhnung und Rückkehr der Vertriebenen machen keinen Sinn", sagt Kojadinovic. "Wenn wir am Anfang des 21. Jahrhunderts nicht verstehen, dass wir ohne Feindschaft, Terrorismus und Kriege leben müssen, dann bringt ein Treffen nichts. Ich bin überzeugt, dass, wenn unsere Kinder in Zukunft schon nicht miteinander leben werden, dann zumindest nebeneinander - aber auf jeden Fall ohne Krieg gegeneinander."