Vorfreude auf den Euro
12. September 2008In Videoclips rühren Regierung und Nationalbank kräftig die Werbetrommel für die europäische Gemeinschaftswährung, die im kommenden Jahr 2009 eingeführt wird. Viel Reklame ist aber eigentlich gar nicht nötig, wie die Umfragen der Meinungsforscher belegen: Eine große Mehrheit der Slowaken freut sich auf den Euro.
Slowakei liegt endlich einmal vorne
Die Slowakei ist gleich nach Slowenien das zweite unter den östlichen EU-Ländern, das die neue Währung einführt. Das sei natürlich auch eine psychologische Frage, sagt Igor Barat, der Regierungsbeauftrage für den Euro: "Es ist angenehm für uns Slowaken zu wissen, dass wir endlich einmal vorne liegen. Gerade in den 90er-Jahren mussten wir immer zu Tschechien und Ungarn aufschauen, wo die Entwicklungen viel schneller liefen. Endlich sind jetzt wir in unserer Region einmal vorne!"
Der Euro dient so als nationale Selbstvergewisserung für die Slowakei, die mit ihren fünf Millionen Einwohnern immer leicht in den Schatten der großen Nachbarländer gerät. Dass gerade hier die Euro-Einführung so früh über die Bühne geht, ist allerdings kein Zufall. In den vergangenen Jahren hat das Land mit weitreichenden Wirtschafts-, Steuer- und Sozialreformen innerhalb kürzester Zeit zum Westen aufgeschlossen.
Durchschnittslohn noch unter EU-Schnitt
Die Wachstumsraten lagen in der Slowakei zuletzt im zweistelligen Bereich und übertrafen sogar die Chinas. Trotzdem liegt das Land in den Einkommensverhältnissen immer noch unter dem EU-Mittel mit einem Durchschnittslohn von etwa 700 Euro. Man wird der ärmste unter den Euro-Staaten sein – diese Vorstellung behagt vielen Slowaken dann allerdings doch nicht so richtig.
Der Euro-Beauftragte Igor Barat sieht das pragmatischer: "Es ist eine Frage des Blickwinkels, denn auch jetzt ist der Durchschnittslohn ja auf diesem Niveau, nur dass er eben in Kronen ausgezahlt wird. Niemand wird durch die Euro-Einführung reicher, aber ärmer eben auch nicht. Der Vorteil ist ein anderer: Der Euro wird unserer Wirtschaft Impulse geben, so dass wir schneller wachsen und schneller den Wohlstand des Westens aufholen."
Regierung will Gesetz gegen Teuerung
Igor Barat ist in der Slowakei der Herr des Euro. Sein Büro, wo alle Fäden zusammenlaufen, hat er im Finanzministerium von Bratislava. Er koordiniert auch eine groß angelegte Werbekampagne. In Millionenauflage lässt Barat Informationsbroschüren drucken, jedem Haushalt im ganzen Land schickt er einen Währungsrechner zu, mit dem sich die slowakischen Kronen im Handumdrehen in Euro umrechnen lassen.
Um Stärke im Kampf gegen die Inflation zu demonstrieren, will die Regierung per Gesetz gegen die Teuerung vorgehen. "Wir sind entschlossen, alle Maßnahmen zu ergreifen, die uns das Prinzip der freien Marktwirtschaft erlaubt, um die Inflation auch weiter so gut unter Kontrolle zu halten wie bereits heute", so Barat.
Slowaken freuen sich auf "stärkste Währung der Welt"
Wie solche Maßnahmen aussehen, hat die neue Regierung bereits durchblicken lassen. Der linkspopulistische Premierminister Robert Fico musste gleich einiges an Spott für seine Ideen einstecken: Wenn die Energiekonzerne ihre Preise zu sehr erhöhen, droht der Regierungschef, werde man sie eben wieder verstaatlichen. Kleine Unternehmer wie Bäcker und Metzger will die Regierung sogar ins Gefängnis stecken, wenn sie den Euro zu Preiserhöhungen missbrauchen.
Der Vorfreude der Slowaken sollen solche legislativen Eskapaden allerdings keinen Abbruch tun. Vom "D-Day" ist in den Fernseh-Spots zum Euro die Rede. "Die stärkste Währung der Welt", so heißt es weiter, "ist schon bald auch in unseren Geldbeuteln".