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Der Geistes-Künstler

11. September 2003

Am 11. September vor hundert Jahren wurde Theodor W. Adorno in Frankfurt am Main geboren. Er war einer der führenden Vertreter der "Frankfurter Schule" und gilt als einer der wichtigsten Theoretiker der neuen Linken.

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An diesem Tisch philosophierte er: Adornos Arbeitsplatz, mitten in FrankfurtBild: AP

Im exzellenten Wissenschaftler-Team des Instituts für Sozialforschung, das als Frankfurter Schule stilbildend wirkte, war Theodor W. Adorno der Künstler: Mit eleganten, in eigenwilligem Satzbau formulierten Schriften im Geiste der Aufklärung öffnete er den Raum für eine kritische Analyse der bürgerlichen Gesellschaft. Darin zog er Schlüsse aus der Erfahrung von Nationalsozialismus und Judenvernichtung, aber auch aus den Folgen der modernen Kulturindustrie.

Vielseitig begabt

Mit seinen Hauptwerken legte er auf der Basis eines modernisierten Marxismus, der sehr wohl die Erkenntnisse "bürgerlicher" Philosophie und Wissenschaft mitdachte, auch eine intellektuelle Grundlage für den gesellschaftskritischen Aufbruch der Studentenbewegung. Nachdem er 1947 gemeinsam mit Max Horkheimer die "Dialektik der Aufklärung" veröffentlicht hatte, folgten 1966 die "Negative Dialektik" und die aus dem Nachlass veröffentlichte "Ästhetische Theorie" (1970).

Theodor Ludwig Wiesengrund-Adorno scherte sich nicht um die Häme mancher Kollegen, die ihn eher für einen Künstler als für einen ordentlichen Professor hielten. Philosophie, Soziologie, Psychologie und Musikwissenschaft studierte er, in Wien unterrichtete ihn Alban Berg in Komposition. So vielseitig wie die Studien, so weit war das Spektrum seiner Themen und Tätigkeiten. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit komponiert er und schreibt Kulturkritiken und Gedichte. Schon als Schüler ist er mit dem Filmtheoretiker Siegfried Kracauer befreundet, als Student lernt er Walter Benjamin, Max Horkheimer und Friedrich Pollock kennen, mit denen er am Frankfurter Institut für Sozialforschung zusammenarbeitet.

Kritik der Kulturindustrie

1931 kann sich Adorno noch bei dem Religionsphilosophen Paul Tillich habilitieren, doch 1933 entziehen die Nationalsozialisten dem Sohn eines jüdischen Vaters die Lehrbefugnis. Über England emigriert Adorno in die USA, wo er sich wieder dem ebenfalls übergesiedelten Institut für Sozialforschung anschließt. Von der amerikanischen Erfahrung inspiriert, analysiert er in "Dialektik der Aufklärung", wie der kommerzielle und verschleiernde Charakter der Kulturindustrie der Freiheit und der Vernunft, also dem Geist der Aufklärung, widerspricht. In der großen, empirisch angelegten Studie "Der autoritäre Charakter" (1950) untersuchen Adorno und seine Kollegen die Entstehung von Vorurteilen und den Zusammenhang von Autoritätsfixierung und Faschismus.

Gescheitert an sich selbst

Ebenfalls noch in die amerikanische Zeit fällt Adornos Freundschaft mit Thomas Mann, den er intensiv bei der musiktheoretischen Gestaltung von "Doktor Faustus" (1947) berät. Zu den ersten Veröffentlichungen nach der Rückkehr 1949 nach Frankfurt zählt die Aphorismensammlung "Minima Moralia" (1951). Die "Reflexionen aus dem beschädigten Leben" - so der Untertitel – werden zu einem Vademecum der Studentenbewegung, das in keiner Wohngemeinschaft fehlt und dessen prägnantesten Sprüche wie "Es gibt kein richtiges Leben im falschen" oder "Das Ganze ist das Unwahre" längst ins Allgemeingut eingegangen sind.

Doch Adorno selbst fand keinen Zugang mehr zur außerparlamentarischen Opposition. Der Ordinarius für Soziologie und Philosophie, der seit 1959 dem Institut für Sozialforschung auch vorstand, rief nach einer Besetzung des Instituts die Polizei zu Hilfe und ließ das Institut räumen. Am 6. August 1969 starb Adorno während seines Urlaubs in den Schweizer Bergen.