Der Jom-Kippur-Krieg
Nach dem Sechstagekrieg galt Israel als unverwundbar - der Angriff Ägyptens und Syriens am 6. Oktober 1973 zeigte, dass sich der jüdische Staat in trügerischer Sicherheit wiegte. Der Nahe Osten ist fragil - bis heute.
Überraschungsangriff
Am Mittag des 6. Oktober 1973 rückte die ägyptische Armee auf die von Israel besetzte Sinai-Halbinsel vor. Gleichzeitig griffen syrische Truppen israelische Stellungen in den Golan-Höhen an. Israel war auf einen Krieg nicht vorbereitet, schon gar nicht am höchsten jüdischen Feiertag, dem Jom Kippur. Die zahlenmäßig weit unterlegenen israelischen Soldaten konnten kaum Widerstand leisten.
"Schande" vergessen machen
Ägypten konnte das Trauma des verlorenen Sechstagekriegs von 1967 nicht verwinden. Als Präsident Gamal Abdel Nasser drei Jahre später starb, schwor sich sein Nachfolger Anwar el Sadat (3. v. r.), die von Israel annektierte Sinai-Halbinsel zurückzuerobern. In Syriens Präsident Hafis al-Assad fand er einen bereitwilligen Verbündeten für einen Zwei-Fronten-Krieg gegen den gemeinsamen Feind.
Günstiger Zeitpunkt?
Für den Angriff wählten Ägypten und Syrien den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur. Am Vorabend wird ein Huhn als Opfer geschlachtet, auf das die Sünden übergehen sollen. An Jom Kippur selbst wird gefastet, das öffentliche Leben kommt zum Erliegen. Gerade das erwies sich für Israel letztlich aber als Vorteil: Die mobilisierte Armee gelangte durch die menschenleeren Straßen schnell an die Front.
Gegenoffensive
Sadat und Assad konnten in den ersten zwei Tagen militärische Erfolge feiern: Im Süden überquerten die ägyptischen Truppen an fünf Stellen den Suezkanal und drangen auf die Sinai-Halbinsel vor. Im Norden besetzte die syrische Armee mit jordanischer Unterstützung die Golan-Höhen. Doch dann wendete sich das Blatt: Den Israelis gelang es, die Angreifer zurückzuschlagen.
Erster Erfolg
Die israelische Gegenoffensive im Norden brachte der syrischen Armee auf den Golan-Höhen schon am dritten Tag des Jom-Kippur-Kriegs eine erste schwere Niederlage bei. Die Israelis rückten mit Bodentruppen weiter auf Damaskus vor und flogen Bombenangriffe auf die syrische Hauptstadt.
Offensive im Süden
Auch auf der Sinai-Halbinsel rückten die israelischen Truppen vor. Unter der Führung von General Ariel Scharon (r.) überquerten sie schließlich den Suezkanal. Scharons Panzerdivision brach durch die ägyptischen Angriffslinien und kesselte einen Teil der gegnerischen Streitkräfte ein. Danach galt er vielen Israelis als Held - und begann seine politische Karriere. 2001 wurde er Ministerpräsident.
Ölembargo
Angesichts der militärischen Erfolge Israels verhängte die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) zwölf Tage nach Beginn des Kriegs ein Ölembargo gegen westliche Staaten. Speziell auf den Israel-Unterstützer USA wollten die arabischen Staaten in der OPEC Druck ausüben. Die Drosselung der Ölausfuhren löste eine Energiekrise und drastische Sparmaßnahmen aus - auch in Deutschland.
Später Friedensschluss
Zwei Wochen nach Beginn des Kriegs drängte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen alle Parteien, das Feuer einzustellen. Am 24. Oktober ruhten die Waffen an allen Fronten. Aber erst 1979 unterzeichneten Anwar al-Sadat (l.) und Israels Ministerpräsident Menahem Begin (r.) unter Vermittlung von US-Präsident Jimmy Carter das Friedensabkommen von Camp David.
Krise nach dem Krieg
Trotz der militärischen Erfolge stürzte der Jom-Kippur-Krieg Israel in eine innenpolitische Krise. Der Nimbus der Unverwundbarkeit war zerstört. Mehrere Regierungspolitiker und führende Militärs traten zurück. Ihre Haltung vor dem Kriegsausbruch bezeichnet der heutige Verteidigungsminister Mosche Jaalon, der damals als Soldat diente, als "Arroganz, Leichtsinnigkeit und Selbstgefälligkeit".
Schmerzliches Gedenken
Die Bilanz nach zwei Wochen Krieg ist erschreckend: Auf arabischer Seite schätzt man die Zahl der Todesopfer auf bis zu 18.500. Israel beklagt rund 2500 Gefallene. Am Tag nach Jom Kippur wird jedes Jahr an sie erinnert.