Der Euro-Designer
2. Januar 2002Er hält sie schon in Händen - die ersten Ausgaben seiner Euros. Aus einem kleinen Briefumschlag zieht Robert Kalina die Scheine hervor und betrachtet sein Werk.
Hat der Schöpfer der Euro-Scheine einen Liebling? "Das ist schwer zu beantworten", sagt Kalina. "Ich finde, dass die Serien gut zusammengehören, vom Fünfer bis zum Fünfhunderter. Von der Farbe her mag ich den Zwanziger, der in Blautönen gehalten ist."
In Zukunft wird ganz Europa mit seinen Scheinen bezahlen. Das ist für den 46jährigen österreichischen Banknoten-Designer noch immer ein Grund, stolz zu sein, auch wenn seine Arbeit an den Euros schon längst abgeschlossen ist.
"Der erste Entwurf, den man einreicht, ist eigentlich noch das Produkt, das man selbst hergibt, und alles was nachher kommt, kriegt irgendwie eine Eigendynamik", findet Kalina.
Angefangen hatte alles 1996, als Kalina im Auftrag Österreichs zwei Entwürfe für den Euro-Design-Wettbewerb abgab. Vorgegeben war damals lediglich das Thema "Zeitalter und Stile Europas". Lange hat er gegrübelt, erzählt er, bis ihm kurz vor Abgabeschluss dann die Eingebung kam:
"Da ist mir die Idee gekommen, dass eine Brücke auch ein Symbol sein könnte für die Verbindung zwischen zwei Punkten und ein Sinnbild für die Kommunikation. Und auf der zweiten Seite gibt es offene Tore und Fenster, die irgendwie den Blick in die Zukunft freigeben sollen."
Die Jury hat Kalina mit dieser symbolträchtigen Graphik überzeugt. er erhielt den Zuschlag. In seinem durch zahllose Sicherheitsschleusen abgeriegelten Büro in der österreichischen Nationalbank schuf Kalina dann die sieben endgültigen Euros - in monatelanger Kleinarbeit.
Kein Job für jeden Graphiker, denn dafür ist extreme Kleinarbeit und Geduld nötig. Aber Kalina hat in seiner gesamten Berufslaufbahn nie etwas anderes gemacht. Er wurde schon im Abschlussjahr an der Universität von der Nationalbank engagiert.
Seit 1982 hat er dann alle neuen Schilling-Scheine entworfen, erzählt Kalina: "Die ersten Entwürfe habe ich wirklich nur mit der Hand gemalt, also mit Pinsel und Farbe in der Originalgröße. Ich habe oft bis zu einem halben Jahr an einer Banknote gesessen. Da braucht man schon eine spezielle Ruhe und Ausgeglichenheit, dass man das überhaupt durchhält."
Mit der gleichen stoischen Ruhe nimmt Kalina auch die Kritik an seinen Euro-Entwürfen hin. Dass seine Brücken oder Torbögen konkreten Gebäuden glichen, hört er immer wieder.
"Ich erwarte noch mehr Kritik ab ersten Januar, wenn das Geld wirklich verteilt ist und wenn dann 300 Millionen Kritiker die Banknoten anschauen werden. Es gibt Kritiker, die einem sagen, die Banknoten sind gesichtslos, weil sie keine bestimmten Gebäude zeigen. Dann gibt es Kritiker, die sagen wieder, das schaut einem ähnlich. Also es ist, glaube ich, nicht möglich, es wirklich allen recht zu machen."
Selbst bei einem Entwurf der Europakarte auf der Rückseite seiner Scheine bekam Kalina das zu spüren. Immer wieder musste er die Vorlagen korrigieren.
"Es wurden dann Inseln gesucht und spezielle Buchten von Ländern, jedes Land wollte das so exakt wie möglich abgebildet haben. Es war etwas mühsam, bis dann wirklich alle zufrieden waren."
Jetzt aber wird an den Euros nichts mehr verändert. Längst sind sie mit allen Sicherheitsmerkmalen versehen, gedruckt und ausgeliefert. Ob sie auch wirklich fälschungssicher sind, kann Kalina nicht beurteilen. Er sagt nur: "Alles, was Menschen gemacht haben, kann man irgendwie nachmachen."
Er jedenfalls könne das nicht, behauptet Robert Kalina lächelnd und steckt seine Euros wieder in die Schublade. Zu Hause will er auch ein paar Schillinge für die Zeit danach aufbewahren, denn selbst den Vater des Euro überkommt ein wenig Nostalgie beim Abschied von seiner ersten Währung:
"Ganz leicht schwingt das schon mit. Aber es ist nicht so extrem, denn irgendwie ist das der Lauf der Zeit. Und jetzt ist es eben so."