Der jüngste Staat der Welt versinkt im Chaos
Was als politischer Machtkampf zwischen Präsident Salva Kiir und seinem ehemaligen Vize Riek Machar begann, ist zu einem blutigen Konflikt geworden, der sich in den letzten Wochen zunehmend ethnisch aufgeladen hat.
Zerstörte Heimat
Seit über einem Monat hat der ehemalige Vizepräsident Riek Machar mit seiner Rebellenarmee gegen die Regierung gekämpft. Ein Krieg, der nach UN- Schätzungen bereits 10.000 Menschenleben gekostet hat. Viele Orte sind vollständig niedergebrannt. Alles, was dieser Einwohner der Stadt Bentiu noch besitzt, passt in eine Plastiktüte.
Soldaten gegen frühere Kameraden
Die südsudanesische Armee SPLA konnte in den letzten Tagen wichtige Städte von den Rebellen zurückerobern. Dabei kämpften die Soldaten oft gegen ihre ehemaligen Kameraden. Ein Teil der Armee hatte sich Mitte Dezember gegen die eigene Regierung von Präsident Salva Kiir gewendet und sich Rebellenführer Machar angeschlossen.
Vom Feind zum Verbündeten
Um den Kampf gegen die Rebellen zu gewinnen, verbündet sich die Regierung mittlerweile auch mit umstrittenen Milizenführern. Wie etwa mit David Yau Yau, dessen Armee jahrelang gegen den Staat kämpfte. Bis vor wenigen Monaten wollte die Regierung Yau Yau noch wegen Kriegsverbrechen anklagen. In seiner Armee kämpfen auch Kinder. Das liege "in der Natur der Konflikte im Südsudan", so Yau Yau.
Die letzte Rebellenhochburg
Gemeinsam mit ihren neuen Verbündeten wollen die Regierungstruppen nun Malakal einnehmen - die letzte große Stadt in Rebellenhand. "Die Truppen von Riek Machar führen junge Menschen in die Irre und rekrutieren 16-jährige Jungs", sagt Simon Kun Puoch, der Gouverneur des Bundesstaats Upper Nile. Er befürchtet, dass die Kämpfe die Entwicklung des Landes um mehrere Jahre zurückwerfen werden.
Gewalt als einziges Mittel?
Peter Adwok Nyaba hat im Unabhängigkeitskrieg ein Bein verloren. Seitdem Kiir im Juli 2013 das Kabinett auflöste, sympathisiert der frühere Minister mit den Aufständischen. "Die Armee wird im Südsudan als das einzige Mittel betrachtet, um Ziele umzusetzen", so Politiker Nyaba. "Auch der Präsident glaubt, den Konflikt zwischen ihm und seinen Kollegen nur mit militärischen Mitteln lösen zu können."
Den Konflikt politisch lösen
"Wir wissen, dass die Lösung des Konflikts nicht beim Militär liegt", sagt Armeesprecher Philip Aguer. Der Südsudan stecke in einer politischen Krise, die auch politisch gelöst werden müsse. "Es ist traurig, dass einige Politiker versuchen, die Armee und das südsudanesische Volk zu spalten, um ihre Ziele zu erreichen."
Eine gespaltene Nation
Beide Seiten verhandeln seit mehreren Wochen erfolglos. Der Konflikt hat sich in dieser Zeit immer weiter ethnisch aufgeladen - auch in der Armee. Akot Arech, ein Gesandter des Präsidenten, besucht eine Kaserne, in der sich 200 Soldaten unterschiedlicher Volksgruppen gegenseitig ermordeten. "Das ist unvorstellbar", sagt der sichtlich schockierte Politiker. "Wie sollen wir da unser Land aufbauen?"
Auf der Flucht
Selbst in Flüchtlingslagern der Vereinten Nationen werden die verschiedenen Volksgruppen meist getrennt untergebracht. Vor allem zwischen den Dinka, der Volksgruppe des Präsidenten, und den Nuer, der auch Rebellenführer Machar angehört, kam es immer wieder zu Zusammenstößen. Nach gezielten Angriffen in der Hauptstadt Juba flohen 20.000 Nuer ins seit Wochen hoffnungslos überfüllte UN-Camp Tonping.
Angst vor neuen Übergriffen
Der Lehrer Isaac Maet lebt mit seiner Frau seit einem Monat im Camp. Er hat Angst vor erneuten Übergriffen und wenig Hoffnung, dass er bald wieder als Lehrer arbeiten kann. "Wenn es nur ein politischer Konflikt wäre, gäbe es sicher eine Lösung", sagt Maet. "Aber jetzt ist es ein ethnischer Konflikt, der sicher nicht so schnell gelöst wird."