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Der falsche Abgang

9. August 2016

Im letzten Einzelrennen seiner Karriere versucht Paul Biedermann noch einmal, endlich eine Olympia-Medaille zu holen. Aber der Weltrekordler scheitert erneut. Jetzt bleibt noch eine allerletzte Chance für ein Happy End.

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Rio 2016 Schwimmen Paul Biedermann Deutschland
Bild: Reuters/M. Brindicci

Locker, lässig, fast desinteressiert schlurft Paul Biedermann in die Arena. Grußlos setzt er sich auf seinen Startblock und fängt an, seine Trainingshose auszuziehen. Business as usual. Seine Körpersprache zeigt so viel Spannung wie ein Wackelpudding. Würde Biedermann das nicht fast jedes Mal vor dem Start so machen, müsste man sich ernsthafte Sorgen um seine Motivation machen. Dann steigt er auf den Block, der Startschuss fällt und eine gefühlte Ewigkeit nach allen anderen springt der Deutsche ins Wasser. Zum letzten Mal in einem Einzelrennen und fast schon gewohnt ist sein Rückstand zu Beginn.

Ein langsames Finale, aber Biedermann nutzt die Chance nicht

Knapp 200 Meter Freistil liegen vor ihm und Biedermann liegt bereits recht abgeschlagen auf dem letzten Platz. Und auch die ersten beiden Bahnen sind nicht gerade berauschend. Biedermann, der immer etwas Anlauf braucht, kann sich nur auf Platz sieben vorarbeiten. Die dritte Bahn ist dann etwas besser, aber er ist schon zu weit zurück. Am Ende verlassen ihn dann noch die Kräfte und er schlägt als Sechster an. Während ein paar Bahnen weiter Ex-Dopingsünder Sun Yang aus China über Gold jubelt, blickt Biedermann etwas ratlos auf die Anzeigetafel. In einem langsamen Finale schwimmt auch Biedermann langsam und wird sich in diesem Moment fragen, warum er diese Chance ungenutzt ließ. Ein paar Minuten später ist er immer noch nicht schlauer: "Schade, aber das war alles, was ich zu leisten im Stande war", sagt er mit hochrotem Kopf auf dem Weg in die Umkleidekabine.

Rio 2016 Schwimmen Paul Biedermann Deutschland
Am Start wie gewohnt zurück. Doch auch danach konnte Biedermann nicht aufholen.Bild: Reuters/M. Brindicci

"Natürlich ist das ärgerlich, wenn man die Zeiten sieht. Aber wenn ich die Zeit nicht schwimme, darf ich mich auch nicht wirklich ärgern", fährt Biedermann fort, der sich einen Tage nach seinem 30. Geburtstag eigentlich ein verspätetes Geschenk machen wollte. Denn dies war seine letzte Chance auf eine Olympiamedaille in einem Einzelrennen. Biedermann, der 2009 wie kein anderer von den so genannten "Wunderanzügen" profitierte, plötzlich Fabelzeiten schwamm und sogar den großen Michael Phelps bezwang, blickt eigentlich auf eine außergewöhnliche Laufbahn zurück: Er sammelte vier Weltmeistertitel, stellte fünf Weltrekorde auf, wurde elf Mal Europa- und 33-Mal Deutscher Meister. Und doch gilt seine Karriere als unvollständig. Denn olympisches Edelmetall wiegt im Schwimmen eben schwerer als alles andere.

Die Chance auf einen anderen Abgang

Biedermann, der als Kind durch die Seepferdchen-Prüfung rasselte, bleibt noch eine allerletzte Chance: Mit der 200-Meter Freistil-Staffel zieht er am Dienstag in seine letzte Schlacht. "Ich denke jetzt nur noch daran", sagt Biedermann und verschwindet ziemlich eilig durch die Hintertür. Morgen sollte er einen anderen Abgang wählen.